Archiv


Frauen und Technik

Auf 100 Männer, die Fahrzeugtechnik studieren, kommen derzeit etwa fünf Frauen. Automobilhersteller, Fachhochschulen und Universitäten versuchen nun, sich etwas einfallen zu lassen, um mehr Schülerinnen für den Ingenieursberuf zu begeistern. Beim Projekt "Try Ing" der Fachhochschule Köln und der Firma Ford können sie ihn während der Sommerferien ausprobieren.

Von Dietmar Reiche |
    Über 20 Schülerinnen stehen um einen großen, weißen Tisch in der Halle der Fachhochschule Köln. Das Labor ist eigentlich eine KFZ-Werkstatt. Prof. Frank Herrmann, vom Institut für Fahrzeugtechnik, simuliert mit drei Kugeln einen Crash-Test.

    Lebhaft geht es zu. Es wird auch gelacht. Die jungen Frauen interessieren sich für den Ingenieursberuf. Deshalb nehmen sie an "Try Ing" teil, einem Projekt der Fachhochschule Köln und des Automobilherstellers Ford, und opfern dafür zwei Wochen Ferien. Die Schülerinnen haben überwiegend Mathematik und Physik als Leistungskurse gewählt. Eine gute Voraussetzung für den Beruf. Doch Frauen sind im Studiengang Fahrzeugtechnik immer noch eine Minderheit, sagt Prof. Hermann.

    "Wir haben eine Merkwürdigkeit in Deutschland, die seit vielen Jahren besteht. Der Anteil der weiblichen Studentinnen liegt immer noch in der Größenordnung bei fünf Prozent. Das gibt es eigentlich in keinem anderen europäischen Land. Also ich kenne es aus Belgien oder Frankreich, wo der Anteil locker bei 30 bis 35 Prozent liegt. In Spanien angeblich sogar über der Hälfte. Es gibt auch inhaltlich keine Begründung, warum das so ist. Wir setzen unsere Hoffnung ein bisschen darauf, dass das Fahrzeug nicht nur ein rein technisches Produkt ist, sondern immer auch ein emotionales Produkt und dadurch auch wieder einen anderen Reiz ausübt."

    Allein unter Frauen: Kai Wintel beobachtet für die Fachschaft das Projekt. Der gelernte Industriemechaniker steht nach acht Semestern kurz vor dem Abschluss des Studiums - ein Job ist ihm sicher. Es wäre schon interessant, wenn mehr junge Frauen hier studieren würden, sagt der 28-Jährige.

    Dabei schaut Wintel zu dem exotischen Renault Avantime mitten in der Halle, der gerade von den Mädchen sprichwörtlich unter die Lupe genommen wird. Motorhaube und Kofferraum sind geöffnet. Allein acht Schülerinnen sitzen im Auto und testen Schalter, Sitze oder Fensterheber. Eifrig wird über das Design diskutiert. Es ist eben der andere Blick für das Auto. Frauen haben eher das Ganze im Blick - Männer die Teile.

    "Ja, ich denke schon, wenn ich das hier sehe, dann sieht das mehr so experimentell aus. Bei Männern hat man es sehr oft, dass sie sehr gezielt bestimmte Baugruppen ansehen. So kam es
    mir vor."

    Szenenwechsel: Nach dem einwöchigen Schnupperstudium an der Fachhochschule Köln folgt der Praxisteil beim Automobilhersteller Ford. Sandra Werner, Ann-Katrin Weitershagen und Rafaela Biesenbach bilden ein Team und untersuchen auf der hauseignen Teststrecke das Kupplungspedal eines Kleinwagens.

    In aufwändigen Testreihen messen die Schülerinnen mit einem Laptop die Bewegung des Pedals. Welchen Einfluss hat die Geschwindigkeit auf das Schalten und Kuppeln, wie stark muss der Fuß das Pedal drücken? Untersuchungen, die später in der Projektentwicklung berücksichtigt werden sollen. Für die 18-jährige Raphaela Biesenbach ist der Schnupperkurs bereits jetzt ein Erfolg:

    "Ich hab mir gedacht, das ist eine gute Idee - vor allem wegen der Fachhochschule. Und als ich das von der Fachhochschule gelesen haben, dachte ich, das sind alles so langweilige Vorlesungen, aber das war alles richtig interessant. Die haben das gut erklärt. Und ich denke, dass diese Woche mich schon dem Beruf ein bisschen näher gebracht hat."

    Gute Ingenieure werden auch bei Ford gebraucht. Das Projekt "Try Ing" ist Werbung in eigener Sache und eine bundesweite Angelegenheit. Die Kandidatinnen kommen teilweise aus Hamburg oder Ostdeutschland. Die Idee für das Projekt haben Mitarbeiterinnen von Ford entwickelt, um junge Frauen zu fördern. Aber auch das Programm "Frauen in technischen Berufen" spielt dabei eine Rolle, sagt Birgit Kendziora von der Aus- und Weiterbildung.

    "Wir kommen vor allem an die Mädchen durch das FIT-Projekt heran. FIT heißt Frauen in technischen Berufen. In diesem Projekt machen wir sehr viele Veranstaltungen - vor allem Informationsveranstaltungen oder praktische Tätigkeiten - wie diese Praktika in den Ferien für Mädchen, um Mädchen für die Bereiche zu gewinnen."

    Auch Frank Hermann von der Fachhochschule Köln, der für den theoretischen Teil zuständig war, ist zufrieden. Wie haben sich die Schülerinnen in der ersten Woche bewährt?

    "Bestens ! Unglaublich gut. Also um dieses Land ist es nicht so schlecht bestellt!"