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Frankfurter Musikmesse
Wie relevant ist die Messe heute noch?

Die Musikmesse in Frankfurt gilt als eine der größten Handels- und Austauschbörsen für den Musikinstrumentenmarkt. Doch inzwischen kommen die Händler zunehmend aus China und immer mehr deutsche Instrumentenhändler bleiben fern.

Von Ursula Böhmer | 16.04.2018
    Balsinstrumente bei der Musikmesse 2018
    Im Bläser-Bereich kam in diesem Jahr fast die Hälfte der Aussteller auf der Frankfurter Musikmesse aus China. (Messe Frankfurt Exhibition GmbH/Petra Welzel)
    Sanfte Gitarrenklänge auf der Frankfurter Musikmesse. Und diese Klänge am Stand des Tübinger Instrumentenbauers Gunther Reinhardt - sind ganz deutsch. Denn Reinhardt verwendet bei seinen Gitarren inzwischen ausschließlich heimische Hölzer: Erle, Kirsche und Eiche etwa. Die lässt er über ein bestimmtes Erhitzungsverfahren strukturell so verändern, dass sie fast wie Tropenhölzer klingen. Denn die Kunden erwarten den vertrauten Klang von Palisanderholz, das in den Gitarrenhälsen eingesetzt wird. Doch Reinhardt will ein Zeichen setzen gegen den Raubbau an solchen tropischen Hölzern.
    "Weil zum Beispiel wertvolle Stämme wachsen halt manchmal vereinzelt und dann werden da Straßen hingebaut und viele tausend Bäume einfach nur umgesägt, damit man den einen Baum kriegt – und das ist der eigentliche Schaden, der dabei entsteht! Und ein anderer Punkt ist halt, dass man das immer unendlich weit transportieren muss und einheimische Hölzer haben wir halt um die Ecke."
    Riesen-Saxofon und Mini-Klangbrücke
    Zu den Skurrilitäten der Musikmesse zählt diesmal das Riesen-Saxofon, das der Niederländer Hans Kuijt mitgebracht hat. Mit zweieinhalb Metern Größe ein Hingucker und Hinhörer. Handlicher ist allerdings das unscheinbar kleine Metall-Ding, das Kuijt für alle "normalen" Blasinstrumentalisten erfunden hat. "lefreque" heißt es – eine Art Klangbrücke, die zum Beispiel zwischen Mundstück und Korpus befestigt wird.
    "Und da kann die Schwingung einfacher vom Mundstück in das zweite Teil transportiert werden und dann ist das alles einfacher spielen und bessere Intonation und alles wird besser werden damit! Der erste Ton ist jetzt sauber. Wenn ich das hier wegnehme, dann ist das ungefähr einen halben Ton höher! Und mit der Klangbrücke kann das besser intoniert werden!"
    Hat die Musikmesse ausgedient?
    Nach wie vor funktionstüchtig ist auch die gute alte Blockflöte. Das Traditionsunternehmen Mollenhauer hat diesmal ein neunteiliges Blockflöten-Consort dabei, das sich an historischen Vorbildern des Nürnberger Blockflötenbauers Hieronymus Franciscus Kynseker orientiert:
    "Hier hätten wir einen sogenannten Großbass. Und das ganz höchste Instrument, das es gibt, nannte sich Garklein-Vöglein."
    Das eine tatsächlich so klein wie ein Vöglein, das andere so groß wie ein Kleinkind, geben die Blockflöten ein ulkiges Duo ab. Mollenhauer ist eines der wenigen Traditionsunternehmen, die noch zur Frankfurter Musikmesse reisen. Immer mehr deutsche Instrumentenhändler bleiben der Messe fern: Die Standmieten seien zu teuer, die Musikmesse verkomme zunehmend zur Festival-Eventmesse, außerdem machten die Messen in China, Russland und den USA den Frankfurtern Konkurrenz, heißt es. Hat die Musikmesse ausgedient? Nick Tarasow vom Mollenhauer-Stand schüttelt den Kopf:
    "Wir reisen natürlich auch schon nach Shanghai oder in die USA, wo die anderen Messen sind. Aber es ist recht angenehm, nach wie vor, hier besucht zu werden. Und auch das ganze Programm dann ausstellen zu können, mit großer Belegschaft hier auch präsent zu sein, mit Fachleuten, die zum Beispiel auch an der Werkbank zu zeigen, wie wir arbeiten. Das ist schon nicht vergleichbar zu anderen Standorten."
    Bei den Bläsern kommt fast die Hälfte der Aussteller aus China
    Gerade im Bläser-Bereich kam in diesem Jahr fast die Hälfte der Aussteller auf der Frankfurter Musikmesse aus China. Für die Händler aus Fernost laufen die Geschäfte gut – im Gegensatz zu den europäischen Händlern:
    "Hier in Europa ist der Preis-Kampf total heftig am Laufen. Die Margen nehmen immer mehr ab - die, die wirklich hängen bleiben beim Aussteller, aber auch beim Händler, Fachbesucher. Das heißt, dieser Preiskampf ist etwas, was wir betrachten müssen", erläutert Michael Biewer. Er ist der neue Leiter der Frankfurter Musikmesse.
    "Auf der anderen Seite ist es aber auch so, dass das Instrument an sich konkurriert zu Sachen wie Apps, Gaming etc. und wir natürlich auch mit den Verbänden zusammen stark dran sind, das Thema zu verändern – dass an den Schulen wieder mehr Musik gemacht wird, dass dort die Leute ans Musikinstrument herangeführt werden. Denn es wird immer noch viel Musik gemacht – nur nicht mehr so mit den traditionellen Instrumenten, wie wir es kennen. Und das spiegelt sich dann schon auch in so einer Veranstaltung wieder."
    Um den Kunden von morgen zu gewinnen, will die Musikmesse bewusst vermehrt auf Konzert-Events setzen – und auf das Thema "Education": Darunter das musikalische Früherziehungsangebot "Discover Music", bei dem Kindergarten- und Schulkinder Instrumente ausprobieren können. Ob das langfristig nützen wird, muss sich zeigen.