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Frankenberg: Studiengebühren für die Verbesserung der Lehre

Baden-Württembergs Wissenschaftsminister Peter Frankenberg hat das Studiengebührenmodell seines Bundeslandes vorgestellt. Demnach müssen Studierende ab dem Sommersemester 2007 halbjährlich 500 Euro bezahlen. Die Sozialverträglichkeit sehe er nicht gefährdet, da Kredite unabhängig von der eigenen Kreditwürdigkeit des Studierenden vergeben würden. Gleichzeitig komme das Geld den Hochschulen zugute, die es für die Verbesserung der Lehre einsetzen müssten.

26.07.2005
    Maleike: Gestern erst haben wir darüber berichtet, wie sich in Nordrhein-Westfalen der Terminkalender für die Einführung der allgemeinen Studiengebühren gestaltet, Innovationsminister Pinkwart sprach ja davon, Studienanfänger möglicherweise schon zum nächsten Sommersemester zur Kasse zur bitten. Auch in Baden-Württemberg liegen jetzt konkrete Gebührenpläne auf dem Tisch, am Telefon im Auto ist Wissenschaftsminister Professor Peter Frankenberg. Schönen guten Tag.

    Frankenberg: Guten Tag, Frau Maleike.

    Maleike: Schaffen Sie doch für uns ein bisschen Klarheit: Wann werden Sie in Ihrem Bundesland für wen welche Gebühren einführen?

    Frankenberg: Wir haben heute im Kabinett die Eckwerte der Studiengebühren verabschiedet, also das Studiengebührenmodell. Es werden jetzt Gesetzentwurf und das Kreditmodell erarbeitet, wir werden am 6. September im Kabinett den Anhörungsentwurf fertig stellen, das heißt, dann geht der Gesetzentwurf in die Anhörung der Betroffenen und wir werden in der letzten Sitzung des Landtages vor Weihnachten den Gesetzentwurf verabschieden.

    Maleike: Und der sieht wie aus?

    Frankenberg: So dass es eine Gebühr von 500 Euro geben wird, die direkt gezahlt werden kann oder es kann einen Kredit über diese Gebühr pro Semester über die L-Bank genommen werden, unabhängig von der eigenen Kreditwürdigkeit des Studierenden. Dieser Kredit kann dann ab einem Ablauf von zwei Jahren nach Verlassen der Hochschule einkommensabhängig zurückgezahlt werden, das heißt, ab einer bestimmten Einkommenshöhe beginnt die Rückzahlverpflichtung mit Beträgen von 50, 100 oder 150 Euro pro Monat.

    Maleike: Diese 500 Euro müssen dann alle Studierenden in Baden-Württemberg zahlen oder wollen Sie nur die Erstsemester zahlen lassen?

    Frankenberg: Nein, wir werden nachdem das Gesetz zum 1. Januar 2006 in Kraft getreten ist dann eine Karenzzeit von einem Jahr haben, also das Sommersemester 2007 wird das erste sein, bei dem zu zahlen ist und dieser Vertrauensschutz wird dann genügen, damit alle Studierenden an den Hochschulen die Gebühr bezahlen müssen.

    Maleike: Bekommen die Hochschulen von Ihnen auch irgendwelchen Entscheidungsspielraum eingeräumt?

    Frankenberg: Die Hochschulen haben den Entscheidungsspielraum der Verwendung der Mittel, wir werden nur die Verpflichtung in das Gesetz aufnehmen, dass sie zur Verbesserung der Lehre einzusetzen sind.

    Maleike: Das heißt, das Geld kommt direkt zurück an die Hochschulen?

    Frankenberg: Die Hochschulen nehmen das Geld ein, sie haben nur selber über einen Fonds die Ausfälle durch Rückstellungen abzudecken und die Hochschulen nehmen die Gebühren ein.

    Maleike: In Nordrhein-Westfalen hat der Innovationsminister Pinkwart eine Art Geld-zurück-Garantie angedacht, sprich, wenn der Kunde Student mit der Leistung nicht zufrieden ist, für die er gezahlt hat, dann sollte er Geld zurückbekommen. Denken Sie an so etwas ähnliches auch in Baden-Württemberg?

    Frankenberg: Ich wusste das von ihm, wir haben das auch ausgetauscht. Ich finde es einen interessanten Ansatz, wir werden das nicht machen, weil das natürlich auch nicht so ganz leicht justiziabel sein wird.

    Maleike: Wie sieht es aus mit der Sozialverträglichkeit? Um noch mal mit Nordrhein-Westfalen zu kommen: Dort wird angedacht, die Bafög-Nehmer aus den Studiengebühren rauszunehmen, wollen Sie das auch machen?

    Frankenberg: Da bei uns ja auch nachlaufend gezahlt werden kann, indem jeder Studierende einen Studienkredit erhält, das ist eigentlich die hauptsächliche soziale Komponente, das heißt, ob jemand studieren kann oder nicht, zahlen kann oder nicht, hängt nicht vom Elterneinkommen ab, sondern vom späteren eigenen Einkommen. Dort wird dann der Schnitt gemacht, dass wenn jemand nicht genügend verdient, er dann auch den Kredit nicht zurückzahlt, dann also praktisch keine Studiengebühren gezahlt haben wird und wir haben dann weitere Ausnahmetatbestände, zum Beispiel bei Studierenden, die eigene Kinder erziehen, die nicht zahlen müssen oder auf Antrag, dass auch chronisch Kranke oder Behinderte von der Studiengebühr befreit werden können.

    Maleike: Was viele ja auch befürchten ist, dass nach der Einführung der Studiengebühren auch gleichzeitig andere Geldquellen zugedreht werden. Wollen Sie Landesmittel dann entsprechend kürzen oder bleibt es bei den Mitteln?

    Frankenberg: Wir haben schon vor längerer Zeit in einem Kabinettsbeschluss festgelegt, dass wir Studiengebühren einführen wollen und dass aber im Zusammenhang mit dieser Einführung das Budget der Hochschulen nicht abgesenkt werden darf.

    Maleike: Glauben Sie, dass wir es auf Dauer schaffen werden, in Deutschland eine bundesweit einheitliche Gebührenregelung zu erreichen, denn sonst müssten wir ja möglicherweise mit Wanderungsströmen rechnen?

    Frankenberg: Es gibt in der Welt ja viele Länder, die nicht einheitliche Gebühren habe. Das ist in Großbritannien nicht der Fall, es gibt ganz unterschiedliche Gebühren zwischen Schottland, England und Wales. Es gibt dort Wanderungsbewegungen in geringem Ausmaß und die sind nicht ungewollt, die Hauptwanderungsbewegungen werden aber sein nach der Qualität des Angebotes und die Lebensunterhaltskosten sind von Universitätsstadt zu Universitätsstadt viel größer, als es die Studiengebühr ausmacht. Aber die Studiengebühr alleine wird zunächst einmal zu psychologischen Wanderungsbewegungen kleineren Ausmaßes führen, aber auf die Dauer sicherlich nicht, weil die Lebenshaltungskosten und die Unterschiede zwischen Ost und West eine viel größere Rolle spielen. Das hat bisher aber nicht dazu geführt, dass Weststudenten nach Osten gingen, weil dort die Lebenshaltungskosten um ein Drittel niedriger sind als etwa bei uns in den Ballungszentren Stuttgart oder München.