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Frankreichs oberster Dopingjäger

"Die Durchführung der Tests entsprach nicht den Regeln", sagt Pierre Bordry und erhebt somit schwere Vorwürfe gegen den Weltradverband UCI. Bodry gilt als rücksichtsloser Kämpfer gegen den Betrug im Sport - und macht sich somit nicht nur Freunde.

Von Burkhard Birke |
    "Man könnte glauben als würden sehr viele Kranke, Behinderte die Tour de France fahren, umso besser für sie! Aber es gibt einige überraschende Pharmapräparate ... ."

    Die hatte Pierre Bordry auf einer Liste der Weltdopingagentur übermittelt - und zwar schon im Juli. Offenbar ohne Rückmeldung, ohne Ergebnis bisher.

    Der Präsident von Frankreichs Anti Doping Agentur AFLD feuert aus dicken Kanonen, allerdings nicht immer mit scharfer Munition. Nachträgliche Dopingtests bei 17 Fahrern der Tour de France 2008 brachten keine neuen Sündenfälle ans Licht. Die damals sieben des Doping überführten Fahrer reichten aber, die Tour 2008 als Skandaltour in die Analen eingehen zu lassen. Statt sich über dieses negative Ergebnis der Nachuntersuchung zu freuen, kochen jedoch die Emotionen hoch.

    Neue Präparate würden den angewandten Testverfahren buchstäblich davon laufen und bei der letzten Tour de France hätte es erhebliche Mängel bei den vom Weltradverband UCI durchgeführten Dopingtests gegeben. Pierre Bordry:

    "Die Durchführung der Tests entsprach nicht den Regeln. Das Problem ist, dass die internationalen Verbände sich in den Kampf gegen Doping einschalten. Wenn man den internationalen Code unterzeichnet hat, muss man ihn strikt einhalten und transparent sein - sonst kommen Zweifel auf, vielleicht unbegründet, aber sie sind ein Ergebnis mangelnder Transparenz."
    Zu große Nähe der Kontrolleure zu den Fahrern, Zeitverzögerungen bei den Tests, Proben, die mangels Kühlung unbrauchbar wurden, und Sonderbehandlungen für das Astana Team mit Lance Armstrong und Toursieger Alberto Contador lauten unter anderem die Vorwürfe, mit denen Pierre Bordry dieser Tage an die Öffentlichkeit gegangen war, allerdings ohne zuvor formell die Betroffenen informiert zu haben.

    "Er hätte uns den Bericht schicken sollen, bevor er an die Presse ging. Wir hätten darüber sprechen können" meint UCI Präsident Pat McQuaid, denn einige der Anschuldigungen sind falsch:

    "Gottlob gibt es immer weniger Negativschlagzeilen und ich müsste mich weniger darum kümmern, gebe es nicht Leute wie Herrn Bordry, die das Interesse der Öffentlichkeit auf sich ziehen wollen."

    Geltungssüchtig wirkt der Karrieretechnokrat Pierre Bordry freilich nicht. Die Bekämpfung des Doping ist dem Absolventen der Eliteuni Ecole de Commerce, der kurzzeitig 1974 sogar einmal Präsidentensprecher war, ein Herzensanliegen. Seit drei Jahren steht er als erster an der Spitze der AFLD, der französischen Anti-Doping-Agentur. Die hat als unabhängiges Gremium den Kampf gegen unerlaubte Präparate im Sport in Frankreich zu führen - außer bei internationalen Veranstaltungen - es sei denn sie wird gerufen. Bei den French Open in Roland Garros ist die AFLD abgemeldet und bei der Tour wird sie es künftig wohl auch sein. Der Sprecher des Weltradsportverbandes UCI, Enrico Carpani:

    "Um das Medieninteresse auf sich zu ziehen hat die AFLD vielleicht Interesse, die Bemühungen der letzten Jahre des Weltradverbandes und unserer Partner im Antidopingkampf zu sabotieren. Wir werden uns jetzt um einen anderen Partner bemühen, mit dem wir auf französischem Boden Dopingkontrollen durchführen können."

    Ist damit die Scheidung vollzogen? Will man nur eine nach außen saubere Tour, nach dem Motto gedopt wurde und wird immer, man darf sich nur nicht erwischen lassen?

    "Es gab Steigungen wie die von Verbier, wo ein Weltrekord aufgestellt wurde. Die Leistung von Contador ist höher als die von extrem gedopten Fahrern. Daraus kann man den Schluss ziehen, das ist übernatürlich!?"

    Antoine Vayer, der ehemalige Trainer von Festina will aber nicht an Wunder glauben - ebenso wenig wie Pierre Bordry, der weiter das Credo der Transparenz und wirklich effektiver Dopingkontrolle predigt!