Freitag, 19. April 2024

Archiv


Freiburger Öko-Institut checkt Ökostrom

Die Forscher des Freiburger Öko-Instituts haben sich erneut mit dem Markt für Ökostrom auseinandergesetzt. Ihre aktualisierte EcoTopTen-Liste von Ökostrom-Tarifen, die ihrer Ansicht nach zu Recht so genannt werden dürfen, hilft beim privaten Atomausstieg.

Von Christian Quiring | 01.04.2011
    EcoTopTen, ein Ranking der besten Zehn? Nein, das Öko-Institut in Freiburg meint zehn Produktgruppen: Textilien, Fertighäuser oder - ganz aktuell - eben auch Öko-Strom für Privatkunden. Die Projektleiterin achtet darauf, dass die Tarife maximal 20 Prozent teurer sind als herkömmliche.

    "Hintergrund für die 20-Prozent-Grenze sind Ergebnisse aus der Verbraucherforschung, die einfach zeigen, dass Verbraucher durchaus bereit sind, mehr auszugeben für ein ökologisches Produkt, aber eben nicht mehr als 20 Prozent."

    Dr. Dietlinde Quack ist Expertin für Produkte und Stoffströme. Sie kann nun 17 bundesweit verfügbare Tarife empfehlen, darunter drei, die binnen Jahresfrist hinzukamen: "Mein Öko-Tarif" von E.ON in Köln, das gemeinsame Angebot von badenova und Tengelmann, "GrünHausStrom plus", sowie die Marke "Grüner Strom" von Tchibo Hamburg. Jedes Angebot muss den Öko-Institutskriterien entsprechen.

    "Entweder, dass es das ok-power-Siegel besitzt, das Grüner-Strom-Label in Gold oder dass es eben separat nachweist, dass es zu 100 Prozent aus Regenerativen beziehungsweise KWK, Kraft-Wärme-Kopplung bereitgestellt wird, maximal 50 Prozent KWK und dass ein bestimmter Anteil Neuanlagen sind, also 50 Prozent der Anlagen sind nicht älter als zwölf Jahre."

    Ein Kraftwerkspark darf nicht veralten. Gewinnt ein Anbieter neue Kunden, muss er nach diesen Kriterien stets dafür sorgen, dass auch neue Sonnen-, Wind- und Wasserkraftanlagen gebaut werden. Zweitens: Der Strom darf nur aus erneuerbaren Quellen stammen oder muss effizient erzeugt werden. Wenn schon Erdgas verfeuert wird, dann nur nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung.

    "Kraft-Wärme-Kopplung bedeutet, dass gleichzeitig Strom und Wärme bereitgestellt ist, was den Wirkungsgrad einfach erhöht. Deswegen sind die Anlagen aus unserer Sicht empfehlenswert. Sie laufen mit fossilen Energien, aber als echte Brückentechnologie sind sie mittelfristig notwendig."

    Puristen raten auch ab, Öko-Strom von den großen Stromkonzernen zu beziehen, die ihr Hauptgeschäft mit Atom- und Kohlestrom machen. Das Öko-Institut hingegen sieht das Produkt selbst, nicht anders als beim Biosiegel.

    "Da können Sie sich ja auch entscheiden, ob Sie im Discounter das Bio-Produkt kaufen oder in einem Bioladen. EcoTopTen unterstützt die Entscheidung in der Hinsicht, dass wir darstellen, wer hinter dem jeweiligen Anbieter steckt. Es kann eben jeder dann sagen: okay, ich gehe lieber zu Lichtblick oder ich nehme ein Produkt von Vattenfall, was die Kriterien erfüllt."

    Für welchen Strommix etwa auch Vattenfall steht, wird allerdings nicht angegeben. EcoTopTen erfasst dafür separat auch regionale Angebote. Ein Service für die Stromkunden, die Arbeitsplätze am Ort sichern wollen.

    "Auf der Regionalliste empfiehlt es sich natürlich in seinem Postleitzahlenbereich zu schauen, ob ein entsprechendes Angebot dabei ist. Und ob ich jetzt regionale Wertschöpfung unterstützen möchte oder es mir nur darauf ankommt, ein echtes Ökostrom-Produkt zu kaufen - wie gesagt: Eine breite Umstellung bei möglichst vielen Anbietern ist sehr begrüßenswert."

    Ist das eigene Stadtwerk nicht gelistet, hilft der online hinterlegte Kriterien-Katalog der Freiburger - als Checkliste.

    "Also, ich würde den Verbrauchern tatsächlich empfehlen, das Kriterien-Papier dem Anbieter zu schicken und ihn ganz konkret zu fragen, ob er diese Kriterien erfüllt. Es zeigt auch dem Anbieter: Da ist ein Interesse nach diesen Produkten - und kann vielleicht zum Nachdenken anregen."

    Um sich von der Atomkraft ab- und erneuerbarer Energie zuzuwenden, sei geprüfter Öko-Strom gut, sagt Dietlinde Quack. Als Ökologin fügt sie hinzu.

    "Der beste Öko-Strom bleibt aber natürlich der, der überhaupt nicht verbraucht wird. Dass ich drauf achte, dass insgesamt der Stromverbrauch einfach sinkt."