Dienstag, 14. Mai 2024

Universitäts-Studie
Frauen wählen offenbar zunehmend linker als Männer

Das Wahlverhalten wird in Deutschland teils wohl auch vom Geschlecht beeinflusst. Laut einer Studie wählen Frauen hierzulande seit einigen Jahren häufiger linksgerichtete Parteien als Männer.

04.08.2023
    Zu sehen ist die Hand einer Frau in einem Wahllokal , die ihren Stimmzettel in den Schlitz einer Wahlurne steckt.
    Stimmabgabe in einem Erfurter Wahllokal zur Bundestagswahl am 26. September 2021. (imago images / Jacob Schröter / Jacob Schröter via www.imago-images.de)
    Zu beobachten sei dies am stärksten bei jungen Wählerinnen zwischen 18 und 24 Jahren, teilte die Universität Köln am Mittwoch mit. Bei ihnen seien Grüne, Linke und SPD deutlich beliebter gewesen als bei Männern. Männern stimmten hingegen häufiger für die AfD und vor allem für die FDP. CDU und CSU seien die einzigen Parteien mit einer relativ ausgeglichenen Wählerschaft.
    Die Tendenz zeigte sich der Studie zufolge erstmals bei den Bundestagswahlen 2017 und dann verstärkt 2021. "Seit 1953 gab es in der Bundesrepublik noch nie so große Geschlechterunterschiede bei Wahlen wie 2021 in der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen", so Soziologe und Studienleiter Ansgar Hudde. Mit dem jüngsten Trend kehre sich ein langfristiges Verhalten um: Frauen hätten in den 1950er und 1960er Jahren deutlich konservativer gewählt als Männer. In den 1970er und 1980ern seien die Geschlechterunterschiede klein gewesen. Seit den Nullerjahren nähmen sie wieder zu.
    Für seine Studie nutzte Hudde eine besondere Datenbasis. In einigen vom Bundeswahlleiter ausgewählten Wahllokalen enthalten die Stimmzettel Angaben zu Geschlecht und Altersgruppe der Wählerinnen und Wähler. Bei der Bundestagswahl 2021 waren etwa 1,9 Millionen der 61,2 Millionen abgegebenen Zettel mit einer solchen Kennzeichnung versehen. Sie werden getrennt ausgezählt und die Ergebnisse vom Bundeswahlleiter in der "Repräsentativen Wahlstatistik" veröffentlicht. Diese Informationen beschrieben das tatsächliche Wahlverhalten nach Ansicht des Kölner Soziologen sehr viel besser als etwa Umfragen: "Die Ergebnisse stehen teilweise im Gegensatz zu früheren, umfragebasierten Studien."
    Um herauszufinden, ob dieser Kontrast auf die kleineren Stichprobengrößen früherer Studien oder auf geschlechtsspezifische Verzerrungen bei Umfragen zurückzuführen ist (z. B. eine stärkere Verzerrung durch soziale Erwünschtheit bei Frauen), verglich er die Ergebnisse von echten Stimmzetteln mit Umfragedaten. "Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass große Umfragen ausreichend verlässliche Schätzungen für aggregierte Maße liefern, den Gender Gap aber für radikalere Parteien, wie die AfD, teils überschätzen."