Lesen Sie hier den ersten Teil des Gesprächs mit Hermann Peter Eberlein.
Achenbach: Beide sind auch leidenschaftliche Verehrer des Philosophen Schopenhauer, der die Theologie und Universitätsphilosophie ablehnt und zu einer radikalen Wahrheitssuche auffordert. Man kann ja wohl sagen, dass diese radikale Wahrheitssuche sowohl für Overbeck wie auch für Nietzsche dann zum Programm wird.
Eberlein: Beide sind radikal, in des Wortes bester Bedeutung. Das hat ja heute auch einen zwiespältigen Sinn bekommen im Zusammenhang mit der Politik. Aber radikal bedeutet ja einfach nur, dass man nach den Wurzeln fragt und dass man die Wurzeln infrage stellt. Und das tun sie beide. Nietzsche in der zweiten Phase seines Schrifttums ab dem Buch "Menschliches, Allzumenschliches" sehr stark in Richtung der Moral. Overbeck geht es sehr stark darum, die Wurzeln des Christentums zu erforschen, mit dem Ergebnis, dass das - wenn man das zusammenfassen will - eigentlich so etwas, wie Christentum heute gar nicht mehr gibt oder gar nicht mehr geben kann.
Achenbach: Vielleicht kann man das an einem Beispiel deutlich machen. Während Nietzsche mit seinem Buch "Die Geburt der Tragödie" mit dem klassischen Bild der Idylle in der griechischen Antike aufräumen will, setzt sich Overbeck kritisch mit einem Lieblingskind der theologischen Forschung des 19. Jahrhunderts auseinander: Leben-Jesu-Forschung.
Eberlein: Ja. Franz Overbeck stellt diese Versuche von vornherein infrage, in dem er daraufhin weist, dass das Leben Jesu nicht nur nicht erforscht war, ist, aufgrund der dürftigen Quellenlage, die es in den Evangelien dazu gibt, sondern vor allen Dingen, dass es überhaupt nicht im Interesse und in der Vorstellung der ersten Christen war, ein solches zu schreiben. Dass ihnen also überhaupt nicht daran gelegen war, so etwas zu tun, wie ein Leben Jesu für die folgenden Geschlechter zu schreiben, weil sie schlicht und ergreifend nicht damit rechneten, dass es folgende Geschlechter geben würde. Das heißt, das ist auch im Grunde die große Entdeckung, die Franz Overbeck gemacht hat und die ihn als Theologen auch bis heute wichtig sein lässt. Nämlich die Tatsache, dass er den eschatologischen Charakter des ersten Christentums erkennt, schon früher als Albert Schweitzer, der das noch einmal um die Jahrhundertwende sehr viel prägnanter auch sagen wird.
"Die Erkenntnis gilt bis heute"
Achenbach: Also das Leben in der Erwartung des baldigen Weltendes. Eschatologie.
Eberlein: Ja, genau. Overbeck kommt zu dieser Erkenntnis aufgrund - und das ist der zweite Punkt, der ihn als Theologen und als Historiker auszeichnet – einer literargeschichtlichen Untersuchung über die Formen, die in der ersten christlichen Literatur verwendet werden. Er stellt fest, dass bestimmte Formen wie etwa ein Evangelium als literarische Gattung ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr verwendet werden. Indem der diesen Bruch immer stärker nachgeht, kommt er zu der Erkenntnis, dass es einen unheilbaren Bruch gibt zwischen der ersten Zeit des Christentums, in der man wirklich noch in der Erwartung der kommenden baldigen Wiederkunft Christi lebte.
Achenbach: Also der Urgemeinde, wie er es nennt.
Eberlein: Ja, der Urgemeinde, der Urgeschichte. Er spricht dann auch von einer Urgeschichte des Christentums, die dann irgendwann endet, im 2. Jahrhundert.
Achenbach: Worin sieht er den Auslöser für diesen Wendepunkt? Eben, dass der Weltuntergang nicht eingetroffen ist?
Eberlein: In einem historischen Irrtum. Diese Erwartung ist nicht erfüllt worden, hat sich als falsch herausgestellt.
Achenbach: Das heißt, die Christen mussten sich auch nicht in der Geschichte einrichten, vorher. Was sie jetzt beginnen.
