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Frauenfußball im TV
Verschenktes Potenzial

ARD und ZDF übertragen alle Spiele der Fußball-WM der Frauen. Die Frauen-Bundesliga oder die Champions League in Deutschland live zu sehen, ist dagegen nicht so einfach - worunter die Popularität des Frauenfußballs leidet. Dabei zeigen andere Länder, wie die Sportart erfolgreich vermarktet werden kann.

Von David Freches | 06.06.2019
Die deutsche Fußballnationalspielerin Alexandra Popp läuft beim Testspiel gegen Chile mit dem Ball am Fuß an ihrer Gegenspielerin vorbei.
Das letzte Vorbereitungsspiel der DFB-Frauen vor dem WM gegen Chile war nicht im TV zu sehen, sondern nur via Stream im Netz. (imago images / Kirchner-Media)
Es stand schon mal besser um den deutschen Frauenfußball. Die Teams waren international schon mal erfolgreicher, die Zuschauerzahlen höher und die Begeisterung für den Sport insgesamt größer - vor allem, wenn man sieht, wie gut der Frauenfußball zurzeit in Frankreich, England oder Spanien ankommt. Aber woran liegt das?
"Die großen Sender sind da wesentlich aktiver noch als bei uns."
Dietmar Ness ist international als Manager und Spielerinnenberater tätig. Auch wenn es nicht ausschlaggebend ist, findet Ness: Die schwache Medienpräsenz trägt ihren Teil zum Blues im deutschen Frauenfußball bei. Das meint auch Juliane Meuser, Macherin des Podcasts "Lottes Erbinnen": "Es könnte deutlich besser sein."
Kaum Frauenfußball-Übertragungen in Deutschland
"Lottes Erbinnen" ist einer der wenigen Frauenfußball-Podcasts, in dem es um Spieltage und Neuigkeiten geht - aus den deutschen und internationalen Ligen. Meuser ist Expertin, weil sie extrem viel Frauenfußball guckt - auch wenn's schwer ist, überhaupt mediale Angebote zu finden.
"Die Spiele werden kaum bis gar nicht beworben und sind dann sowas wie Dienstag um 16 Uhr. Wer guckt da Frauenfußball, jetzt mal ganz im Ernst?!"
Fußballschauen ist für die Podcasterin die stete Suche nach wechselnden Sendern, Streams oder Anstoßzeiten. In der Bundesliga werden nur zwei von sechs Spielen überhaupt live gezeigt, beim kostenpflichtigen Streaming-Anbieter Magenta. Eines der beiden Spiele kommt meist zusätzlich und je kostenlos auf Sport 1 oder auf DFB-TV - dort laufen auch die Zusammenfassungen der anderen Partien. Im Pokal ist die ARD erst ab dem Halbfinale live dabei, Länderspiele teilt sie sich mit dem ZDF. Kompliziert wird es bei der Champions League - denn ob und wie übertragen wird, handeln die jeweiligen Vereine hier eigenständig mit den Sendern aus.
"Man muss sich da schon sehr aktiv hinwenden - also, das wird sozusagen vom Frauenfußball-Fan verlangt."
Hoher Stellenwert in England und Frankreich
In England ist das anders. Hier zeigen der Pay-TV Sender BT Sports und mit der BBC auch ein öffentlich-rechtlicher Sender ausgewählte Spiele aus allen Wettbewerben live. Auch darüber hinaus spielt Frauenfußball bei der BBC eine Rolle: Auf BBC Three läuft bereits die zweite Staffel einer Serie über das Erstliga-Team von West Ham United. Und BBC One hat die englischen Nationalspielerinnen für eine Langzeit-Doku privat begleitet. Hier der Moment, in dem Leah Williamson erfährt, dass sie für die WM in Frankreich nominiert ist - die erste in ihrem Leben.
"Leah, it is with pleasure that I’d like to inform you that you have been selected to represent England at the FIFA Women’s World Cup 2019!"
Auch in Frankreich hat der Frauenfußball großen Stellenwert. Der Pay-TV-Anbieter Canal+ zeigt hier alle Liga-Spiele live. Der größte Privatsender des Landes, TF1, hat zudem das Champions-League-Finale live übertragen. Und Frankreich hat Laure Boulleau, sagt Manager Dietmar Ness - eine ehemalige Nationalspielerin und landesweit beliebte TV-Expertin.
"Laure Bolleau, die jetzt als Co-Moderatorin eingesetzt wird, bei Frauen-, aber auch bei Männerübertragungen. Sie hat bei Paris St. Germain eine sehr wichtige Rolle, sie macht auch Interviews mit Neymar."
Übertragungen für ARD und ZDF zu unattraktiv
Boulleau bringt die Leute dazu einzuschalten, egal welches Geschlecht spielt. Das fällt aber vor allem auf den Frauenfußball zurück, so Ness. In Deutschland sind solche umfangreichen Übertragungen etwa von ARD oder ZDF gerade nicht realistisch - es schauen zu wenig Menschen zu, meint Andreas Lauterbach vom ZDF. Er ist verantwortlicher Redakteur für diese WM.
"Zugegeben ist, dass die Erfolgsquoten bei den Frauen jetzt nicht in einem Schnitt sind, dass es besonders attraktiv wäre, sie zu senden."
Sky kommt ebenfalls nicht in Frage, Frauenfußball spielt in der Nachfrage der Abonnenten keine Rolle, so der Sender. Auch Eurosport bringt keine Spiele, weil der Sender aktuell keine Rechte hat. Was also tun? Eine Chance, den Frauenfußball wieder präsenter zu machen, sind Livestreams, sagt ZDF-Mann Lauterbach:
"Da sehe ich schon noch Potenziale, auch zu sagen: Ja, man kann das schon im Livestream machen. Und dann gibt es auch wieder Möglichkeit zu anderen Uhrzeiten - dass wir da auch wieder vorankommen, um mehr Frauenfußball ins Programm zu bringen."