Renaud Donnedieu de Vabres, der Minister für die Kultur und die Kommunikation, kam aus Paris angereist. Er verlieh der Pressekonferenz das nötige Gewicht: Nichts weniger als der schon allgemein bekannte Wechsel in der Direktion der Festspiele von Aix-en-Provence war öffentlich zu würdigen. Die Honoratioren vor Ort spendeten reichlich Eigenlob: Sie priesen das Opernfestival in Aix-en-Provence als einen der Glanzpunkte französischer und mithin europäischer Kultur. Und da hörbar alles schön und gut im Lot sei, deutet sich bruchlose Kontinuität von Stéphane Lissners Wirken zur Leitungstätigkeit von Bernard Foccroulle an.
Stolz ist man in Aix-en-Provence auf langjährige hochkarätige Mozart-Pflege. In diesem Jahr wurde origineller Weise eine neue "Zauberflöte" anberaumt. Daniel Harding suchte bei dieser Gelegenheit die Annäherung an "historischen Klang": die Streicher des Mahler Chamber Orchestras zogen Darmsaiten auf und die Titelpartie wurde dem Ohrenschein nach auf einem Holzinstrument geblasen. Harding profiliert sich durch extreme Tempowahl: indem Papageno sein Auftrittslied z.B. statt im Andante als Larghetto intoniert, nimmt sich das Erscheinen des Vogelfängers in Schikaneders Originalausstattung besonders altväterlich aus. Im Gegenzug wird das Plapperduett am Ende in rasender Geschwindigkeit absolviert.
Manche Nummer unterdessen schwankt im Tempo bedenklich (von Weltklasse jedenfalls ist Harding noch einen kleinen Siebenmeilenstiefel weit entfernt). Auch das Ensemble: Steve Davislim findet als Prinz Tamino sein Selbstbewußtsein erst nach und nach in der Annäherung an Helena Juntunen, die wild über die Bühne fegende Pamina. Lubica Vargicová kämpft mehr mit den ihr zugemuteten Tiefen der Partie und den hohen Koloraturen als mit der Welt der selbsternannten Aufklärer und Heilsbringer.
Der polnische Regisseur Krystian Lupa näherte sich Mozarts Symbolien mit bedenkenloser Naivität. Um "Die Zauberflöte" als große Illusions-Maschine vorzuführen, ließ er außen um den Bühnenkasten ein gelegentlich rumorend in Bewegung gesetztes Räderwerk montieren: die Mechanik des spätbarocken Maschinenzaubers soll das Herabschweben der drei Knaben, der Königin der Nacht oder Sarastros desillusionieren.
Auch die Kostüme, die eigentümlichen erotischen Reiz entwickeln, operieren mit Schein und halbnackter Realität: die drei Damen zeigen extra stabile Unterwäsche unter schwarzer Spitzenoberfläche, die wilden Tiere tanzen in Gestalt wild maskierter teilentblößter Statistinnen herein.
Sarastros Liebes- und Gehorsams-Proben entwickeln in kitschigem Ambiente nur etwas "Erlebnischarakter" – mehr nicht. Aber gerade aus solcher heiterer Erweichung resultiert die hohe Akzeptanz dieser gnadenlos postmodernen Produktion, die gepflegte Ratlosigkeit versiert mit Langeweile kombiniert.
Da war dann Julie Brochens Inszenierung von Jacques Offenbachs "La Périchole" ein Lichtblick: unter Einbeziehung des autobiographischen Romans von Bertrand Villegas, der dem Libretto zu Grunde liegt, wurde die von Jeanne Balibar souverän bestrittene Geschichte der Straßensängerin, ihres Lebensreisebegleiters Piquillo und des dummgeilen Vizekönigs Don Andrès als quirliges Bewegungstheater für 16 unablässig auf Trab gehaltene Akteure aufgemischt und die Musik für ein Klaviertrio bearbeitet.
Julie Brochens jugendbewegtes Theater an einem Brunnen in einem Hinterhof rekurriert auf die Dynamisierung der Akteure, wie sie im Gefolge von Hélène Cixous in Mode kam. Es hat den Charme einer Zeit, die wie andere Studentenbewegungen ziemlich längst vergangen ist.
Um das Maß der Anachronismen und des Angestaubten voll zu machen, ließ Stéphane Lissner einen Toni Servillo "Die Italienerin in Algier" von Rossini in Einfachst-Kulisse auf die Bühne bringen – als Steh-Theater für ein Stück, dessen Plot schon 1813 anachronistisch war: eine gesangsvirtuose Vorabend-Soap für die Restaurationsepoche. Damit rundete sich der Gesamteindruck des letzten Festspiel-Jahrgangs, der ganz nach dem Geschmack und den künstlerischen Vorgaben Lissners ausgerichtet wurde: er ist der Impresario eines schönheitssüchtigen, kulturkonservativen Europa, ästhetisch ein ziemlich schlimmer Finger und das Niveau bewegt sich bestenfalls auf dem des durchschnittlichen deutschen Stadttheaters. Darüber wies nur die Landpartie der Berliner Philharmoniker zur Montagne Saint Victoire hinaus: In einem aufgelassenen Steinbruch animierte Simon Rattle – verstärkt noch mit zwei Großbildschirmen – das Bergmassiv mit Gustav Mahlers Fünfter. Die Steine ließen sich vom ausgegrinsten Tod in Venedig ersichtlich nicht rühren.