Eberlein: Was sie jetzt müssen. Aus dieser Notwendigkeit, sich nun in der Geschichte einzurichten, man kann auch sagen, in der Notwendigkeit, nun eine Kirche zu werden, entsteht eine völlig andere Literatur. Das finde ich auch das Spannende, dass diese Erkenntnis bis heute gilt und dass wir bis heute vor der Frage stehen, wie wir damit umgehen, dass das Christentum, so wie es sich heute darstellt oder überhaupt im Laufe seiner Geschichte dargestellt hat, einfach das nicht ist, was das Ur-Christentum war. Oder noch etwas prägnanter ausgedrückt: dass die Kirche historisch betrachtet auf einem Irrtum beruht, auf einer Geschichte, die sie nicht haben wollte. Das ist eine Frage, die Overbeck auch heute noch stellt, mit der man umgehen muss. Und das fällt nicht leicht.
Achenbach: Das heißt, Overbeck sieht dieser Stelle eigentlich eine Verweltlichung des Christentums?
Eberlein: Ja, eine Verweltlichung, die gleichzeitig seinen Untergang darstellt. Das, was sich ab dem 2. Jahrhundert Christentum nennt, ist für ihn kein Christentum mehr. Und jedes sich berufen darauf etwa heute ein Christ zu sein, ist für ihn einfach ein Irrtum. Das Christentum ist für ihn eine Religion, die kurz aufgeblüht hat und dann wieder abgestorben ist.
Achenbach: Das heißt, er lehnt auch die Theologie ab.
Eberlein: Er lehnt jede Form von Theologie ab.
Achenbach: Das heißt, er kann auch mit der modernen Theologie seiner Zeit nichts anfangen, mit der liberalen Theologie.
Eberlein: Mit der liberalen Theologie, als deren Vertreter er ja mal nach Basel berufen worden war, kann er genauso wenig anfangen wie mit der konservativen, restaurativen oder wie man sie immer nennen will, weil das Christentum eben für ihn eine bereits seit langer Zeit abgestorbene Religion ist. Wenn Nietzsche also an anderer Stelle von dem Gott, der tot ist, spricht, dann würde Overbeck - etwas überzogen muss ich es jetzt auf den Punkt bringen - sagen, das Ende des Christentums liegt schon weit zurück.
Eberlein: Ja, genau. Overbeck kommt zu dieser Erkenntnis aufgrund - und das ist der zweite Punkt, der ihn als Theologen und als Historiker auszeichnet – einer literargeschichtlichen Untersuchung über die Formen, die in der ersten christlichen Literatur verwendet werden. Er stellt fest, dass bestimmte Formen wie etwa ein Evangelium als literarische Gattung ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr verwendet werden. Indem der diesen Bruch immer stärker nachgeht, kommt er zu der Erkenntnis, dass es einen unheilbaren Bruch gibt zwischen der ersten Zeit des Christentums, in der man wirklich noch in der Erwartung der kommenden baldigen Wiederkunft Christi lebte.
Achenbach: Also der Urgemeinde, wie er es nennt.
Eberlein: Ja, der Urgemeinde, der Urgeschichte. Er spricht dann auch von einer Urgeschichte des Christentums, die dann irgendwann endet, im 2. Jahrhundert.
Achenbach: Worin sieht er den Auslöser für diesen Wendepunkt? Eben, dass der Weltuntergang nicht eingetroffen ist?
Eberlein: In einem historischen Irrtum. Diese Erwartung ist nicht erfüllt worden, hat sich als falsch herausgestellt.
Achenbach: Das heißt, die Christen mussten sich auch nicht in der Geschichte einrichten, vorher. Was sie jetzt beginnen.
Eberlein: Was sie jetzt müssen. Aus dieser Notwendigkeit, sich nun in der Geschichte einzurichten, man kann auch sagen, in der Notwendigkeit, nun eine Kirche zu werden, entsteht eine völlig andere Literatur. Das finde ich auch das Spannende, dass diese Erkenntnis bis heute gilt und dass wir bis heute vor der Frage stehen, wie wir damit umgehen, dass das Christentum, so wie es sich heute darstellt oder überhaupt im Laufe seiner Geschichte dargestellt hat, einfach das nicht ist, was das Ur-Christentum war. Oder noch etwas prägnanter ausgedrückt: dass die Kirche historisch betrachtet auf einem Irrtum beruht, auf einer Geschichte, die sie nicht haben wollte. Das ist eine Frage, die Overbeck auch heute noch stellt, mit der man umgehen muss. Und das fällt nicht leicht.
