Dem dänischen Maler des 17. Jahrhunderts entging kein Detail. Er schaute genau hin, denn er hatte etwas Fremdes zu porträtieren: Eskimos. Ein dänisches Schiff brachte 1654 drei Männer und eine Frau aus Grönland mit auf den europäischen Kontinent. Doch warum wurden sie porträtiert? Sie sahen einfach nur anders aus. Fremde Gesichtszüge waren Grund genug, um damals Europäer in Erstaunen zu versetzen. Das Ölgemälde bildet den Auftakt zu einer mit sechshundert Exponaten bestückten Schau im Pariser Musée du Quai Branly, die mit "Exhibition", "Zurschaustellung" betitelt ist.
Mit Gemälden, Aquarellen, Plastiken, Plakaten, Fotos und Filmsequenzen wird versucht, der "Erfindung des Wilden", so der Untertitel, nachzuspüren. Hierbei geht der Blick zunächst weit zurück. Schon um 1550 ließ Heinrich II. brasilianische Tupinamba-Indianer gegen normannische Seemänner antreten wie ein alter Stich zeigt. Ganz anders wollte es das Schicksal mit Omai, einem gut aussehenden Südsee-Insulaner, der, wie ein Gemälde zeigt, 1774 am englischen Königshof eine kurze Karriere machte, bevor ihn Captain Cook wieder mit in den Pazifik nahm.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts dann durften sich nicht nur die europäischen Eliten am Exotischen ergötzen. Es entstanden "Menschen-Zoos" für ein breites Publikum in den Hauptstädten der Kolonialmächte. In London und Paris wurde um 1815 Saartje Baartman aus Südafrika als die "Hottentotten-Venus" zur Schau gestellt. Fotos zeigen die damals betriebenen Rassenstudien.
Doch auch eine andere Art von "Zurschaustellung" wird thematisiert. Plakate versprachen Mitte des 19. Jahrhunderts skurrile Sensationen. Die siamesischen Zwillinge Chang und Eng, eine Familie aus Burma, deren Mitglieder allesamt am ganzen Körper behaart waren und nicht zuletzt der "Elefantenmann" John Merrick konnten gegen Eintrittsgeld bestaunt werden.
Ihr Hauptaugenmerk richtet die Pariser Schau jedoch auf die Kolonialausstellungen. Ein kurzer Dokumentarfilm vermittelt eindrücklich ihre Geschichte.
Vom Anfang des 19. Jahrhunderts bis zum Ende der 30er-Jahre, wie die Sprecherstimme aus dem Off erklärt, kamen rund 800 Millionen Besucher in Ausstellungen und zoologische Gärte, um über 30 Tausend "Zurschaugestellte" zu bestaunen. Diese waren aus den Kolonien Afrikas, Asien oder Ozeaniens nach Europa verschleppt worden. Auf den Kolonialausstellungen bevölkerten sie dann nachgebaute Eingeborenen-Dörfer und hatten dort Alltagsleben zu simulieren. Und ein neugieriges Publikum schaute ihnen hierbei zu.
Von dem "kleinen Neger Nénufar", der seine zentralafrikanische Heimat verlässt, um zur Kolonialausstellung nach Paris zu kommen, sang Alibert 1931. Dabei schilderte er Nénufar als stupide und unkultiviert.
Mit dem Wilden und dem Exotischen ließ sich schließlich aber auch noch anders Geld verdienen. Ein Aquarell Adolf Menzels zeigt eine Zulu-Gruppe, die mit Federn und Pantherfellen ausgestattet durch Europa tingelte, am Erlös dieser Tournee aber sicher nicht beteiligt war. Pygmäen oder Aborigines hatten, wie Plakate ankündigten, als Kannibalen aufzutreten und William Cody, alias Buffalo Bill, engagierte Sioux-Indianer für sein Wild West Spektakel.
Die Pariser Schau führt aber noch eine andere Spezies vor, die derjenigen, die ganz selbstbestimmt von der eigenen exotischen Erscheinung profitierten und diese meist künstlerisch einzusetzen wussten.
Josephine Baker, in der Schau in einem kurzen Filmausschnitt zu sehen, tänzelte im berühmten Bananen-Röckchen durch die Varietés. Gehört sie wirklich in diese Ausstellung?
Die Pariser Ausstellung geht weit über das hinaus, was sie eigentlich mit der "Erfindung des Wilden" zu zeigen beabsichtigte. Warum wurde der Schwerpunkt, die brutale Zurschaustellung fremder Ethnien durch die Kolonialmächte nicht breiter beleuchtet? Warum wird die zeitgenössische Kritik dieser Praxis wie beispielsweise der vehemente Aufruf der Surrealisten zum Boykott der Kolonialausstellung von 1931 nicht ansatzweise thematisiert? Auch das Elend der an westlichen Krankheiten zugrunde gegangenen Verschleppten findet nur am Rande Erwähnung. Dennoch kommt der Besucher zu der erschreckenden Einsicht, dass die reißerische "Zurschaustellung" des Fremden und vermeintlich "Wilden" oder menschenverachtende Plakatwerbung etwa für die "Völkerschau der aussterbenden Lippen-Negerinnen" noch keine einhundert Jahre zurückliegen.