Stolz ist man in Aix-en-Provence auf langjährige hochkarätige Mozart-Pflege. In diesem Jahr wurde origineller Weise eine neue "Zauberflöte" anberaumt. Daniel Harding suchte bei dieser Gelegenheit die Annäherung an "historischen Klang": die Streicher des Mahler Chamber Orchestras zogen Darmsaiten auf und die Titelpartie wurde dem Ohrenschein nach auf einem Holzinstrument geblasen. Harding profiliert sich durch extreme Tempowahl: indem Papageno sein Auftrittslied z.B. statt im Andante als Larghetto intoniert, nimmt sich das Erscheinen des Vogelfängers in Schikaneders Originalausstattung besonders altväterlich aus. Im Gegenzug wird das Plapperduett am Ende in rasender Geschwindigkeit absolviert.
Manche Nummer unterdessen schwankt im Tempo bedenklich (von Weltklasse jedenfalls ist Harding noch einen kleinen Siebenmeilenstiefel weit entfernt). Auch das Ensemble: Steve Davislim findet als Prinz Tamino sein Selbstbewußtsein erst nach und nach in der Annäherung an Helena Juntunen, die wild über die Bühne fegende Pamina. Lubica Vargicová kämpft mehr mit den ihr zugemuteten Tiefen der Partie und den hohen Koloraturen als mit der Welt der selbsternannten Aufklärer und Heilsbringer.
Der polnische Regisseur Krystian Lupa näherte sich Mozarts Symbolien mit bedenkenloser Naivität. Um "Die Zauberflöte" als große Illusions-Maschine vorzuführen, ließ er außen um den Bühnenkasten ein gelegentlich rumorend in Bewegung gesetztes Räderwerk montieren: die Mechanik des spätbarocken Maschinenzaubers soll das Herabschweben der drei Knaben, der Königin der Nacht oder Sarastros desillusionieren.
Auch die Kostüme, die eigentümlichen erotischen Reiz entwickeln, operieren mit Schein und halbnackter Realität: die drei Damen zeigen extra stabile Unterwäsche unter schwarzer Spitzenoberfläche, die wilden Tiere tanzen in Gestalt wild maskierter teilentblößter Statistinnen herein.
Sarastros Liebes- und Gehorsams-Proben entwickeln in kitschigem Ambiente nur etwas "Erlebnischarakter" – mehr nicht. Aber gerade aus solcher heiterer Erweichung resultiert die hohe Akzeptanz dieser gnadenlos postmodernen Produktion, die gepflegte Ratlosigkeit versiert mit Langeweile kombiniert.
Da war dann Julie Brochens Inszenierung von Jacques Offenbachs "La Périchole" ein Lichtblick: unter Einbeziehung des autobiographischen Romans von Bertrand Villegas, der dem Libretto zu Grunde liegt, wurde die von Jeanne Balibar souverän bestrittene Geschichte der Straßensängerin, ihres Lebensreisebegleiters Piquillo und des dummgeilen Vizekönigs Don Andrès als quirliges Bewegungstheater für 16 unablässig auf Trab gehaltene Akteure aufgemischt und die Musik für ein Klaviertrio bearbeitet.
Julie Brochens jugendbewegtes Theater an einem Brunnen in einem Hinterhof rekurriert auf die Dynamisierung der Akteure, wie sie im Gefolge von Hélène Cixous in Mode kam. Es hat den Charme einer Zeit, die wie andere Studentenbewegungen ziemlich längst vergangen ist.
Um das Maß der Anachronismen und des Angestaubten voll zu machen, ließ Stéphane Lissner einen Toni Servillo "Die Italienerin in Algier" von Rossini in Einfachst-Kulisse auf die Bühne bringen – als Steh-Theater für ein Stück, dessen Plot schon 1813 anachronistisch war: eine gesangsvirtuose Vorabend-Soap für die Restaurationsepoche. Damit rundete sich der Gesamteindruck des letzten Festspiel-Jahrgangs, der ganz nach dem Geschmack und den künstlerischen Vorgaben Lissners ausgerichtet wurde: er ist der Impresario eines schönheitssüchtigen, kulturkonservativen Europa, ästhetisch ein ziemlich schlimmer Finger und das Niveau bewegt sich bestenfalls auf dem des durchschnittlichen deutschen Stadttheaters. Darüber wies nur die Landpartie der Berliner Philharmoniker zur Montagne Saint Victoire hinaus: In einem aufgelassenen Steinbruch animierte Simon Rattle – verstärkt noch mit zwei Großbildschirmen – das Bergmassiv mit Gustav Mahlers Fünfter. Die Steine ließen sich vom ausgegrinsten Tod in Venedig ersichtlich nicht rühren.