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Frankreich baut Umweltdatenbank für geplantes Endlager auf

Geologie. - Anders als Deutschland hat sich Frankreich für den Standort eines Atommüllendlagers entschieden: Die hochradioaktiven Abfälle sollen ab 2025 im Nordosten des Landes in unterirdischen Tonsteinschichten gelagert werden. Mit Hilfe einer Umweltprobenbank wollen französische Forscher die Auswirkungen des Baus und vor allem des Betriebs auf die Biosphäre untersuchen. Ihr Projekt stellten sie kürzlich auf der Konferenz der Gesellschaft für Umwelttoxikologie und Chemie in Göteborg erstmals vor.

Von Christine Westerhaus |
    Ab dem Jahr 2017 soll in Frankreich ein Endlager für hochradioaktiven Abfall gebaut werden. Wo genau der Atommüll eingelagert wird, ist noch nicht entscheiden. Fest steht jedoch, dass es in der Nähe der Kleinstadt Bure im Nordosten des Landes gebaut wird. Dort, rund 200 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt, steht bereits ein Versuchsendlager. In diesem unterirdischen Felslabor erforschen Wissenschaftler, ob Atommüll im Tonstein sicher gelagert werden kann. Seit dem letzten Jahr sammeln Forscher im Umkreis dieses Versuchsendlagers Proben von Pflanzen und Tieren und lagern sie im Tiefkühlschrank bei minus 80 Grad.

    "Wir wollen damit den jetzigen Zustand der Umwelt dokumentieren. Damit bewahren wir sozusagen das Gedächtnis der Umgebung. Anschließend sammeln wir Proben in der Bauphase des Endlagers und mindestens noch 100 bis 200 Jahre, nachdem der Atommüll eingelagert worden ist."

    Elisabeth Leclerc ist Leiterin des Umweltprobenbank-Projekts der Andra, der Organisation, die in Frankreich für die Entsorgung und Endlagerung der dort anfallenden radioaktiven Abfälle verantwortlich ist. In genau festgelegten Abständen sammeln die Forscher nun Umweltproben, die sie konservieren und in einer Datenbank archivieren. Durch einen Vergleich mit den regelmäßig gesammelten Proben aus den Vorjahren hoffen die Mitarbeiter später nachvollziehen zu können, wie sich die Natur in der Umgebung des Endlagers verändert hat Beispielsweise, ob Pflanzen oder Tierarten aus der Region verschwinden oder sich neue Arten ansiedeln.

    "Wir müssen unterscheiden können zwischen Veränderungen, die auf das Endlager zurückzuführen sind und solchen, die andere Ursachen haben könnten. Die vielleicht durch den Klimawandel entstehen, durch Rückstände aus der Industrie menschliche Aktivitäten oder durch den Betrieb von Kernkraftwerken. Es wird also nicht ganz einfach sein, diese ganzen Einflüsse auseinander zu halten."

    Um die Umwelteinflüsse durch das geplante Endlager von anderen Faktoren zu unterscheiden, wollen die Forscher ihre Proben aus dem Nordosten des Landes auch mit anderen Standorten und Datenbanken im Land vergleichen.

    Wichtigstes Ziel der Umweltprobenbank ist jedoch zu überprüfen, ob sich vermehrt Schadstoffe im Umkreis des Endlagers ansammeln. Denn sollten radioaktive Partikel aus den eingelagerten Atommüllbehältern austreten, würden sie über das Grundwasser auch in die Nahrungskette und damit in die gesammelten Tier- und Pflanzengewebe gelangen. Dass sich Umweltprobenbanken für die Dokumentation von radioaktiven Störfällen eignen, haben schwedische Wissenschaftler schon vor einiger Zeit bewiesen. Seit Mitte der 60er Jahre werden im Naturhistorischen Reichsmuseum in Stockholm systematisch pflanzliche und tierische Gewebe bei minus 180 Grad archiviert. Professor Anders Bignert ist Leiter der dortigen Abteilung für Umweltgiftforschung:

    "Nach der Tschernobyl-Katastrophe gab es eine Diskussion darüber, ob die erhöhten Strahlungsmesswerte nicht auf die Atombombentests in der 50er Jahren zurückzuführen seien. Der Vergleich mit unserer Datenbank hat dann gezeigt, dass es direkt nach dem Tschernobyl-Unfall einen dramatischen Anstieg gab. Wir haben also unser Umweltprobenarchiv schon für solche Radioaktivitätsmessungen eingesetzt und gezeigt, dass es funktioniert."

    Die Mitarbeiter der Andra haben die ersten Proben aus dem Umfeld des geplanten Endlagers bereits bei minus 80 Grad auf Eis gelegt. Spätestens 2012 soll dann der Neubau fertig sein, der extra für diesen Zweck angelegt wird. Dort können die Forscher ihre Proben in riesigen Eisschränken bei minus 150 Grad archivieren.