Mit Gemälden, Aquarellen, Plastiken, Plakaten, Fotos und Filmsequenzen wird versucht, der "Erfindung des Wilden", so der Untertitel, nachzuspüren. Hierbei geht der Blick zunächst weit zurück. Schon um 1550 ließ Heinrich II. brasilianische Tupinamba-Indianer gegen normannische Seemänner antreten wie ein alter Stich zeigt. Ganz anders wollte es das Schicksal mit Omai, einem gut aussehenden Südsee-Insulaner, der, wie ein Gemälde zeigt, 1774 am englischen Königshof eine kurze Karriere machte, bevor ihn Captain Cook wieder mit in den Pazifik nahm.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts dann durften sich nicht nur die europäischen Eliten am Exotischen ergötzen. Es entstanden "Menschen-Zoos" für ein breites Publikum in den Hauptstädten der Kolonialmächte. In London und Paris wurde um 1815 Saartje Baartman aus Südafrika als die "Hottentotten-Venus" zur Schau gestellt. Fotos zeigen die damals betriebenen Rassenstudien.
Doch auch eine andere Art von "Zurschaustellung" wird thematisiert. Plakate versprachen Mitte des 19. Jahrhunderts skurrile Sensationen. Die siamesischen Zwillinge Chang und Eng, eine Familie aus Burma, deren Mitglieder allesamt am ganzen Körper behaart waren und nicht zuletzt der "Elefantenmann" John Merrick konnten gegen Eintrittsgeld bestaunt werden.
Ihr Hauptaugenmerk richtet die Pariser Schau jedoch auf die Kolonialausstellungen. Ein kurzer Dokumentarfilm vermittelt eindrücklich ihre Geschichte.
Vom Anfang des 19. Jahrhunderts bis zum Ende der 30er-Jahre, wie die Sprecherstimme aus dem Off erklärt, kamen rund 800 Millionen Besucher in Ausstellungen und zoologische Gärte, um über 30 Tausend "Zurschaugestellte" zu bestaunen. Diese waren aus den Kolonien Afrikas, Asien oder Ozeaniens nach Europa verschleppt worden. Auf den Kolonialausstellungen bevölkerten sie dann nachgebaute Eingeborenen-Dörfer und hatten dort Alltagsleben zu simulieren. Und ein neugieriges Publikum schaute ihnen hierbei zu.
Von dem "kleinen Neger Nénufar", der seine zentralafrikanische Heimat verlässt, um zur Kolonialausstellung nach Paris zu kommen, sang Alibert 1931. Dabei schilderte er Nénufar als stupide und unkultiviert.
Mit dem Wilden und dem Exotischen ließ sich schließlich aber auch noch anders Geld verdienen. Ein Aquarell Adolf Menzels zeigt eine Zulu-Gruppe, die mit Federn und Pantherfellen ausgestattet durch Europa tingelte, am Erlös dieser Tournee aber sicher nicht beteiligt war. Pygmäen oder Aborigines hatten, wie Plakate ankündigten, als Kannibalen aufzutreten und William Cody, alias Buffalo Bill, engagierte Sioux-Indianer für sein Wild West Spektakel.
Die Pariser Schau führt aber noch eine andere Spezies vor, die derjenigen, die ganz selbstbestimmt von der eigenen exotischen Erscheinung profitierten und diese meist künstlerisch einzusetzen wussten.
Josephine Baker, in der Schau in einem kurzen Filmausschnitt zu sehen, tänzelte im berühmten Bananen-Röckchen durch die Varietés. Gehört sie wirklich in diese Ausstellung?
Die Pariser Ausstellung geht weit über das hinaus, was sie eigentlich mit der "Erfindung des Wilden" zu zeigen beabsichtigte. Warum wurde der Schwerpunkt, die brutale Zurschaustellung fremder Ethnien durch die Kolonialmächte nicht breiter beleuchtet? Warum wird die zeitgenössische Kritik dieser Praxis wie beispielsweise der vehemente Aufruf der Surrealisten zum Boykott der Kolonialausstellung von 1931 nicht ansatzweise thematisiert? Auch das Elend der an westlichen Krankheiten zugrunde gegangenen Verschleppten findet nur am Rande Erwähnung. Dennoch kommt der Besucher zu der erschreckenden Einsicht, dass die reißerische "Zurschaustellung" des Fremden und vermeintlich "Wilden" oder menschenverachtende Plakatwerbung etwa für die "Völkerschau der aussterbenden Lippen-Negerinnen" noch keine einhundert Jahre zurückliegen.