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"Frauen wollen springen"

Bei den Nordischen Weltmeisterschaften im Februar im tschechischen Liberec sind erstmals WM-Titel auch im Skispringen der Frauen vergeben worden. Premieren-Weltmeisterin wurde die Amerikanerin Lindsey Van vor Ulrike Gräßler aus Thüringen. Unter Experten wurde die Premiere als ausbaufähiger Auftritt gewertet, der der Sportart einen Schub geben kann. Davor bereits hatte das Internationale Olympische Komitee IOC den Springerinnen jedoch grünes Licht für die Winterspiele in Vancouver 2010 verweigert. Die Betroffenen wehren sich dagegen.

Von Gerd Michalek | 18.04.2009
    Im Oktober 2008 haben zehn Skispringerinnen vor dem obersten Gericht der kanadischen Provinz British Columbia Klage erhoben: Sie fühlen sich gegenüber Männern diskriminiert: Das Organisationskomitee der Olympischen Spiele (VANOC) verstoße gegen die kanadische «Charta der Rechte und Freiheiten». Begründung: Frauen werde die Erlaubnis verweigert, es 2010 den Ski-springenden Männern gleichzutun.

    Im März schlossen sich weitere fünf Klägerinnen der Klage an, es sind aktive Springerinnen- wie die Nummer Fünf der Welt, die Kanadierin Nata de Leeuw. Die insgesamt 15 Klägerinnen werden auch von deutschen Springerinnen unterstützt. Am kommenden Montag wird eine fünftägige Anhörung beginnen, die mit einem Richterspruch endet.
    Weltmeisterin Lindsey Van aus den USA ist skeptisch, ob das Gericht im Sinne der Sportlerinnen urteilt:

    "Ich habe kein Vertrauen, dass die Leute auf oberster Ebene die richtige Entscheidung für unseren Sport treffen. Falls nicht, sehe ich keine Perspektive. Ich sehe viele Mädchen, die aufhören, weil sie keine Möglichkeit finden. Wenn es die nicht gibt, welchen Sinn hat es dann, weiterzumachen? Wenn jede Tür, die du zu öffnen versuchst, von jemand zugemacht wird!"

    Das IOC vertritt bislang den Standpunkt, Frauen-Skispringen sei noch nicht ausreichend entwickelt. Außerdem habe die Disziplin das Olympia-Zulassungskriterium nicht erfüllt, Erfahrungen von mindestens zwei Weltmeisterschaften zu haben. Weltweit sind etwa 160 Skispringerinnen aus 18 Ländern beim Internationalen Ski-Verband FIS registriert. Eine Basis, die mindestens so breit ist wie im Damen-Bobsport oder im Damen-Eishockey, die längst olympisch sind. Für die Aktiven ist die Sichtweise des IOC entmutigend.

    Weil der Weg zu den Olympischen Spielen lang und steinig ist, haben viele Talente die Sprungski vorzeitig an den Nagel gehängt. Hinzu kommt, dass in Sotschi 2014 viele derzeitige Elite-Springerinnen über ihren Leistungszenit hinaus sein werden. Auch Jenna Mohr vom SC-Willingen wäre dann schon knapp 27 Jahre. Trotzdem sieht die WM-15. der Gerichtsentscheidung optimistisch entgegen:

    "Sicherlich habe ich noch voll und ganz die Hoffnung. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Wir haben unseren Verteidiger jetzt in Amerika getroffen. Es sieht wirklich gut aus, es wird auf einen Demo-Wettbewerb raus laufen, und es reicht auch erst mal. dann haben wir 2014 auf jeden Fall unsere Olympischen Spiele. Es geht einfach nur um die Gleichberechtigung, das meiner Meinung nach unter aller Sau ist. Und das tut schon weh als Frau, wenn man die anderen Sportarten sieht."

    Zwar hat der Internationale Skiverband FIS 2006 beim IOC den Antrag gestellt, das Damenspringen 2010 ins Programm zu nehmen. Doch nicht gerade mit besonderem Nachdruck, bemängeln die Aktiven. Die gegenwärtige Klage der 15 Sportlerinnen unterstützt die FIS nicht wirklich, weil sie sich ebenfalls mehr oder weniger deutlich das IOC-Argument mangelnder Olympia-Reife zu Eigen macht.