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Dakota aus Amsterdam
Auf der Suche nach dem Kleeblatt

Ein Album als Grundkurs im Verschwinden-Lernen? "Here's The 101 On How To Disappear" - so heißt das Debüt der niederländischen Band Dakota. Für ihren Wunsch, der Öffentlichkeit zu entfliehen - gerade in einer Zeit, in der man eine neue Platte herausbringt - gibt es einen ernsthaften Hintergrund.

Von Bettina Brecke | 16.02.2019
    Die vier Musikerinnen der niederländische Band Dakota
    Die vier Musikerinnen der niederländischen Band Dakota (Bibian Bingen)
    Ein Interview ohne Frontfrau. Ungewöhnlich, aber bei Dakota verständlich. Sängerin Lisa Brammer leidet unter Depressionen, und vor einiger Zeit wurde bei ihr eine Borderline-Persönlichkeitsstörung diagnostiziert. Das führt zu Spannungen in der Band – sowohl negativ, als auch positiv.
    Die Musik ist immer die Konstante der vier Frauen, und den Rest drumherum versucht man nun, so gut wie möglich aufzuteilen. Zur Not zu dritt, wie Bassistin Lana Kooper erklärt: "Der Druck wurde etwas zu groß für Lisa. Trotzdem haben wir uns dazu entschlossen, das Album und die Single herauszubringen, und wir drei machen so viel Promo wie möglich. So geben wir Lisa Zeit für sich selbst, um an sich und ihre Gesundheit zu denken, anstatt mit uns arbeiten zu müssen. Ohne den Druck, den man zwangsläufig in einer Band hat."
    Depression als reales Band-Thema
    Bei so viel Offenheit ist es nicht überraschend, dass Brammers Depression auch auf dem Debütalbum von Dakota vorkommt – wenn auch eher als Anlass, um über Beziehungen zu sprechen: Beziehungen zu Freunden, zur Familie, zu Partnern, bei denen ihre Depression auch eine Rolle spielt, aber nicht zwangsläufig das Miteinander bestimmt. Und vieles davon lässt sich auch auf den Alltag anderer Mitzwanziger übertragen. Die Melancholie schwingt in den nachdenklichen Dream-Pop-Songs immer mit, ein durchgehend trauriges Album ist "Here's The 101 On How To Disappear" jedoch nicht. Das bestätigen auch Jasmine van der Waals und Lana Kooper.
    Jasmine van der Waals: "Es wäre zu einfach zu sagen, dass es nur ein trauriges Album ist. Es ist nicht so eindimensional. Die Platte ist offen für Interpretationen - sowohl für den Hörer, als auch für mich selbst, als Band-Mitglied."
    Lana Kooper: "Und manche Songs geben auch Hoffnung. Klar, sind sie auch traurig, aber es geht auch immer darum, diese Traurigkeit zu überwinden."
    Suche nach der perfekten Beziehung
    In "Notice" singt Lisa zum Beispiel von der Angst sich in einer Beziehung nicht mehr zuzuhören und sich nicht mehr zu beachten. In "Icon" wird ein Betrug verarbeitet und geschildert, wie es ist, die neue Frau an der Seite des Ex-Partners zu sehen, die nun gefühlt mehr wert ist, als man selbst. Und in ihrer neuen Single "Four Leaves Clover" geht es, wie Annemarie van den Born erzählt, um die schwierige Suche nach der perfekten Beziehung:
    "Ein 'Four Leaf Clover', also ein vierblättriges Kleeblatt ist offensichtlich etwas, das du nie finden kannst, wenn du danach suchst. Es steht also symbolisch für eine Beziehung, die perfekt ist und in deinem Leben bleiben soll. Es geht auch um die Frage, ob so eine Beziehung überhaupt existiert."
    Etwa drei Jahre lang haben Dakota gemeinsam an ihrem Debütalbum gearbeitet. Herausgekommen sind 13 geschmeidige Songs, in denen Sehnsüchte auf die schwierige Realität treffen.
    Dream-Pop vermischt sich mit Indie-Rock und übermittelt dabei etwas zutiefst Beruhigendes und Tröstendes. Das liegt wohl auch an dem Zusammenspiel der vier Frauen. Kein Instrument drängt sich in den Vordergrund, die Textzeilen sind einfühlsam und einnehmend und zwischendurch gibt es genügend Atempausen.
    "Here's The 101 On How To Disappear" ist ein Album, das seinem Namen entgegen, nicht so schnell aus dem Gedächtnis verschwindet.