* Musikbeispiel: Trân Kim Ngoc - aus: "Phuc Hôn" für Ensemble Offensichtlich ist diese Musik aus einem ganz anderen Holz geschnitten, in einem anderen Kontext angesiedelt als die erste. Ohne eine genaue Ortung durch das bloße Hören herstellen zu können, hat sie etwas östliches, orientalisches, scheint aus einem asiatischen Land zu kommen jenseits der vorderasiatischen arabischen Welt. Aber was mag die beiden Stücke miteinander verbinden? Auch das dritte Beispiel, ein Stück für Blockflöte allein, kann wieder als ein neues Rätsel verstanden werden: * Musikbeispiel: Gabriela Ortiz - aus: "Huitzitl" für Blockflöte solo Jede einzelne Zuhörerin, jeder einzelne Zuhörer hört Musik wieder auf einem etwas anderen Hintergrund der eigenen Hörerfahrungen und Kenntnisse, so daß die Summe der eigenen Eindrücke letztlich so etwas wie den eigenen Kontext abbildet. Die Blockflötenmusik, von der Sie eben den Anfang gehört haben, steht offenbar nicht in der Tradition von Dur-Moll-Tonalität und deren Auflösungsphänomenen wie Atonalität, Dodekaphonie, Neoklassizismus, Serialität, Neoromantik, Post- und Neomoderne, wie wir sie aus den mitteleuropäischen Ländern her kennen. Verglichen mit dem zweiten Beispiel ist es vielleicht auch für viele nachvollziehbar, daß dieser Klang offensichtlich auch nicht aus dem ostasiatischen von Hinduismus, Konfuzianismus und Buddhismus geprägten Kulturraum kommt. Aber woher kommt sie dann? Und was vor allem könnte diese Musik des dritten Beispiels mit den ersten verbinden, das mehr wäre als die bloße Zugehörigkeit in das weite Feld der Musik unseres Jahrhunderts? Ich bin ziemlich sicher, daß selbst der illusterste Kreis von Musikexperten und Musikrätsellösern angesichts dieser drei Kompositionen es alles andere als einfach hätte, das ihnen Gemeinsame durch das bloße Hören herauszufinden. Auch das nächste Beispiel einer reinen Vokalkomposition macht da keine Ausnahme, obwohl oder sollte ich sagen? weil es noch einmal ganz anders klingt: * Musikbeispiel: Graciela Paraskevaídis - aus: "Discordia" für Vokalsolistenensemble Diese Musik klingt eigenartig schwerelos und statisch. Auf sehr leise tiefste vokale Schwingungen, die kaum als Männerstimmen zu erkennen sind, zu Beginn werden extrem hohe, ebenso leise Frauenstimmen geschichtet. Damit ist ein weiter Tonraum abgesteckt und ein bestimmter Ausdruckscharakter umrissen. Die eher strenge zeitliche Folge der Ereignisse, in die auch sehr einfache Elemente wie diatonische Tonleiterabschnitte eingebettet sind - oder sind das gar Melodiepartikel? - verweist wie die übrigen Elemente eher in den europäischen Raum, irgendwie in ein imaginäres Feld zwischen Anton Webern, Luigi Nono und Morton Feldman, ohne daß direkt ein eindeutiges Vorbild oder eine Handschrift eines bestimmten Komponisten erkennbar ist. Auch das folgende Beispiel, der Anfang einer fast vierzigminütigen obertonreichen Musik ist nicht so leicht einzuordnen, leichter schon zu genießen: * Musikbeispiel: Ellen Fullman - "Water’s edge", aus "Tangible Limits Nun, in dem Wochenend-Festival - es ist auf Konzertsaal- und Kirchensaal-Bühnen der Stadt Köln realisiert worden - Ende Oktober, Anfang November 1998 gab es auch wesentlich sprechendere, wesentlich offener mit dem Festival-Thema zusammenhängende Beispiele als die bisher angeführten. Hier eine Musik, die in ihrer Charakteristik vielleicht zu den bekanntesten in diesem Zusammenhang gehört: * Musikbeispiel: Meredith Monk - aus: "American Archeologies I" für vier Stimmen Noch deutlicher als in dieser a-cappella-Vokalsolistenmusik wird die Themenstellung des Festivals aus dem folgenden Stück für drei Frauenstimmen. * Musikbeispiel: