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Freie Schulform im Grenzgebiet

Im Grenzgebiet von Deutschland, Tschechien und Polen gibt eine besondere Schulform: die Schkola. In der Schule in Oberland lernen die überwiegend deutschen Kinder von Anfang an Polnisch oder Tschechisch. Für das Jubiläum der Schule haben die Schüler ein mehrsprachiges Zirkusprogramm einstudiert.

Von Christoph Sterz | 06.05.2013
    "Guten Morgen, die Karten bitte."

    Kurz vor zehn Uhr morgens, das große blaue Zirkuszelt ist schon gut gefüllt. Das Licht ist schummrig, eine Discokugel sorgt für schummriges Licht in der Manege. Draußen ist ein großes Banner aufgebaut, "Zehn Jahre Schkola Oberland" steht darauf. Mehrere Tage lang haben die Schüler für das Jubiläum ein Zirkusprogramm einstudiert, und zwar auf Deutsch, Polnisch und Tschechisch - dass mehrere Sprachen auf dem Programm stehen, ist ganz normal bei Schkola, sagt Birgit Deckwart.

    "Die Schüler lernen andere Kinder kennen, aus anderen Ländern, und das ist das Besondere halt bei uns, dass sie auf natürliche Art und Weise einfach mit Nachbarn zusammen sein können und spielen können, weil das Wichtigste ist eigentlich, dass sie sich miteinander begegnen können. Also bei uns liegt nicht so sehr das Hauptaugenmerk, dass sie die Sprache lernen, das ist auch wichtig, aber das Wichtigste ist eben Freundschaft, miteinander sich zu begegnen und Freundschaften aufzubauen."

    Deckwart ist Lernbegleiterin - so nennen sich die Schkola-Angestellten selbst - vom Lehrer-Begriff wollen sie nichts wissen. Denn die Kinder sollen nur beim Lernen begleitet werden, ohne zu viel vorzugeben, sagt Deckwart und verschwindet im Zirkuszelt.

    "Vorhang auf, Manege frei, das Spiel beginnt. In fünf, vier, drei, zwei eins, los!"

    Acht Nachwuchs-Akrobaten zeigen in der Manege ihr Können, machen Pyramiden und heben sich gegenseitig in die Luft, beklatscht von ihren stolzen Eltern, Großeltern, Freunden und dem Schkola-Personal. Sie wechseln sich ab mit Kindern aus den Partner-Schulen in Polen und Tschechien, die mal Jongleure, mal Clowns oder Zauberer sind. Auch Natalie, ein achtjähriges Mädchen aus Ostritz bei Zittau, gehört dazu, hinter dem großen Zelt wartet sie auf ihren Einsatz - und gibt auf Nachfrage gerne eine Kostprobe ihrer Polnisch-Kenntnisse.

    Natalie kann nicht nur locker bis 13 zählen, sie kann sich auch sonst ohne Probleme mit ihren polnischen Altersgenossen unterhalten. Das liegt daran, dass sie vier Stunden pro Woche Sprachunterricht hat - und regelmäßig polnische Kinder in einer Partnerschule besucht. Nachbarschaft und Sprachen so heißt das Schulfach, das alle drei Nationen verbinden soll.

    Insgesamt fünf Schulen sind bei Schkola organisiert, vor knapp 20 Jahren wurde die erste gegründet. Pro Kind wird ein monatliches Schulgeld fällig, in Höhe von 60 Euro, denn Schkola ist eine Privatschule und bekommt nur begrenzt staatliche Fördermittel. Die Grundschulen, Real- und Hauptschulen sowie das Gymnasium liegen alle auf der deutschen Seite des Dreiländerecks, aber sie haben jeweils eine Partnerschule in Polen oder Tschechien

    Die meisten der 450 Kinder sind deutsch, die Schule hat rund 100 Mitarbeiter aus allen drei Ländern. Eines der wenigen polnischen Schkola-Kinder ist Samuel, auch wenn manchmal ein paar Wörter fehlen, kommt er gut mit seinen deutschen Mitschülern zurecht.

    "Das klappt wunderbar. Wir spielen zusammen, wir haben keine Probleme miteinander, so entstehen Freundschaften."

    Dann hat Samuel seinen großen Auftritt, er führt ein braun-weißes Pony durch die Manege und wird zum Schluss der Vorstellung mit großem Applaus belohnt.

    Die Schule wiederum bekommt Lob in Form von zunehmenden Anmeldezahlen - auf einen Platz kommen inzwischen drei Anmeldungen, sagt die Geschäftsführerin von Schkola, Ute Wunderlich. Auf ein ganz bestimmtes pädagogisches Konzept will sie sich dabei nicht festlegen.

    "Also die Entwicklung der Schkola ist jetzt nicht an irgendein Montessori- oder Waldorf-Schule orientiert, sondern wir haben ein eigenes Konzept begründet, das hier in die Region passt, das hier zu den Eltern und Schülern passt. Und es ist richtig, man guckt sich auch immer andere reformpädagogische Schulen an und guckt sich dann ein paar Dinge an und übernimmt die auch, modifiziert die auch. Wir arbeiten mit Wochenplänen, das kommt aus der Jenaplanschule. Wir arbeiten auch mit Montessori-Material. Aber wir sind nicht ein durchgängiges Konzept. Der Vorteil ist, dass wir immer in der Entwicklung sind. Schüler entwickeln sich, also muss sich Schule auch entwickeln."

    Im kommenden September will Schkola noch mal feiern - dann begeht der Trägerverein der Schule sein 20-jähriges Bestehen. Nur eine Zirkusvorstellung wird es dann nicht geben, stattdessen soll bei einer Konferenz über Bildung diskutiert werden.