Achenbach: Das heißt, Overbeck sieht dieser Stelle eigentlich eine Verweltlichung des Christentums?
Eberlein: Ja, eine Verweltlichung, die gleichzeitig seinen Untergang darstellt. Das, was sich ab dem 2. Jahrhundert Christentum nennt, ist für ihn kein Christentum mehr. Und jedes sich berufen darauf etwa heute ein Christ zu sein, ist für ihn einfach ein Irrtum. Das Christentum ist für ihn eine Religion, die kurz aufgeblüht hat und dann wieder abgestorben ist.
Achenbach: Das heißt, er lehnt auch die Theologie ab.
Eberlein: Er lehnt jede Form von Theologie ab.
Achenbach: Das heißt, er kann auch mit der modernen Theologie seiner Zeit nichts anfangen, mit der liberalen Theologie.
Eberlein: Mit der liberalen Theologie, als deren Vertreter er ja mal nach Basel berufen worden war, kann er genauso wenig anfangen wie mit der konservativen, restaurativen oder wie man sie immer nennen will, weil das Christentum eben für ihn eine bereits seit langer Zeit abgestorbene Religion ist. Wenn Nietzsche also an anderer Stelle von dem Gott, der tot ist, spricht, dann würde Overbeck - etwas überzogen muss ich es jetzt auf den Punkt bringen - sagen, das Ende des Christentums liegt schon weit zurück.
"Er hat wenig hinterlassen"
Achenbach: Ist denn bekannt, inwieweit Nietzsche, mit dem er ja in diesen Jahren ständig im Gespräch war, Einfluss auf sein Denken hat?
Eberlein: Das lässt sich natürlich nur insoweit rekonstruieren, als die beiden darüber Auskunft gegeben haben und insoweit ein Briefwechsel vorliegt. Der liegt in extenso erst in späterer Zeit dieser Beziehung vor. Ich denke schon, dass das gemeinsame Gespräch eine erhebliche Rolle dabei gespielt hat, dass aber Overbeck auch im Blick auf seine Christentumskritik durchaus eigenständig war. Also er war Nietzsche immer ein gleichrangiger Gesprächspartner und nicht einer seiner Schüler. Das wollte er auch nicht sein und das konnte er auch bei seiner eigenen Selbstständigkeit nicht sein.
Achenbach: Also es ist nicht so, dass der eine den anderen sozusagen in sein Denken mit hinein genommen hätte, sondern sie haben sich wohl eher gegenseitig angeregt.
Eberlein: Sie haben sich angeregt. Und sie sich einander Partner gewesen in dieser Zeit und dann später auch geblieben - in der Zeit, in der diese Freundschaft mehr zu einer Brieffreundschaft geworden ist. Overbeck war ein anderes Temperament. Overbeck hat eingerissen, aber nicht aufgebaut.
Achenbach: Während Nietzsche sich immer damit beschäftigt hat, auch Lösungen zu finden.
Eberlein: Ja. Also Nietzsche hat den Nihilismus des europäischen Kontinents seiner Zeit diagnostiziert, hat dann aber auch sofort etwas an die Stelle setzen wollen. Während Overbeck an einer Stelle einmal sagt: Ja, das Christentum ist nun nicht mehr, man macht sich etwas vor, wenn sagt, dass es noch sei, es hat keine Kraft mehr. Aber es war das Beste, was wir hatten. Wir sollten nicht gram sein, wir sollten es nicht hassen, wir haben nichts an die Stelle zu setzen.
Achenbach: Aber er fährt mit seiner Arbeit fort - an der Universität. Heißt das, es geht ihm nur noch um die reine Geschichtlichkeit des Christentums?