Karin Rehnqvist - aus "Davids Nimm" für drei Frauenstimmen Nun, diejenigen unter Ihnen, meine Hörerinnen und Hörer, die das Kölner Wochenendfestival besucht haben oder im Dritten Programm des Westdeutschen Rundfunks oder im Deutschlandfunk die Wiedergabe von Konzerten daraus gehört haben, haben aus der Beispielserie sicher imaginieren können, wie ambivalent bloße Höreindrücke sein können, wenn die näheren Umstände unbekannt oder sogar bekannt sind. Wie die letzten zwei Beispiele immer deutlicher ahnen lassen, stammt all diese Musik ausschließlich von Komponistinnen und von Improvisationsmusikerinnen, ohne daß das jedem einzelnen Beispiel direkt anzuhören ist. Daraus ist wohl der Schluß erlaubt, daß - anders als noch vor ein, zwei Jahrzehnten und anders als das männlich orientierte Klischee es will - die Entwicklung des Komponierens heute nicht mehr in dem Maße ausschließlich Männersache ist und ein Festival mit Musik von Komponistinnen und Improvisationsmusikerinnen kein Frauenghetto mehr darstellen muß; oder anders ausgedrückt: daß es den beiden Frauen, die das Programm dieses Festivals gestaltet haben, offensichtlich grosso modo gelungen ist, dabei durch die bloße Auswahl der Stücke aus aller Welt und ihre Anordnung im Festival keinen Moment eine Art Ghetto-Gefühl aufkommen zu lassen.
Dazu haben die Veranstalterinnen mit "Frau Musica (nova)" einen ironischen Titel für ihr Festival benutzt, "Frau Musica" wie in den allegorischen barocken Darstellungen und Musiksammlungen mit dem in Klammern hinzugefügten Wörtchen "(nova)", um im Kontext des Gesamttitels "Frau Musica (nova)" mit der Allusion "musica nova" den Zusammenhang zur Szene der neuen Musik zu unterstreichen.
Die strenge erste Musik zu Beginn hat die 44jährige Norwegerin Cecilie Ore komponiert, die asiatisch zarte zweite, die junge Nordvietnamesin Trân Kim Ngoc, die Blockflötensolomusik mit dem indianischen Titel "Huitzítl" - zu deutsch Kolibri - die Mexikanerin Gabriela Ortiz. Die schwerelose statische Vokalsolistenmusik "Discordia" stammt von der Uruguayanerin Graciela Paraskevídis, die aus einer griechischen Emigrantenfamilie stammt und in Argentinien geboren ist. Die hall- und obertonreiche Saitenmusik, in der Kölner Kirche Sankt Maria im Kapitol auf zwanzig bis dreißig Meter langen Saiten gespielt, hat die 41jährige US-Amerikanerin Ellen Fullman komponiert und mit Assistenten auch aufgeführt. Und die offensichtlich aus der weiblichen Stimme direkter abgeleiteten letzten zwei Beispiele stammen von der New Yorkerin Composer-Performerin Meredith Monk - der Titel lautet "American Archeologies I" - und von der Schwedin Karin Rehnqvist, die archaische Vokal- und Instrumental-Techniken alter skandinavischer Volksmusik zum Ausgangspunkt ihrer Musik macht. Sie hat das ihrem Stück "Davids nimm" zugrundeliegende schwedische Volkslied im Festival selbst vorgesungen: * Musikbeispiel: anonym - aus: Schwedisches Volkslied Und das ist nur ein kleiner, wenn auch höchst beredter Ausschnitt mit Ensembles und Solisten der Spitzenklasse, wie Ensemble Modern, Neue Vocalsolisten Stuttgart, der Blockflötistin Dorothee Oberlinger, Ellen Fullman und Meredith Monk aufgeführten Stücke aus den vier Compactdiscs, die die Musikerinnen von "Frau Musica (nova)" Ende April im Kölner Jazzhaus-Label und JHM-Vertrieb herausgebracht haben. Und auf den vier Platten ist nur ein Teil der Musik der elf Konzerte vom Festival "Frau Musica (nova)" enthalten, die aus Mitteln des Kultus- und des Frauenministeriums, der Stiftung Kunst und Kultur und des Landesmusikrats Nordrhein-Westfalen, vom Kulturamt der Stadt Köln, vom WDR 3 und vom Deutschlandfunk unterstützt worden ist.
