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Freie Schule Düsseldorf

Wer eine private Schule gründen will, braucht Kondition. Denn von der guten Idee über ein tragfähiges Schulkonzept und die behördliche Zulassung bis hin zum ersten Schultag ist es ein langer Weg. Wie lang, das zeigt Armin Himmelrath am Beispiel einer in Düsseldorf geplanten Freien Schule.

Von Armin Himmelrath | 29.11.2002
    Mehr als 20 Jahre ist Ulla Dörnemann schon als Lehrerin tätig. Erst an einem Gymnasium, dann "aus Überzeugung", wie sie sagt, an einer Gesamtschule. Bis heute unterrichtet die Anhängerin der Reformpädagogik hier, aber eigentlich will die 54jährige so schnell wie möglich raus aus dem Schuldienst. Ihr Ziel: Eine eigene Schule, privat getragen und nicht ins bürokratische Korsett der staatlichen Schulverwaltung gezwängt.

    Da gibt es natürlich diese großen Erziehungsziele - Selbständigkeit, ganzheitliche Erziehung - das sind Punkte, wenn die so allgemein gesagt werden, findet man die im Regelschulsystem auch. Das ist ja nichts, was die Reformpädagogik für sich beanspruchen kann. Es ist eine Frage der Umsetzbarkeit: Wenn ich als Schule in der Lage bin, kleine überschaubare Systeme herzustellen, dann hab ich schon den ersten Schritt gemacht. Indem ich nämlich das, was ich sage - Verantwortlichkeit lernen - möglich mache.

    Gerade das aber sei in den großen staatlichen Schulen mit ihren großen Klassen nicht möglich. In der Masse entstehe Beliebigkeit, bei Schülern und bei Lehrern. Mit dieser Gewissheit gründete Ulla Dörnemann vor vier Jahren mit Gleichgesinnten die Düsseldorfer Schulinitiative, um eine freie Ganztagsschule ins Leben zu rufen. Höchstens 350 Schüler sollen hier in den Klassen 5 bis 13 unterrichtet werden, der Unterrichtsbeginn ist für den Sommer 2003 terminiert. Doch bevor das Konzept einer besonderen Lernoase für wissensdurstige Schülerinnen und Schüler mit besonderer Förderung für Hochbegabte in die Realität umgesetzt werden kann, müssen etliche bürokratische Hürden genommen werden. Das reicht von einem schlüssigen pädagogischen Konzept bis zur Finanzierung, vom Nachweis geeigneter Unterrichtsräume bis zur Qualifikation der Lehrkräfte. Sind alle diese Voraussetzungen erfüllt, dann erfolgt die Anerkennung durch das Land.

    Doch der Rückenwind aus den zuständigen Ministerien ist bisher eher verhalten, sagt Ulla Dörnemann:

    Wir haben, sage ich mal so, keine bekennenden Fans in der Landesregierung, und es gibt in Einzelgesprächen ganz oft - mit wem auch immer: Ja, das ist genau das richtige, so muss das sein; ja, das hätte ich auch gerne so gemacht; genau davon haben wir auch mal geträumt, eine eigene Schule und genau so. Und wenn's dann an die Umsetzung geht, dann heißt es: Die politische Linie lässt das nicht zu, und da sind sich die beiden großen Parteien ja doch sehr, sehr einig, dass sie das Bildungsmonopol in Händen halten wollen.

    Und aus bürokratischer Sicht ist es besonders leicht, privaten Schulprojekten Steine in den Weg zu legen. Ein Beispiel sei die Frage des Schulgebäudes. Bisher, sagt Ulla Dörnemann, habe sich die Stadt Düsseldorf nicht in der Lage gesehen, der Schulinitiative zu helfen.

    Obwohl es Raum gibt in Düsseldorf, der frei steht, wird der teilweise für andere Sachen verwendet. Richtig geärgert habe ich mich über so eine Grundschule, die ganz viel freien Platz hat, und da ist dann in Verträgen mit der Stadt Düsseldorf dieser freie Raum an einen Turnverein weitergegeben worden. Jetzt wird ein Seitengebäude umgebaut zu einem Mitgliederhaus. Und das, finde ich, ist eigentlich eine Zweckentfremdung. Wir müssen uns jetzt fürchterlich mühen, ein Gebäude im Gewerbegebiet umzubauen in Schulraum, dass das anerkannt wird, das kostet furchtbar viel Geld. Und andererseits gibt es da Schulraum, der jetzt in ein Fitnesscenter umgewandelt wird, betrieben von einem Turnverein. Und das alles mit hochoffizieller Unterstützung.

    Deshalb fühle sie sich manchmal wie der Prophet, der im eigenen Land nichts gilt. Denn außerhalb des Rheinlands stößt das Konzept der Freien Schule Düsseldorf auf erstaunliche Zustimmung, berichtet Ulla Dörnemann.

    Wir haben eine Kooperation mit Südschweden, obwohl wir noch gar keine Schule haben. Wir bekommen ein Kooperationsangebot vom südschwedischen Schulministerium, weil in unserem Konzept die Begabtenförderung genau demjenigen entspricht, wo die auch arbeiten, und sie wünschen einen Austausch. Und wir haben Anmeldungen aus der Schweiz, Nachfragen aus München und woher auch immer.

    Die Nachfrage ist so groß, dass bereits jetzt keine Anmeldungen mehr für das fünfte Schuljahr angenommen werden können, das im Spätsommer 2003 beginnen soll. Und das, obwohl die Initiatoren mit rund 150 Euro monatlich rechnen, die Eltern für den Schulbesuch ihrer Sprösslinge aufbringen müssen. Dieser großen Zuspruch vor allem von Eltern und Kollegen sei es auch, der ihr immer wieder Kraft und Zuversicht gibt, sagt Ulla Dörnemann. Die Zuversicht nämlich, dass in gar nicht so ferner Zukunft der Traum von der eigenen, freien Schule Wirklichkeit wird - trotz aller bürokratischen Fallstricke im Vorfeld.

    In zwei Jahren - wenn wir dann laufen - werden all diejenigen, die auch jetzt schon in privaten Gesprächen sagen: 'Das ist eine tolle Idee', die werden sagen: Wir haben das immer schon gut gefunden und wir haben das intern ja schon immer unterstützt.

    Infos zum Thema

    Düsseldorfer Schulinitiative e.V. c/o Inge Amen Liebfrauenstr. 33 40591 Düsseldorf