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Frankreichs Präsident Macron
Machtkampf mit der Presse

Emmanuel Macron zeigt französischen Journalisten gerne die kalte Schulter - besonders den Pressevertretern in seinem direkten Umfeld. Die Elysée-Berichterstatter der "Presse Présidentielle" lassen sich davon nicht einschüchtern.

Von Barbara Kostolnik | 29.11.2018
    Das Foto zeigt Frankreichs Staatspräsidenten Emmanuel Macron vor Reportern zum Auftakt des EU-Gipfels.
    Zum Jahresende verbannt der französische Präsident Emmanuel Macron die Hauptstadtjournalisten aus ihrem Büro im Elysée-Palast. (dpa-Bildfunk / AP / Geert Vanden Wijngaert)
    Das Maß ist voll. Elisabeth Pineau, Präsidentin der mächtigen "Presse Présidentielle", macht aus ihrem Ärger keinen Hehl: "Dieser Raum ist ein Symbol der Transparenz, das seit Jahrzehnten von keinem Präsidenten in Frage gestellt wurde. Wir haben wirklich das Gefühl, dass man sich im Elysée verbarrikadiert und verbunkert, wenn wir als Presse jetzt verjagt werden. Wir haben protestiert, aber am Ende des Jahres müssen wir wohl raus. Man tritt uns mit Füßen."
    Seit über 40 Jahren hatten die Journalistinnen und Journalisten, die täglich über den Präsidenten berichten, direkt neben dem Ehrenhof des Elysée-Palastes eine zwar lausige, aber eben nahe Kammer zur Verfügung – so konnten sie genau sehen, wer kam, wer ging, und waren mitten im Geschehen. Zu nah für den Geschmack des Präsidenten, der von Journalisten ohnehin eher wenig hält.
    "Das ist nie gut für die Demokratie"
    "Es gab auch ziemlich heftige Aussagen aus der Umgebung des Präsidenten über Journalisten. Genre: Der Präsident habe zu komplexe Gedanken, als dass sie von den Journalisten verstanden werden könnten, was unterstellt, dass Journalisten minderbemittelt seien. Das war schon etwas merkwürdig, und gerade jetzt im Kontext der Gelben-Westen-Proteste wäre es gefährlich, wenn der Präsident die Arbeit der Journalisten herabwürdigen und schlecht machen würde. Das ist Wasser auf die Mühlen gewisser Leute, die die Medien nicht respektieren, und das ist nie gut für die Demokratie."
    Pineau hat die französischen Präsidenten seit Jacques Chirac begleitet. Immer gab es beim Übergang nach Wahlen neue Sitten. Das sei nicht neu. Aber eines sei durchaus anders, seit Macron:
    "Als er ins Amt gekommen ist, hat er sofort eine Distanz aufgebaut. Er ist sehr autoritär aufgetreten, hat wenig gesprochen. Das hat sich ein bisschen geändert. Am Anfang erfolgte die Kommunikation fast ausschließlich über Facebook oder die sozialen Medien. Jetzt ist er ein paar Mal ins Fernsehen gegangen, aber er spricht nur sehr eingeschränkt mit der Presse und er hat noch nie eine große Pressekonferenz gegeben."
    "Er möchte die Kommunikation beherrschen"
    Als Berater seines Vorgängers hatte Emmanuel Macron aus nächster Nähe mitbekommen, wie toxisch ein zu vertrauensvolles Verhältnis zur Presse sein konnte. Francois Hollande stürzte nicht zuletzt über ein Buch zweier Journalisten mit dem sprechenden Titel "Ein Präsident sollte so etwas nicht sagen". Macron zog die Lehren und sagte lange nichts. Wenn er auftritt, dann ist das präzise durchgeplant.
    "Er ist ein Kind seiner Zeit, und diese Zeit wird geprägt von den sozialen Medien, von Bildern. Macron möchte diese Bilder kontrollieren. Er stellt seine Bilder zur Verfügung. Er möchte die Kommunikation beherrschen."
    Präsident greift Presse direkt an
    Wenn einmal die Kontrolle zu entgleiten droht, wird der Präsident auch schnell sehr ungehalten. Zuletzt passierte das im Juli in der Benalla-Affäre um den Schläger, der eine Art präsidialer Bodyguard war.
    "Wir haben eine Presse, die nicht mehr die Wahrheit sucht", schimpfte der Präsident vor Vertrauten der "République en marche", und weiter: "Ich sehe eine Presse, die sich für die Justiz hält."
    Bei den Enthüllungen über den ehemaligen konservativen Präsidentschaftskandidaten Francois Fillon, der seine Frau und seine Kinder auf Steuerzahler-Kosten zum Schein beschäftigt haben soll, hatte man von Macron nichts dergleichen gehört.
    Hauptstadt-Presse kritisiert Abschottung
    "Haben Sie ein Problem mit der Pressefreiheit?" Diese Frage von Jean-Jacques Bourdin, einem Pitbull unter den französischen politischen Journalisten, würde der Präsident natürlich mit einem entschiedenen "Nein" beantworten.
    Gestellt hatte Bourdin sie dem damaligen Sprecher des Präsidenten. Dessen Antwort: "Kein Problem, manchmal ein paar kleinere Sorgen, zum Beispiel wenn ich Ihnen gegenübersitze, aber kein Problem, nein."
    Die Hauptstadt-Presse und Elisabeth Pineau, sehen das anders. Ihrer Meinung nach hat sich Macron mit einem Mini-Beraterstab im Elysée-Palast buchstäblich eingemauert.
    "Nur sehr wenige Leute gehören dem engen Zirkel an. Es sind vier oder fünf um Macron herum. Und weil seine Partei so neu ist, ist sie auch nicht in der Bevölkerung verankert, ihm fehlt der Rückhalt. Er ist sehr allein, um ein Land wie Frankreich zu führen."
    Elisabeth Pineau, Chirac-, Sarkozy- und Hollande-gestählt, wird sich nicht abschrecken lassen, vom eisernen Vorhang aus dem Elysée: "Für uns Journalisten ist das eine neue Herausforderung, die wir annehmen - warum auch nicht. Das Berichten war sehr leicht unter Hollande. Jetzt ist es viel schwieriger. Aber wenn man nicht durch die Tür reinkommt, muss man eben durchs Fenster."