Das Schlußbeispiel mit dem ich mich von Ihnen verabschiede und Ihnen einen guten Feiertag wünsche, stammt von der marokkanischen Frauengruppe "B’net Marrakshiat" - zu deutsch: Mädchen aus Marrakesch - die von Berberinnen gebildet wird: * Musikbeispiel: B’net Marrakshiat - aus: Berber-Lied
Dazu haben die Veranstalterinnen mit "Frau Musica (nova)" einen ironischen Titel für ihr Festival benutzt, "Frau Musica" wie in den allegorischen barocken Darstellungen und Musiksammlungen mit dem in Klammern hinzugefügten Wörtchen "(nova)", um im Kontext des Gesamttitels "Frau Musica (nova)" mit der Allusion "musica nova" den Zusammenhang zur Szene der neuen Musik zu unterstreichen.
Die strenge erste Musik zu Beginn hat die 44jährige Norwegerin Cecilie Ore komponiert, die asiatisch zarte zweite, die junge Nordvietnamesin Trân Kim Ngoc, die Blockflötensolomusik mit dem indianischen Titel "Huitzítl" - zu deutsch Kolibri - die Mexikanerin Gabriela Ortiz. Die schwerelose statische Vokalsolistenmusik "Discordia" stammt von der Uruguayanerin Graciela Paraskevídis, die aus einer griechischen Emigrantenfamilie stammt und in Argentinien geboren ist. Die hall- und obertonreiche Saitenmusik, in der Kölner Kirche Sankt Maria im Kapitol auf zwanzig bis dreißig Meter langen Saiten gespielt, hat die 41jährige US-Amerikanerin Ellen Fullman komponiert und mit Assistenten auch aufgeführt. Und die offensichtlich aus der weiblichen Stimme direkter abgeleiteten letzten zwei Beispiele stammen von der New Yorkerin Composer-Performerin Meredith Monk - der Titel lautet "American Archeologies I" - und von der Schwedin Karin Rehnqvist, die archaische Vokal- und Instrumental-Techniken alter skandinavischer Volksmusik zum Ausgangspunkt ihrer Musik macht. Sie hat das ihrem Stück "Davids nimm" zugrundeliegende schwedische Volkslied im Festival selbst vorgesungen: * Musikbeispiel: anonym - aus: Schwedisches Volkslied Und das ist nur ein kleiner, wenn auch höchst beredter Ausschnitt mit Ensembles und Solisten der Spitzenklasse, wie Ensemble Modern, Neue Vocalsolisten Stuttgart, der Blockflötistin Dorothee Oberlinger, Ellen Fullman und Meredith Monk aufgeführten Stücke aus den vier Compactdiscs, die die Musikerinnen von "Frau Musica (nova)" Ende April im Kölner Jazzhaus-Label und JHM-Vertrieb herausgebracht haben. Und auf den vier Platten ist nur ein Teil der Musik der elf Konzerte vom Festival "Frau Musica (nova)" enthalten, die aus Mitteln des Kultus- und des Frauenministeriums, der Stiftung Kunst und Kultur und des Landesmusikrats Nordrhein-Westfalen, vom Kulturamt der Stadt Köln, vom WDR 3 und vom Deutschlandfunk unterstützt worden ist.
Das Schlußbeispiel mit dem ich mich von Ihnen verabschiede und Ihnen einen guten Feiertag wünsche, stammt von der marokkanischen Frauengruppe "B’net Marrakshiat" - zu deutsch: Mädchen aus Marrakesch - die von Berberinnen gebildet wird: * Musikbeispiel: B’net Marrakshiat - aus: Berber-Lied