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Freie Konkurrenz

Software. - Diese Woche ist Version 3.0 des freien Bürosoftware-Pakets "Open Office" herausgekommen. Und zwar zeitgleich für alle drei Betriebssystemplattformen: Windows, Linux und Mac. Das Paket besteht aus einer Textverarbeitung, Tabellenkalkulation sowie Präsentations- und Datenbank-Programm. Der Wissenschaftsjournalist Marcus Schuler stellt das Paket im Gespräch mit Manfred Kloiber vor.

    Kloiber: Marcus Schuler, wer steckt hinter "Open Office" und kann es sich leisten eine Software mit diesem Umfang kostenlos herauszubringen?

    Schuler: Um ganz genau zu sein, geht die Geschichte von "Open Office" bis ins Jahr 1984 zurück. Da gründete ein 16-jähriger Gymnasiast aus Lüneburg die Firma Star Division. Marco Börries schmiss damals die Schule und programmierte eine Textverarbeitung in Konkurrenz zur damaligen Microsoft-Software "Word". 1999 wurde die Firma von Sun Microsystems, einem amerikanischen Computer- und Softwarehersteller, für 70 Millionen Dollar aufgekauft. Im Jahr 2000 stellte Sun den Quellcode der Software unter der "Lesser General Public License", kurz LGPL ins Netz. Damit war sie kostenlos, sie kann also von jedem verändert und kopiert werden. Mehr als 450.000 Entwickler auf der ganzen Welt schrieben bislang an dieser Software mit. Schätzungsweise 100 Millionen Mal wurde sie heruntergeladen. Und es gibt mehr als 80 Sprachversionen. Finanzielle und logistische Unterstützung für das Projekt kommt unter anderem von Sun, IBM, Google, Red Hat und Novell.

    Kloiber: "Open Office" bringt - wie sein kommerzielles Pendant - eine Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentationssoftware mit. Was hat "Open Office" nicht, beziehungsweise, was bietet es, was Microsoft nicht hat?

    Schuler: Das größte Manko von "Open Office 3.0" ist das Fehlen eines so genannten PIM, eines Personal Information Managers. Bei Microsoft heißt der "Outlook" und ist nicht nur ein Email-Client zum Empfang und Versenden von Emails sondern auch ein Terminkalender. Dieser PIM fehlt "Open Office" schmerzlich. Die "Open Office" Entwickler haben aber angekündigt, langfristig den kostenlosen Mozilla-Client "Thunderbird" mit der Kalendersoftware "Lightning" integrieren zu wollen. Demgegenüber bringt "Open Office" aber ein einfaches Zeichenprogramm mit, sowie eine Datenbanksoftware. Die gibt es im Grundpaket von Microsoft nicht. Und noch ein weiterer wichtiger Unterschied: Aus "Open Office" kann man mit einem Klick auf das PDF-Icon PDF-Dokumente herstellen, ohne eine extra Software oder ein Add-In installieren zu müssen. Insgesamt lässt sich sagen: Mit dem kommerziellen Programm von Microsoft kann man besser Grafiken bearbeiten und Diagramme erstellen, dokumentenübergreifende Formatierungen gelingen sehr einfach, während Open Office mit einem hervorragenden Briefassistenten glänzt und eben jenem, bereits erwähnten PDF-Export.

    Kloiber: Wie muss man sich die Oberfläche vorstellen, worin unterscheidet sich die Bedienung?

    Schuler: Microsoft hat sich ja mit seiner jüngsten Version der Bürosoftware "Office 2007" von seinem ursprünglichen menübasierten Bedienkonzept verabschiedet. Diese kam vor anderthalb Jahren auf den Markt. Microsoft führte damals so genannte Ribbons ein, das sind Multifunktionsleisten, auf denen wichtige Funktionen als Piktogramm zu finden sind. Von den Nutzern der Software hagelte es Proteste, weil sich das Bedienkonzept doch grundlegend verändert hat. Anders dagegen "Open Office": Es setzt weiter auf das Menükonzept, das den alten Microsoft-Versionen übrigens stark ähnelt. Will sagen: Wer mit "Office XP" , der Vorgänger-Version von "Office 2007" gearbeitet hat, wird sich sehr schnell mit "Open Office" zurecht finden.

    Schuler: Kann man denn Dateien aus dem Microsoft-Format, also aus "Word" oder der Präsentationssoftware "Powerpoint" in "Open Office" überhaupt öffnen?

    Schuler: Ja, Microsoft-Dateien, egal ob Textverarbeitung oder Tabellenkalkulation lassen sich problemlos öffnen. Allerdings: Je komplexer ein Text, beispielsweise ein Brief gestaltet ist, mit Logos, Bilder und Tabellen, um so häufiger muss man händisch in "Open Office" nachjustieren. "Open Office" speichert seine Daten im XML-Standard ab. Dem hat sich zwar auch Microsoft mit "Office 2007" angeschlossen, setzt ihn aber nicht so konsequent um wie "Open Office". Auch der Weg "rückwärts" also von "Open Office" nach "Office 2007" von Microsoft funktioniert. Entweder man speichert in einem Microsoft-Format ab oder installiert unter "Office 2007" ein kostenloses Plug-in von Sun mit dem sich das "Open Office"-Format ODF problemlos importieren lässt. Überhaupt: "Open Office" verfügt über eine Menge von Filter, mit denen sich die verschiedensten Dateiformate importieren beziehungsweise exportieren lassen. Ein besonderes Highlight in Version 3: Aus der Präsentationssoftware "Impress" kann man seine Präsentation auch als Flash-Film exportieren.