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Freie Auswahl

Niedersachsen hat ein neues Hochschulzulassungsgesetz. Damit genießen die Hochschulen weitgehende Wahlfreiheit. Sie dürfen sich - zumindest in einigen Studiengängen - ihre Studierenden selbst aussuchen. Die Auswahlverfahren müssen allerdings noch entwickelt werden. Entscheidend könnte auch Vorstellungsgespräche, Eignungstests, besondere Verdienste wie ein Preis bei "Jugend forscht” oder bestimmte Zeugnisnoten werden. Stellt sich schon jetzt die Frage: Welche Möglichkeiten eröffnet diese neue Freiheit und wer könnte eventuell darunter leiden?

Von Hans-Peter Fischer |
    Wissenschaftsministerium und Rektoren sind sich einig: Vom neuen niedersächsischen Zulassungsgesetz werden die Hochschulen profitieren. Roswita Iburg, Referentin im Wissenschaftsministerium.

    Als positive Erfolge erwarten wir, dass die Studienabbrecherquote gesenkt wird und dass eine Passgenauigkeit zwischen dem Bewerber und dem konkreten Studiengang erzielt wird.

    Welche Studierenden gut zu welchen Fächern passen, dürfen die Hochschulen schon ab dem kommenden Wintersemester eigenständig bestimmen. Ein Kriterium bleibt die Abinote. Entscheidend könnte auch anderes werden: Vorstellungsgespräche, Eignungstests, besondere Verdienste wie ein Preis bei "Jugend forscht” oder bestimmte Zeugnisnoten – je nach Vorstellung der Hochschule. Die Auswahlverfahren müssen allerdings noch entwickelt werden – und das kostet Geld, sagt der Präsident der FH Hannover, Werner Andres.

    Wir sind ja, wie jeder weiß, durch das Hochschuloptimierungskonzept schon arg gebeutelt, und insofern können wir weitere finanzielle Mittel für so etwas nicht bereitstellen, wir begrüßen einerseits das Verfahren, aber wir sehen nicht ein, dass wir das aus unseren Mitteln leisten, und erwarten auch Hilfe der Landesregierung.

    Außerdem haben viele niedersächsische Hochschulen ein Zeitproblem: Sie müssen in allen Fächern Auswahlverfahren anbieten, in denen die Zahl der Bewerber die der Plätze übersteigt. An der FH Hannover gilt das für nahezu alle Studiengänge vom Maschinenbau über BWL bis hin zu Öffentlichkeitsarbeit. Präsident Andres hält Auswahlprozeduren deswegen erst ab Herbst 2006 für realistisch. Diesen Zeitpunkt sieht das Gesetz als spätesten Starttermin vor – doch bei der Finanzfrage verweist es auf die Selbständigkeit der Hochschulen. Roswita Iburg.

    Wir haben zusätzlich in dem gerade beschlossenen Gesetz einen Gebührentatbestand eingeführt, dass für Auswahlverfahren oder Auswahltests Hochschulen eine kostendeckende Gebühr erheben können, sie müssen es nicht, es steht in der Entscheidung der Hochschule, ob sie diese erhebt und wenn, denn in welcher Höhe.

    Den Rektoren bleibt eine Alternative: Einsparungen im eigenen Haushalt. Die Studierendenvertretungen können sich für keine der beiden Lösungen begeistern. An niedersächsischen Hochschulen werde ohnehin kräftig gespart, eine weitere Gebühr könnte gerade Studierwillige aus armen Elternhäusern abschrecken. Die ASten lehnen das neue Zulassungsgesetz rundweg ab – v.a. weil es den Hochschulzugang einschränkt, sagt Maren Kaminski, Referentin des AStA der Uni Hannover.

    Bislang war es ja so, dass man mit dem Abitur ein Recht hat, einen Studienplatz zu erhalten, und diese Verfassungsgerichtsentscheidung wird auf jeden Fall ausgehebelt durch das neue Hochschulzulassungsgesetz in Niedersachsen.

    Das sieht das Wissenschaftsministerium etwas anders: Zugangsbeschränkungen gab es auch früher schon, z.B. durch NCs. Außerdem werden immer noch frei wählbare Studiengänge angeboten. Das könnte jedoch bedeuten: Wer keinen Platz im Maschinenbau oder für Jura ergattert, muss auf Ethnologie oder Technomathematik ausweichen.