Eklat vor Europawahl
Französische Rechtspopulisten kündigen Zusammenarbeit mit AfD auf - die Hintergründe und Folgen

Frankreichs Rechtspopulisten wollen im Europaparlament in der kommenden Legislaturperiode nicht länger mit der AfD zusammenarbeiten. Das hat weitreichende Folgen - sowohl für die AfD als auch für andere rechtspopulistische Parteien in Europa.

23.05.2024
    Le Pen im weißen Sommerkleid steht an einem Rednepult, spricht und hebt dabei den rechten Zeigefinger. Der Hintergrund ist dunkel.
    Die frühere RN-Vorsitzende Marine Le Pen (picture alliance / abaca / Europa Press)

    Warum kommt es zum Bruch zwischen AfD und RN?

    Den Ausschlag sollen letztlich Äußerungen des AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl, Krah, gegeben haben. Er hatte vor einigen Tagen in einem Interview mit der italienischen Zeitung "La Repubblica" gesagt, er werde niemals sagen, dass jeder, der eine SS-Uniform trug, automatisch ein Krimineller gewesen sei. Man müsse stattdessen die Schuld von Fall zu Fall beurteilen. Die sogenannte Schutzstaffel (SS) war im Zweiten Weltkrieg für die Ermordung von Millionen Menschen in den Konzentrationslagern verantwortlich. Zudem wird sie in Frankreich für viele Verbrechen während der deutschen Besatzungszeit von 1940 bis 1944 verantwortlich gemacht - die Äußerungen von Krah hatten daher besonders in Frankreich für Empörung gesorgt.

    Welche Differenzen gab es vorher?

    Schon in den vergangenen Monaten hatte sich ein Bruch zwischen den beiden Parteien angedeutet. Die französische Rechtspopulistin Le Pen hat sich nach dem Potsdamer Geheimtreffen der AfD deutlich von der deutschen Partei distanziert und schon damals ein Ende der Zusammenarbeit angedroht. Ein Besuch von AfD-Chefin Weidel in Paris Ende Februar konnte die Wogen offenbar nur kurzfristig glätten. Der Wahlkampfleiter der RN, Loubet, sagte jetzt, man habe offene Gespräche geführt, es sei aber nichts daraus gelernt worden. Deshalb ziehe seine Partei jetzt die Konsequenzen.

    Welche Ziele verfolgt RN mit der Aufkündigung der Zusammenarbeit?

    Der Rassemblement National könnte mit dem Ende der Zusammenarbeit noch andere Ziele verfolgen. Davon geht der Europa-Korrespondent des Deutschlandradios, Peter Kapern, aus.Er sagte im Deutschlandfunk, Marine Le Pen wolle 2027 Präsidentin Frankreichs werden. Sie habe erkannt, dass das nur möglich sei, wenn sie dann als gemäßigte Rechte gelte. Alles, was ihr auf dem Weg dorthin in die Quere komme, werde daher an die Seite geräumt - dazu gehöre auch die bisherige Zusammenarbeit mit der der AfD.

    Wie haben AfD und RN bisher zusammengearbeitet?

    Bisher gehören AfD und Rassemblement National zusammen mit anderen Parteien einer gemeinsamen Fraktion im Europaparlament an. Sie trägt den Namen "Identität und Demokratie" (ID).

    Kann die AfD einfach so aus der Fraktion ausgeschlossen werden?

    Ja, das ist möglich, denn für einen solchen Ausschluss ist keine Abstimmung nötig. Es ist ausreichend, wenn sich die Vorsitzenden der in der Fraktion vertretenen Parteien darüber verständigen. RN ist die größte Partei in der Fraktion und hat daher entsprechendes Gewicht.

    Wie reagieren andere Parteien der ID-Fraktion?

    Die italienische Lega hat sich der Entscheidung der RN angeschlossen. Von Parteichef Salvini heißt es, man sei "perfekt aufeinander abgestimmt und einig".

    Welche Folgen hat das für die AfD?

    Die Partei wäre im Europaparlament zunächst fraktionslos. Sie könnte versuchen, sich einer anderen Fraktion anzuschließen - was angesichts der aktuellen Vorfälle aber zur Zeit wenig realistisch erscheint. Als Partei ohne Fraktion wäre ihr Einfluss im Europaparlament entsprechend geringer als bisher.
    Diese Nachricht wurde am 23.05.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.