Freitag, 29. März 2024

Archiv

Fredda mit "Land"
Im eigenen Sound-Territorium

Das fünfte Album markiert eine wichtige Etappe in der Karriere der französischen Sängerin Fredda. Selbstbewusst nimmt sie die akustische Umsetzung in die Hand. Und sie setzt sich mit aktuellen, politischen Themen wie Migration und Flucht auseinander: Welche Böden teilen wir uns?

Von Marlene Küster | 10.06.2017
    Felslandschaft bei Moab, Utah
    Fredda wollte unbedingt den Feinschliff des Albums in Arizona realisieren - mexikanischen Trompeten lassen die Weite der Wüste Arizonas aufleben (Imago)
    "Das Wort Land findet man in der deutschen, englischen und französischen Sprache. Mit dem Buchstaben e am Ende bezeichnet es eine Region in Südwestfrankreich. Land gibt es auch in der Literatur von Virginia Woolf als ein großes Gebiet. Hier geht es um ein offenes Areal für alle, die es gern in Besitz nehmen möchten, egal woher sie kommen", sagt die französische Sängerin Fredda über die mehrsprachige Bedeutung des Titels ihrer aktuellen Platte "Land". Hier erschafft sie ihr eigenes Sound-Territorium.
    Dieses Mal hat sie die akustische Umsetzung – die Arrangements und die Realisation – selbst in die Hand genommen und den Klang gestaltet: "Ich machte zunächst die Aufnahmen in meinen eigenen vier Wänden und dann den Mix mit Jim Waters. Ich hatte alle meine Klangbeispiele in meinem Diktiergerät dabei und konnte durch meinen Gesang zeigen, wie es klingen sollte."
    Fredda hat entschieden und selbstbewusst ihre akustischen Vorstellungen umgesetzt. Doch als sie nach Tucson, Arizona, reisen wollte, um dort mit dem Produzenten Jim Waters zusammen zu arbeiten, war dieser erst mal gar nicht davon begeistert: "Jim befürchtete ein französisches Groupie. Ich ließ mich nicht davon beeindrucken: 'Ich komme', sagte ich zu ihm entschieden. 'Ich arbeite nach meinem Rhythmus', entgegnete er. Ich ließ aber nicht locker. Zum Glück: Die Arbeit mit ihm war super. Wir mixten und fügten noch zu den Bläsern die für Tucson typischen Mariachi-Trompeten hinzu."
    Vom Folk geprägt
    Diese mexikanischen Trompeten lassen die Weite der Wüste Arizonas aufleben. Dort wollte Fredda unbedingt den Feinschliff des Albums realisieren. Denn sie hat ein Faible für Amerika und die US-Musik. Und diese Affinität hat sie nachhaltig geprägt.
    "Die Herangehensweise an meine Songs mit der Gitarre ist vom Folk geprägt. Meine Texte aber sind auf Französisch. Oft höre ich: Das ist französisches Chanson mit Pop-Folk-Einflüssen. Für mich ist das kein realistisches französisches Chanson, sondern französisches Chanson mit meinem persönlichen Stil und meinem Sound."
    Die Melodie für den Song "Dans la Lande" hat Fredda nach einer Nacht geschrieben, in der sie einen sehr inspirierenden Traum hatte: "Darin hörte ich Ayos Song 'Down On My Knees' – ein großer Hit in Frankreich. Als ich aufwachte, setzte ich mich sofort mit meiner Gitarre hin und hatte Ayos Lied noch im Ohr. Ich spielte die ersten Akkorde und so baute ich die einzelnen Gitarrenparts allmählich wie ein Legospiel zusammen."
    Die 47-Jährige hat immer einen Notizblock bei sich und hält spontan aktuelle Themen fest – Themen, die sie nicht loslassen: Entwurzelung, Heimatlosigkeit, Flucht und Migration etwa stehen im Fokus des Songs "Sur la lande":
    Wie viele Reisen
    ohne Ankunft,
    Auf wie viele Wege
    begeben wir uns zur Nacht
    Über Land ...
    Welche Böden teilen wir uns ...
    Tränenpfad ...
    Im Song "Matins Maquillés" verarbeitet Fredda die Anschläge vom 13. November 2015 in Paris und wie die Medien damit umgingen. "Seit diesem Tag haben wir unser inneres Gleichgewicht verloren. Seitdem nehmen uns die Medien gefangen."
    Fredda hat auf den elf Titeln des Albums "Land" ihre "Sound-Identität" gefunden: Anklänge von mexikanischen Mariachi-Trompeten, Violinen, Posaunen, Gitarren mit einem Flair von Folk – die Wahlpariserin, eine feinfühlige Beobachterin, die brisante gesellschaftliche Themen mit ihrer einzigartigen Stimme zur Sprache bringt.