Eberlein: Es geht ihm darum, die Geschichtlichkeit des Christentums weiter zu erforschen. Deswegen bleibt er sein Lebtag Theologieprofessor, bis er 1897 eremitiert wird. Was er versucht, aber nicht mehr schafft, ist, eine profane Kirchengeschichte zu schreiben. Also wirklich etwas wie eine Diagnose des Christentums aufzunehmen durch alle seine Jahrhunderte. Das ist ein Plan von einer Größenordnung, den natürlich ein einzelner und dazu noch kränkelnder Mann überhaupt nicht leisten kann. Und so hat er wenig hinterlassen. Auch aus der Situation heraus, dass er seinen Studenten, das, was er zum Christentum dachte, nicht zumuten wollte. Er hat also wenig geschrieben und einen riesigen Berg an Exzerpten, ein sogenannten Kirchenlexikon, hinterlassen. Das ist also ein Zettelkasten aus hunderttausend Blatt, in dem er die Vorarbeiten zu diesem Plan einer profanen Kirchengeschichte zusammengetragen hat. Aber davon ist dann zu seinen Lebzeiten nichts mehr erschienen.
Eberlein: Das lässt sich natürlich nur insoweit rekonstruieren, als die beiden darüber Auskunft gegeben haben und insoweit ein Briefwechsel vorliegt. Der liegt in extenso erst in späterer Zeit dieser Beziehung vor. Ich denke schon, dass das gemeinsame Gespräch eine erhebliche Rolle dabei gespielt hat, dass aber Overbeck auch im Blick auf seine Christentumskritik durchaus eigenständig war. Also er war Nietzsche immer ein gleichrangiger Gesprächspartner und nicht einer seiner Schüler. Das wollte er auch nicht sein und das konnte er auch bei seiner eigenen Selbstständigkeit nicht sein.
Achenbach: Also es ist nicht so, dass der eine den anderen sozusagen in sein Denken mit hinein genommen hätte, sondern sie haben sich wohl eher gegenseitig angeregt.
Eberlein: Sie haben sich angeregt. Und sie sich einander Partner gewesen in dieser Zeit und dann später auch geblieben - in der Zeit, in der diese Freundschaft mehr zu einer Brieffreundschaft geworden ist. Overbeck war ein anderes Temperament. Overbeck hat eingerissen, aber nicht aufgebaut.
Achenbach: Während Nietzsche sich immer damit beschäftigt hat, auch Lösungen zu finden.
Eberlein: Ja. Also Nietzsche hat den Nihilismus des europäischen Kontinents seiner Zeit diagnostiziert, hat dann aber auch sofort etwas an die Stelle setzen wollen. Während Overbeck an einer Stelle einmal sagt: Ja, das Christentum ist nun nicht mehr, man macht sich etwas vor, wenn sagt, dass es noch sei, es hat keine Kraft mehr. Aber es war das Beste, was wir hatten. Wir sollten nicht gram sein, wir sollten es nicht hassen, wir haben nichts an die Stelle zu setzen.
Achenbach: Aber er fährt mit seiner Arbeit fort - an der Universität. Heißt das, es geht ihm nur noch um die reine Geschichtlichkeit des Christentums?
Eberlein: Es geht ihm darum, die Geschichtlichkeit des Christentums weiter zu erforschen. Deswegen bleibt er sein Lebtag Theologieprofessor, bis er 1897 eremitiert wird. Was er versucht, aber nicht mehr schafft, ist, eine profane Kirchengeschichte zu schreiben. Also wirklich etwas wie eine Diagnose des Christentums aufzunehmen durch alle seine Jahrhunderte. Das ist ein Plan von einer Größenordnung, den natürlich ein einzelner und dazu noch kränkelnder Mann überhaupt nicht leisten kann. Und so hat er wenig hinterlassen. Auch aus der Situation heraus, dass er seinen Studenten, das, was er zum Christentum dachte, nicht zumuten wollte. Er hat also wenig geschrieben und einen riesigen Berg an Exzerpten, ein sogenannten Kirchenlexikon, hinterlassen. Das ist also ein Zettelkasten aus hunderttausend Blatt, in dem er die Vorarbeiten zu diesem Plan einer profanen Kirchengeschichte zusammengetragen hat. Aber davon ist dann zu seinen Lebzeiten nichts mehr erschienen.
