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Freie Fahrt für freie Elektronen

Physik. - Im Februar dieses Jahres gab das Bundesforschungsministerium grünes Licht für vier neue wissenschaftliche Mammutprojekte in Deutschland. Das wohl ehrgeizigste Projekt will das DESY in Hamburg angehen: einen Röntgenlaser, der das mit Abstand stärkste Röntgenlicht der Welt erzeugen soll. Ursprünglich sollte der Laser zusammen mit dem Beschleuniger Tesla in Schleswig-Holstein stehen. Tesla liegt aber vorerst auf Eis. Auf einer Pressekonferenz gab das DESY nun den endgültigen Standort des Lasers bekannt.

Frank Grotelüschen |
    Der Röntgenlaser soll ab dem Jahr 2012 Röntgenblitze erzeugen, die bis zu einer Milliarde mal stärker als die bisherigen Laser sind. Davon können sehr viele Fachdisziplinen profitieren. Molekularbiologen etwa wollen Bilder von einzelnen Eiweißmolekülen aufnehmen und damit Grundlagenforschung für gezieltes Medikamentendesign betreiben. In der Physik sollen Reibungsprozesse mit Hilfe des Röntgenlasers untersucht werden, während Chemiker hoffen, den Ablauf von Reaktionen regelrecht filmen zu können. All das sind nur bereits geplante Experimente, aber womöglich offenbart der leistungsfähige Laser noch völlig neue Anwendungen.

    Basis des Lasers ist ein zwei Kilometer langer Teilchenbeschleuniger, eingebaut in einen Tunnel zwölf Meter unter der Erde. Er beschleunigt Elektronen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit, die dann durch einen 100 Meter langen Spezialmagneten gejagt und von ihm abgelenkt werden. Dabei senden sie kurze Röntgenblitze, aus denen dann schließlich starke Lasersignale gewonnen werden. Das Laserlicht wird dann noch auffächert, sodass zehn verschiedene Experimente gleichzeitig möglich werden. Alles in allem ist die Anlage damit 3,3 Kilometer lang.

    Ursprünglich sollte der Laser gemeinsam mit der viel größeren Tesla-Anlage gebaut werden, einem 33 Kilometer langen Beschleuniger für die Teilchenforschung. Dort sollte der Röntgenlaser als ein Teilprojekt integriert werden. Aus Platzgründen hätte Tesla in Schleswig-Holstein gestanden. Nun aber wird Tesla vorerst nicht gebaut, sodass der Standort für den Laser wieder zur Debatte stand. Mit einer salomonischen Lösung verbindet der Laser nun Hamburg mit dem benachbarten Bundesland: Beginnend beim DESY zieht sich der Beschleuniger Richtung Nordwest und endet unmittelbar hinter der Grenze zu Schleswig-Holstein, wo dann die Experimentierhalle steht. Mit eventuellen Finanzierungsfragen habe die Entscheidung aber nichts zu tun, so DESY-Forschungsdirektor Jochen Schneider: "Man braucht eine bestimmte Länge auch für den Strahlenfächer dahinter, und es ist halt gut ausgekommen."