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Freie Saat statt toter Ernte

Früher war eines klar: Hatten die Bauern im Herbst genug geerntet, stand ihnen damit auch Saatgut für das nächste Frühjahr zur Verfügung. Die Versorgung der Menschen war gesichert. Mit gentechnischen Methoden lassen sich Pflanzen heutzutage unfruchtbar machen. Verschiedene Umwelt- und Entwicklungsorganisationen ziehen gegen Agrokonzerne zu Felde.

Von Philip Banse |
    Es haben sich über 30 Organisationen zusammengeschlossen, um gegen diese so genannte Terminator-Technologie, also die Einführung sterilisierter Pflanzen zu protestieren. Das Bündnis vereint die Globalisierungskritiker von Attac, den Gentech-kritischen Verband BUKO, den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, den Evangelischen Entwicklungsdienst sowie die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft, um nur einige zu nennen.

    Dieses deutsche Bündnis versteht sich als Teil der weltweiten Kampagne gegen die Einführung von terminierten, also sterilisierten Pflanzen. In Deutschland sollen Protestpostkarten an Umweltminister Gabriel geschickt werden, mit der Aufforderung, die Technologie national wie international zu verbieten. Im Internet sollen Unterschriften gesammelt werden. Das Bündnis will Lobbying betreiben und überall dort präsent sein, wo Entscheidungen getroffen werden. Der wichtigste Termin steht im März an. Dann soll in Brasilien entschieden werden, ob die Konvention über biologische Vielfalt die sterilen Genpflanzen weiterhin verbietet. Vor allem Kanada und die USA drohen damit, die Terminator-Technologie kommerziell zuzulassen. Bauern könnten dann nicht mehr einen Teil der Ernte zurücklegen und im nächsten Jahr als Saat verwenden. Denn nach einmaliger Aussaat tötet ein implantiertes Gen den Keimling ab.

    Die Saatgutkonzerne argumentieren, nur so könnten sie ihre Zuchterfindungen schützen. Georg Jansen von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft vermutet jedoch, dass die Interessen der Saatkonzerne viel weiter gehen. Denn wer das Saatgut kontrolliere, kontrolliere auch, was bei uns auf den Tisch kommt, so Jansen.

    "Die Gentechnik-Konzerne haben deutlich angemeldet: Sie wollen die Lebensmittelerzeugung in den Griff bekommen, vom Acker bis zum Teller. Das heißt auch, dass dann fünf Multis entscheiden würden, was auf den Teller kommt. Hier haben Bauern und Verbraucher ein großes Interesse an Vielfalt. Deswegen hat die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft den Kampf um die beliebte Kartoffel Linda geführt. Das ist das Paradebeispiel. Wir wollen eine Vielfalt erhalten. Wir wollen selber bestimmen, was wir auf dem Teller haben wollen."

    Saatgutkonzerne befürworten die gentechnische Sterilisierung von Pflanzen noch mit einem anderen Argument. Sie sagen: Wenn sich gentechnisch veränderter Roggen oder Weizen nicht mehr reproduzieren kann, dann wird er sich auch nicht mit natürlichen Pflanzen kreuzen, eine ungewollte Verbreitung des gentechnisch manipulierten Getreides werde so verhindert. Noch mal der alternative Bauernfunktionär Georg Jansen:

    "Das ist ein ganz wildes Argument. Man versucht, eine fehlerhafte Technologie, nämlich die Gentechnologie, mit einer erneut fehlerhaften Technologie, nämlich der Terminator-Technologie, in den Griff zu bekommen. Die Pollen werden weiter fliegen, das ist unsere ganze bäuerliche Erfahrung. Man soll sich nichts vormachen. Der Teufel soll mit Belzebub ausgetrieben werden. Das funktioniert nicht."

    Auskreuzung der Gentech-Pflanzen - das befürchtet auch Rudi Bunzel vom Evangelischen Entwicklungsdienst. Er sagt, die so genannte Terminator-Technologie sei nicht ausgereift und zu riskant:

    "Die Technologie basiert ja darauf, den natürlichen Prozess der Reproduktion, also der Fruchtbarkeit auszuschalten. Das ist der grundlegende Prozess, auf dem unsere ganze Natur basiert. Das ist ein Angriff auf Grundelemente, mit denen jede Zelle funktioniert, ein Angriff auf die Lebensfähigkeit von natürlichen Systemen."