Spitzeneishockey in der DDR spielten ab 1970 nur Dynamo Berlin und Dynamo Weißwasser.Lediglich diese beiden Klubs machten in der kleinsten Liga der Welt die Meisterschaft unter sich aus. In der sächsischen Kleinstadt Weißwasser begann auch die Laufbahn von Nationalmannschaftskapitänin Susann Götz. Bereits als kleines Mädchen lernte sie Schlittschuhlaufen.
“Da war früher Eisschnelllaufen angesagt. Mit drei Jahren stand ich das erste Mal auf dem Eis, hab` Eisschnelllauf gemacht, und nach der Wende wurde die Bahn abgerissen. Ja Schlittschuhlaufen konnten wir, und sind automatisch dann zum Eishockey gekommen.“
Als Susann Götz Zehn war, versuchte sie sich erstmals als Eishockeyspielerin. Neun Jahre später machte sie den großen Schritt und wechselte zum OSC Berlin. Dort wurde sie sesshaft, holte die Deutsche Meisterschaft und den Deutschen Pokal. Die 31jährige ist der Kopf der Nationalmannschaft und nahm bereits an neun Weltmeisterschaften und den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin teil. Wie bei den Männern kommen auch bei den Frauen die stärksten Mannschaften aus jenen Nationen, in denen Eishockey Volkssport ist. Also aus Kanada, den USA und den skandinavischen Ländern. Die deutsche Auswahl rangiert in Europa unter den besten Fünf.
"Wir zählen zu den besten acht Mannschaften der Welt"
“Leider gibt es keine Europameisterschaften mehr. Früher gab es das noch. Da würden wir, glaube ich, ganz gut aussehen. Also ich denke, die Skandinavier sind so auf unserem Niveau, sind noch ein kleines Stück voraus, aber ich zähle uns dann schon auf Platz 3, 4. So in die Richtung ja. Weltweit ist das einfach ein großer Erfolg, dass wir uns für Olympia qualifiziert haben. Das heiß, wir zählen zu den besten acht Mannschaften der Welt.“
Zum Auftakt der Gruppenphase spielt die DEB-Auswahl gegen Gastgeber Russland, dessen Team bei weitem nicht so stark wie das der Männer ist. Danach gegen Schweden und Japan.
“Wir müssen bzw. wir wollen auf alle Fälle Platz 1 oder 2 belegen, weil das gleichzeitig das Viertelfinale heißt.“
Dass die Olympischen Wettkämpfe diesmal an einem sehr umstrittenen Ort ausgetragen werden, lässt auch die deutschen Eishockeynationalspielerinnen nicht kalt.
“Ich glaube jeder setzt sich mit dem Thema auseinander. Und es wäre auch fatal, wenn man es nicht machen würde. Wir sprechen auch innerhalb der Mannschaft und in der Kabine darüber, aber wir sagen immer noch, wir sind wegen des Sportlichen da.“
Und da die deutschen Männer erstmals seit 1928 bei Olympia nicht dabei sind, können die Spielerinnen um Susann Götz auch noch Werbung für sich machen. Ein privater Sportfernsehsender überträgt alle Spiele live. Womöglich lassen sich so ja auch Vorurteile abbauen.
"Wir sind zierlich und hübsch, nicht groß und kräftig!"
“Ich glaube, man hat immer so ein bestimmtes Bild. So große kräftige Frauen, und das ist eigentlich gar nicht der Fall. Wir sind relativ zierlich, hübsche Frauen würde ich dazu sagen, sehr weiblich, und ja, die spielen Eishockey.“
Und haben keine Angst vor blauen Flecken. Die Verletzungsrate ist nicht größer als in anderen Sportarten. Wobei es einen wesentlichen Unterschied zum Männereishockey gibt.
“Im Endeffekt ist es so, dass die Männer einfach Checks fahren dürfen. Das dürfen wir nicht. Wir sind eigentlich ein körperloses Spiel. Was natürlich nicht immer funktioniert. Gerade auch im internationalen Bereich nicht.“
Dazu kommt, dass die Helme der Frauen wie bei den männlichen Nachwuchsmannschaften ein Schutzgitter vor dem Gesicht haben.
Das gesteigerte Medien-Interesse spürte Susann Götz bereits vor ihrer Abreise nach Sotchi. Fast jeden Tag mindestens ein Interviewtermin. Ein ungewohntes Gefühl, verlieren sich doch in der Bundesliga meist nur einige Hundert Fans in den Eisstadien. Es gibt nur wenige Sponsoren. Viele Spielerinnen sind Amateure und bezahlen ihre Fahrtkosten zu Auswärtsspielen teilweise aus eigener Tasche.
“Gerade das Gefälle innerhalb der Bundesliga ist sehr groß. Es gibt Welche, die es professionell machen. Es gibt Welche, die es neben der Arbeit, neben der Schule machen, und das muss man dann natürlich unterscheiden.“
Als Mitglied der Sportfördergruppe der Bundeswehr gehört Susann Götz zu den privilegierten Spielerinnen und kann vom Eishockey leben. Auch wenn die meisten Frauen neben dem Leistungssport noch arbeiten müssen, Nachwuchsprobleme gibt es trotzdem nicht.
“Früher war es verpönt, dass die Mädchen bei den Jungen mittrainieren und mitspielen. Das hat sich geändert. Jetzt sieht man in den Nachwuchsbereichen sehr viele Mädels, und die finden dann irgendwann den Weg in die Bundesliga. Im Raum Bayern ist es relativ groß. Da ist es gang und gebe, dass die Mädchen da bei den Jungs mitspielen.“
Das flächengrößte Bundesland stellt übrigens auch das Gros der Bundesliga. Von aktuell sieben Vereinen kommen vier aus Bayern, jeweils ein Klub kommt aus Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Berlin. Wo Susann Götz ihre Spieler-Karriere nach dieser Saison beenden will. Nach 14 Jahren auf dem Eis möchte sie ihr Studium der Sportökonomie abschließen und sich ganz auf ihr Privatleben konzentrieren.