Archiv


Frankreich sucht Organspender

Es gibt rund 10.000 Nierenkranke in Deutschland, die ohne Blutwäsche - ohne Dialyse also - nicht überleben könnten. Die Alternative zur Dialyse wäre eine neue Niere für die Patienten. Aber Organspender sind rar. So werden in Deutschland jährlich nur rund 2.400 Nieren transplantiert. Die durchschnittliche Wartezeit für eine neue Niere beträgt sechs Jahre. Ähnlich ist die Situation auch in anderen europäischen Staaten. In Paris wurde deshalb ein europäisches Programm gestartet: Alliance-O heißt es, O wie Organspende.

Von Suzanne Krause |
    Zwei von drei Deutschen können sich vorstellen, im Todesfall ein Organ zu spenden, sagen Umfragen. Doch tatsächlich beläuft sich die Zahl der Spender lediglich auf 14 pro Million Bürger. Zum Vergleich: In Spanien sind es 33 pro Million. Da bildet die Bundesrepublik das Schlusslicht im europäischen Transplantationsvergleich. So setzt Werner Lauchart von der Deutschen Stiftung Organtransplantation große Hoffnungen in das Programm Alliance-O, bei dem er zwei Arbeitsgruppen leitet.

    Als leuchtendes Beispiel beim Thema Spenderzahl gilt Spanien. Fast ein Wunder, denn lange Zeit gab es dort für Nierenkranke keine Alternative zur regelmäßigen Dialyse. Bis die intensive Lobbyarbeit der sehr gut organisierten Patientenvereine den Gesundheitsminister zum Umdenken bewegte: 1989 wurde das Programm Organspende gestartet. Nun leitet Blanca Miranda bei Alliance-O die Arbeitsgruppe Spenderpool und stellt klar: der Erfolg ihrer Heimat Spanien baut auf Jahren harter Arbeit auf:

    Wir haben nicht nur viel getan, um die Bevölkerung über Organspenden aufzuklären und dafür zu werben. Wir haben vor allem auch viel im technischen Bereich getan. Indem wir im Netz der öffentlichen Krankenhäuser im Land 140, 150 Krankenhäuser mit Intensivstation zu Referenzeinrichtungen gemacht haben. Die verfügen über alle Mittel, um jederzeit Spenderorgane entnehmen und verpflanzen zu können. Dazu haben wir in jedem Krankenhaus Personal speziell für das Programm Organspende ausgesucht und geschult.

    Personal, das Koordinatorenfunktion ausübt und über ein eigens Budget für Organspenden verfügt. Diese Mitarbeiter kümmern sich darum, den Hirntod eines Patienten festzustellen, die Organentnahme durchzuführen, eventuell mit den Angehörigen zu klären, ob der Tote mit einer Organentnahme wohl einverstanden gewesen wäre.

    Der Bereich Organspende ist zu einer ganz normalen Tätigkeit im Krankenhaus geworden, wie beispielsweise die Herzchirurgie oder die Mikrobiologie.

    Dem ähnelt die Initiative "Gemeinschaftsaktion Organspende”, die Birgit Fischer, Gesundheitsministerin in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2002 startete. Mit dem Ziel, an allen Krankenhäusern mit Intensivstation so genannte Kommunikationsteams als Beauftragte für Organspenden einzuführen. Bislang mit sehr mäßigem Erfolg: gerade mal 36 Prozent der Krankenhäuser melden Vollzug. Es mangelt an der Beteiligung der Ärzte. In Spanien funktioniere das Programm, weil alles rund um die Organspende, von der Suche des Ersatzorgans bis zu dessen Verpflanzung, unter demselben Dach vereint ist, meint Blanka Miranda. Damit werde auch Transparenz geschaffen, Vertrauen bei der Bevölkerung. Und Erfolge oder Misserfolge in den am Netzwerk beteiligten Krankenhäusern würden regelmäßig ausgetauscht und analysiert, was Kurskorrekturen ermöglicht. Beim europäischen Programm Alliance-O nun geht es nicht nur um darum, konkrete Anregungen aus den spanischen Erfahrungen im Bereich Spenderpool weiterzugeben, erläutert Projekt-Koordinator Bernard Loty:

    Wir müssen auch besser abschätzen können, welche Resultate eine Organverpflanzung bei einem Patient erzielt, um die Spenderorgane besser einsetzen zu können. Wenn wir deren Überlebenszeit verdoppeln, brauchen wir nur halb so viele Spenderorgane. Wir untersuchen die ganze Kette bei der Organspende. Zwar werden wir diese nicht unmittelbar verbessern können, aber während der drei Jahre Projektarbeit können wir die bestehenden Systeme untersuchen, analysieren und damit Werkzeuge anbieten, die es den Teilnehmerländern ermöglichen, die Lage der Patienten, die auf ein Spenderorgan warten, zu verbessern.