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Frauen, die Frauen lieben

Auf ProSieben ist am Mittwoch eine neue Serie über hippe, gut situierte, gut aussehende und bestmöglich angezogene lesbische Frauen in Los Angeles gestartet: "The L-World". Erstaunlich ist, dass diese Serie in den USA überaus erfolgreich läuft, einem Land, das moralisch aufrüstet wie nie zuvor. Die Fernsehmoderatorin Bettina Böttinger hält die Serie für ein Beispiel "einer geglückten Frauenemanzipation" und hofft hierzulande auf Nachahmer.

Moderation: Karin Fischer |
    Karin Fischer: Frage an die Fernsehjournalistin und Moderatorin Bettina Böttinger, ist Ihnen das irgendwie erklärlich?

    Bettina Böttinger: Nein, aber ich finde es erfreulich, sagen wir doch einmal einfach so. Es gibt ja eine erstaunliche Diskrepanz zwischen dem, was sozusagen bürgerliche Moral ausmacht und dem, was dann gelegentlich auch im Fernsehkulturbereich stattfindet. Und "Sex in the City" war wahrscheinlich auch so ein Testballon dafür, was denn der Bürgerlichkeit zumutbar ist. Und da man gesehen hat, wie gut das funktioniert, wenn man da nach oben oder zur Seite ausfranst, hat man das auf ein erstaunliches neues Feld übertragen. Und wenn Sie es eben geschildert haben, bestaussehend und bestsituiert, kann ich nur sagen, ja warum denn nicht, besser als immer nur "Hinter Gittern".

    Fischer: Ich hatte ehrlich gesagt größere Bedenken, was den Realitätsgehalt einer solchen Serie betrifft. Nun sind die Zeiten, als man Lesben als eine sich selbst isolierende Randgruppe im Kampftruppenlook wahrnahm, um ein beliebtes Klischee zu nennen, ja auch schon länger vorbei. Aber ist diese Ansammlung von supererfolgreichen Karrierefrauen mit Luxusproblemen, wie dem, ob man nun einen Mann trifft, der das Sperma liefert für eine Schwangerschaft, tatsächlich denkbar oder ist das auch wieder nur eine Projektion?

    Böttinger: Ich möchte Ihnen, Frau Fischer, nicht wirklich widersprechen, aber doch einwerfen, so hoch auf dem Luxusniveau sind die Frauen nicht angesiedelt. Die eine beispielsweise ist Friseuse. Das war ja ganz deutlich. Es gab da einen sehr witzigen Monolog, sie philosophiert nämlich darüber, warum Männer heutzutage so wild darauf sind, zu wissen, was mit ihrem Sperma passiert. Und die andere fällt ihr ins Wort: "Hast du das auf der Friseurschule gelernt?" Das finde ich persönlich ziemlich komisch, so einen Dialogansatz. Und es zeigt aber auch, dass unsere Medien immer sagen, das ist ja alles ganz abgehoben und ganz weit woanders von jeder Realität. Da war zwar eine Museumsdirektorin, aber ansonsten eine ganz normale Redakteurin, eine Friseurin, und gut, eine Sportlerin, die damit ihr Profigeld verdient. Aber so weit weg? Es spielt ja nicht gerade in Adelskreisen.

    Fischer: Und die Argumentation in Bezug auf die Männer war in der Tat superaktuell. Es ging nämlich darum, ob wir mit dem neuen Mann auch das weniger von ihm haben, was wir eigentlich bräuchten, nämlich das wilde Tier, das einfach mal irgendwie sein Sperma verstreuen mag.

    Böttinger: Ja, wenn das Sperma denn funktioniert. Gestern Abend gab es ja damit einige Schwierigkeiten. Sagen wir mal so, in einigen Zeitungen habe ich gestern als Vorankündigung schon gelesen, und zwar sehr wohlwollend und auch ein bisschen ironisch, eigentlich zeigt diese Serie doch die junge Frau von heute, da wo sie selber gerne sein möchte. Nämlich in einem wirklichen Feld der Selbstbestimmung. Und dass man in diesem Feld der Selbstbestimmung ziemlich viel Spaß haben kann, ob nun als Frau, die Frauen liebt, oder als Frau die Männer bevorzugt, sei einmal dahingestellt. Aber eine solche, doch moderne Art der Frauenbetrachtung, finde ich, tut dem Fernsehen und der Fernsehserie ganz schön gut.

    Fischer: Zum lesbischen Leben als Modephänomen erreicht uns heute eine ganz aktuelle Meldung, demnach die DC-Comic-Heldin Batwoman nach 27 Jahren zurückkehrt, und zwar als Lesbe. Und der Verlag sagt dezidiert, dass er damit neue Leserschichten, oder neue Leserinnenschichten, gewinnen will. Bei uns hat es, glaube ich, eine Lesbe gerade mal in die Lindenstraße geschafft, was auch bedeutet, Amerika passt sich offenbar schneller den veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen an, die in den USA ja auch aktiv herbeigeführt wurden, zum Beispiel durch Antidiskriminierungsgesetze. Kann man diese Serie deshalb auch als Dokument einer geglückten lesbischen Emanzipation sehen?

    Böttinger: Ich würde ein bisschen weitergehen und sagen, einer geglückten Frauenemanzipation. Nun habe ich zwar erst die erste Folge gesehen, die mir offengestanden sehr gut gefallen hat, als ein Stück Fernsehunterhaltung, wo ich ein paar Mal gelacht habe und mit Staunen feststellte, auch als Fernsehjournalistin, dass ist verdammt gut gemacht, es ist aufwendig gedreht, da hat Mann oder Frau sich Mühe gegeben, das ist schon einmal etwas. Aber es ist in einer Zeit, wo wir jetzt so lange diskutieren, auf einem Niveau beispielsweise von Tagesschausprecherinnen, ob denn die Frau nicht wirklich an den Herd zurückgehört, da ist es doch einmal befreiend, und geradezu beglückend und dazu noch wirklich erfrischend, zu sehen, es gibt ja ganz andere Frauen und wo diskutieren wir hier eigentlich. Insofern sind die USA ausnahmsweise einmal vorneweg. Und ich kann nur hoffen, dass es hier viele Leute gibt, die denken, hm, nicht so schlecht, was die da machen. Und auf die geschlechtliche Präferenz kommt es eigentlich so primär gar nicht an.

    Fischer: Bettina Böttinger, herzlichen Dank für diese Einschätzung.