"Begründer einer eigenen Tradition über Friedrich Nietzsche"
Achenbach: Im Januar 1889 - Nietzsche hält sich in Turin auf - kommt es dann zum Zusammenbruch.
Eberlein: Das ist also einerseits der Höhepunkt dieser Freundschaft zwischen diesen beiden so ungleichen Männern. Auf der anderen Seite natürlich auch die große Tragödie. Nietzsche bricht in Turin zusammen, schreibt einigen seiner Bekannten sogenannte Wahnsinnsbriefe und Franz Overbeck reißt dann der Bahn als ein ziemlich unpraktischer Mann mit nach Turin, um Nietzsche dort abzuholen. Und das ist eigentlich das, was viele von Overbeck wissen, die überhaupt nicht mit ihm als Theologen anfangen können, er ist es dann, der Nietzsche nach Basel zurückbringt und ihn dort in eine psychiatrische Anstalt einweisen lässt. Bis zum Tode von Nietzsches Mutter bleibt er dann immer noch der Kassenverwalter seines geistig nun nicht mehr zurechnungsfähigen Freundes. Und er wird am Ende auch so etwas werden wie ein Begründer einer eigenen Tradition über Friedrich Nietzsche.
Achenbach: Den anderen Weg geht Elisabeth Förster, die Schwester Nietzsches, die ein eigenes Archiv aufbaut. Overbeck verweigert aber jede Zusammenarbeit.
Eberlein: Zunächst einmal ist er noch konziliant, ihr zu helfen bei der Fertigstellung von Itineraren oder beim Katalogisieren. Aber er merkt recht schnell, und das zeichnet ihn eigentlich aus und ist natürlich auch eine Folge seiner kritischen Art, nicht nur, dass Nietzsches Schwester von ihre ganzen Intellektualität wenig in der Lage sein würde diese Erbschaft anzutreten, sondern auch, dass sie bewusst Nietzsche in eine bestimmte Ecke stellen möchte, dass sie ihn verfälscht, dass sie ihn festmachen will an nationalistischen und auch antisemitischen Seite, die ihr nahe ist. Dem verweigert sich Overbeck, in dem er seine Briefe, die Nietzsche ihm geschrieben hat - gar nicht wenige, nicht herausgibt. Daraus entspinnt sich dann ein ziemlich unangenehmer Streit zwischen diesen beiden. Aber in dieser Tradition, die Overbeck in Basel mit seinen Briefen begründet hat, hat er dann Jahrzehnte später mit dazu beigetragen, ein anderes Nietzsche-Bild zu entwerfen gegenüber dem nationalistischen, das Elisabeth Förster-Nietzsche mit großem Publikumserfolg aufgebaut hat.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Achenbach: Den anderen Weg geht Elisabeth Förster, die Schwester Nietzsches, die ein eigenes Archiv aufbaut. Overbeck verweigert aber jede Zusammenarbeit.
Eberlein: Zunächst einmal ist er noch konziliant, ihr zu helfen bei der Fertigstellung von Itineraren oder beim Katalogisieren. Aber er merkt recht schnell, und das zeichnet ihn eigentlich aus und ist natürlich auch eine Folge seiner kritischen Art, nicht nur, dass Nietzsches Schwester von ihre ganzen Intellektualität wenig in der Lage sein würde diese Erbschaft anzutreten, sondern auch, dass sie bewusst Nietzsche in eine bestimmte Ecke stellen möchte, dass sie ihn verfälscht, dass sie ihn festmachen will an nationalistischen und auch antisemitischen Seite, die ihr nahe ist. Dem verweigert sich Overbeck, in dem er seine Briefe, die Nietzsche ihm geschrieben hat - gar nicht wenige, nicht herausgibt. Daraus entspinnt sich dann ein ziemlich unangenehmer Streit zwischen diesen beiden. Aber in dieser Tradition, die Overbeck in Basel mit seinen Briefen begründet hat, hat er dann Jahrzehnte später mit dazu beigetragen, ein anderes Nietzsche-Bild zu entwerfen gegenüber dem nationalistischen, das Elisabeth Förster-Nietzsche mit großem Publikumserfolg aufgebaut hat.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Hinweis: Dieses Gespräch ist eine Wiederholung.