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Frei von Einflussname?

Nicht immer können Forscher wirklich das erforschen, was sie für sinnvoll halten. Oft werden Ergebnisse blockiert - aus wirtschaftlichen oder politischen Überlegungen. In Trier haben sich Wissenschaftler zur 21. International Conference on Higher Education getroffen und diskutiert, wie sich solche Missstände verhindern lassen.

Von Wolfgang Lenders |
    Den Inhalt der Tagung haben die Organisatoren wörtlich genommen: Werte wie Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit werden auf der Konferenz groß geschrieben. Sie ist an keine internationale Organisation gebunden wie etwa die UNESCO oder die OECD. Das betont der Organisator der Tagung Ignaz Bender, ehemaliger Kanzler der Universität Trier und Präsident der Konferenz:

    "Wir laden Leute aus der ganzen Welt ein. Und das hat den Vorteil, dass viele Länder hier teilnehmen, die versuchen, ihr Hochschulwesen auch auf ein Niveau zu bringen, dass sie einigermaßen konkurrenzfähig werden."

    Glaubwürdigkeit von Hochschulen bedeutet auch, dass die Forschungsergebnisse frei von Einflussname zustande gekommen sind. Und dass jemand, der einen akademischen Titel trägt, auch wirklich die dafür vorgeschriebenen Leistungen erbracht hat und sich den Titel nicht einfach gekauft hat. Ein weiteres großes Problem in vielen Ländern sieht Bender auch in der Korruption. Als eine Ursache nennt er die schlechte Bezahlung vieler Wissenschaftler:

    "Das ist ein Entwicklungsprozess: je entwickelter und auch einigermaßen solide bezahlt die Menschen an den Hochschulen sind, umso weniger kommt es vor. Wenn die Bezahlung niedrig ist, dann ist die Anfälligkeit für Bestechung, für Korruption, sehr viel größer."

    Aber eine einigermaßen gute Bezahlung ist keine Garantie, dass Wissenschaftler ehrlich sind. In China zum Beispiel sind die Gehälter an den Hochschulen in den letzten Jahren gestiegen. Trotzdem ist das Problem nicht kleiner geworden. Im Gegenteil, sagt Professor Haohao Li aus Schanghai:

    "Momentan gibt es immer mehr akademische Korruption in der chinesischen Hochschule. Die chinesische Regierung und auch die chinesischen Akademiker sind in sehr großer Sorge aufgrund dieses Problems."

    Das liege, so Li, vor allem auch am großen Erfolgsdruck, unter dem die Wissenschaftler stehen:

    "Jetzt gibt es in China sehr starken Druck für Professoren oder auch für junge Akademiker. Sie müssen jedes Jahr viele Aufsätze, viele Forschungsprojekte zeigen, dann können sie erst Honorar kriegen. Das ist nicht gut."

    Haohao Li hat ein komplexes ökonomisches Modell entwickelt, das das Problem des Betrugs an Hochschulen beschreibt und Lösungsmöglichkeiten aufzeigt. Im Kern fordert er: Rahmenbedingungen, unter denen ein Betrug leichter auffliegt und vor allem höhere Strafen, die wirklich eine abschreckende Wirkung haben.

    Doch es sind nicht immer nur Einzelpersonen, die aus Eigennutz betrügen und damit die Freiheit der Hochschulen in Gefahr bringen. Es gibt auch Situationen, wo Wissenschaftler, die eigentlich sauber forschen wollen, von außen unter Druck gesetzt werden. Und zwar dann, wenn Firmen Forschung in Auftrag geben und das Ergebnis mitbestimmen. Besonders gefährdet sind naturwissenschaftliche Fächer, sagte bei der Konferenz die Wissenschaftsjournalistin Antje Bultmann:

    "Weil da ja eben diese Risikotechnologien eben eine ganz große Rolle spielen. Also Nanotechnologie, Atomtechnologie und dann Mobilfunktechnologie, bei denen ist es besonders heikel. Sozialwissenschaftler können sich vielleicht ganz gut auch rausreden und bei denen kann man auch vielleicht die Ergebnisse von vornherein schon voraussagen, was die dann rauskriegen sollen."

    Für Bultmann liegt darin ein grundsätzliches Problem. Denn viele Hochschulen sind auf das Geld aus der Wirtschaft für Forschungsaufträge angewiesen. Das wird man zwar nicht völlig ändern können. Aber auch nicht einfach so hinnehmen, fordert Bultmann. Und appeliert an Moral und Initiative der Hochschulen:

    "Ich finde, dass die Universitäten unbedingt wieder mehr Selbstbewusstsein bekommen müssen, dass sie wissen müssen, was sie da eigentlich machen. Dass eben die Wissenschaft etwas ganz Großartiges ist, und ohne Wissenschaft kommen wir ja eigentlich auch nicht aus."