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Frauen unter sich

Um mehr Frauen für den Ingenieursberuf zu begeistern, bieten einige Hochschulen reine Frauenstudiengänge an. Als erste Hochschule in Deutschland tat dies 1997 die Fachhochschule Wilhelmshaven mit dem Frauenstudiengang Wirtschaftsingenieurwesen. Die ersten drei Semester studieren die angehenden Ingenieurinnen dort ausschließlich unter sich. Danach wechseln sie in den gemischten Kurs.

Von Andre Zantow |
    "Wir sind in unserem Studiengang nur noch zu viert - es ist ein nettes Lernen."

    Katrin Petersen studiert Wirtschaftsingenieurwesen an der Fachhochschule Wilhelmshaven, und zwar im Frauenstudiengang. Die 20-Jährige ist eine von nur vier Studentinnen im dritten Semester. Als sie sich vor anderthalb Jahren für den Bachelor-Studiengang einschrieb, waren sie zu sechst.

    Damals erschraken die Verantwortlichen regelrecht angesichts solch niedriger Immatrikulationszahlen. Für sie hatte das stark gesunkene Interesse zwei Gründe. Einmal investierten sie weniger Gelder als im Gründungsjahr 1997 in Werbung, und zweitens sank das Interesse der Frauen an Ingenieursfächern allgemein. Das zeigt sich auch im parallel laufenden gemischten Wirtschaftsingenieurwesen-Kurs. Dort sind unter 52 Studierenden lediglich 2 Frauen vertreten. So wie Verena Omes, sie entschied sich gegen die kleine Gruppe im Frauenstudiengang und für den gemischten Kurs.

    "Ich hab mir halt gedacht. im späteren Berufsleben arbeiten wir auch gemischt. und dann kann ich auch so studieren. Und nur Frauen untereinander, man kennt das ja, Zickenterror, und da fand ich das Normale schon besser."

    Der gemischte Wirtschaftsingenieurwesen-Kurs ist zwar weitaus größer als der reine Frauen-Kurs. Ansonsten sind die beiden Studiengänge aber völlig gleich aufgebaut. Das berichtet Katarina Renken, Studentin im dritten Semester des Frauenstudiengangs:

    "Vom Inhalt ist es genau dasselbe, selbe Professoren, selbe Klausuren, alles identisch aufgebaut, nur, dass es bei uns schneller geht, obwohl wir das selbe Pensum haben."

    Dank individueller Betreuung lernen die Frauen also nicht nur genauso gut wie ihre männlichen Kollegen, sondern besser und schneller. Warum dann nicht mehr Frauen dieses Angebot nutzen, mag an der mangelnden medialen Wahrnehmung liegen oder einfach daran, dass es kaum benötigt wird. Zumindest für Katarina Renken war es genau die richtige Wahl:

    "Ich hätte hier sowieso studiert, war dann aber ganz gespannt, wenn das alles nur mit Frauen ist? Ich hab da schlechte Erfahrungen gemacht, wenn man nur mit Jungs in einer Gruppe ist, da wird man leicht untergraben."

    Katarina Renken erhofft sich durch ihr Studium ohne Männer ein besseres Lernklima ohne die abgedroschenen Klischees über Frauen und Technik.

    "Für mich ist es sicherlich gut, ich werde mehr gefördert und haben mehr die Möglichkeit Fragen zu stellen."

    Die Lernatmosphäre gleicht einer Privatschule, und trotzdem sinkt die Anzahl der Interessentinnen in Wilhelmshaven. Diese Tendenz zeigt sich auch in den anderen Frauenstudiengängen in Deutschland.

    So gab es an der Fachhochschule Stralsund im letzen Jahr lediglich sechs Absolventinnen im Frauenstudiengang Wirtschaftsingenieurwesen. Auch an der Hochschule Bremen ließ das Interesse am "Internationalen Frauenstudiengang Informatik" nach. Gab es im Gründungsjahr 2002 noch 92 Bewerberinnen, sind es in diesem Jahr nur noch 45. Lediglich die Fachhochschule Furtwangen stellt eine Ausnahme dar. Deren Frauenstudiengang WirtschaftsNetze verzeichnet sogar leicht steigende Studentinnenzahlen.

    Trotz der insgesamt geringen Nachfrage hält es die Präsidentin der Fachhochschule Wilhelmshaven, Vera Dominke, für sinnvoll, den Frauenstudiengang weiterhin anzubieten.

    "Das ist natürlich ein gewisses Alleinstellungsmerkmal, mit dem wir auch sehr werbewirksam auftreten können. Die Hochschulszene ganz Deutschlands hat sich schon um diesen Studiengang gekümmert, zu Recht. Und ich denke, wir sollten schon sehen, wo wir unsere Profile deutlich machen und herausarbeiten."

    Die Werbewirksamkeit ist für Präsidentin Vera Dominke aber nicht der einzige Grund, für den Erhalt des Frauenstudiengangs in Wilhelmshaven. Er soll jungen Frauen helfen ihr Potenzial voll zu entfalten und somit für Chancengleichheit in Ingenieursberufen sorgen.

    "Frauen lernen in weiten Teilen anders. Frauen gehen ganzheitlich an Fragestellungen heran, Männer mehr aufs Ziel. Und solche Dinge können gezielt in Ingenieursstudiengängen praktiziert werden und Frauen einen besseren Start ermöglichen."

    Doch dieser Anspruch stößt sich an der Wirklichkeit. Bislang haben die Frauenstudiengänge nicht zu einer deutlichen Steigerung der Frauenquote in Ingenieursstudiengängen geführt, allerdings ist die Zahl der Männer, die sich für ein Ingenieursstudium einschreiben, in den letzen Jahren ebenfalls gesunken.