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Freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige

Wer selbstständig ist, der kann gerade in konjunkturell schlechten Zeiten schnell finanzielle Probleme bekommen, weil die Aufträge ausbleiben. Doch auch ohne Arbeit konnte man dem Gesetz nach nicht arbeitslos werden: Für Freiberufler und Selbstständige gab es bisher den Status der Arbeitslosigkeit nicht. Das hat sich jetzt geändert. Seit Anfang Februar bietet die Bundesagentur für Arbeit eine freiwillige Mitgliedschaft in der Arbeitslosenversicherung an.

Von Armin Himmelrath | 15.03.2006
    Sue Pickett ist eine typische Selbstständige am Medienstandort Köln.

    "Ich bin freiberufliche Übersetzerin und arbeite für Agenturen, Unternehmen, Organisationen, Verlage, und so weiter. Ich mach Übersetzungen diverser Art: Zeugnisse, Firmenprofile, Geschäftsberichte, Pressemeldungen, Drehbücher, Werbebroschüren – alles mögliche."

    Zusammen mit einigen Kollegen teilt sich die gebürtige Engländerin zwar ein Büro. Doch ihre Übersetzungsaufträge bearbeitet sie auf eigene Rechnung. Sue Pickett ist Einzelkämpferin.

    "Ich hab feste Kunden, aber auch wechselnde Kunden. Meistens weiß ich nicht, wann was reinkommt, das zeigt sich einfach im Laufe des Tages. Kommt schon mal vor, dass ich hier sitze und das Telefon nicht klingelt, und da ist nichts zu tun. Ich warte einfach, bis der nächste Auftrag kommt, und es kommt schon mal vor, dass eine Woche vergeht und es kommt gar nichts rein."

    In solchen Fällen musste sich die Übersetzerin bisher darauf verlassen, dass das Einkommen ihres Mannes für die ganze Familie reicht. Denn für Freiberufler war eine Mitgliedschaft in der staatlichen Arbeitslosenversicherung bisher nicht möglich. Doch seit Anfang Februar hat sich das geändert. Die Bundesagentur für Arbeit bietet eine freiwillige Versicherung gegen Arbeitslosigkeit an. Die gibt es für Selbstständige, aber auch für Arbeitnehmer, die ins Ausland gehen, und für Menschen, die zu Hause ihre Angehörigen pflegen. Die Bundesregierung will damit Existenzgründer stärker absichern als bisher. Manfred Thode, Teamleiter bei der Kölner Agentur für Arbeit, erläutert die Voraussetzungen.

    "Bei Freiberuflern oder selbstständig Tätigen ist (…) notwendig, dass die Tätigkeit mehr als 15 Stunden pro Woche einnimmt. Bei Auslandsbeschäftigung (…) ist der Nachweis des Arbeitsvertrages, der Tätigkeit im Ausland natürlich notwendig, bei Selbstständigen oder Freiberuflern die Anmeldung des Finanzamtes."

    Zweite Voraussetzung: Man muss in den vergangenen zwei Jahren mindestens ein Jahr lang schon regulär bei der Arbeitslosenversicherung angemeldet gewesen sein. Zum Beispiel als Angestellter, oder auch als Empfänger von Leistungen der Arbeitsagentur.

    "Diese Zeiten sind entweder über Bescheinigungen – Bewilligungsbescheide, Aufhebungsbescheide – nachzuweisen, sie können aber am einfachsten in der Regel über den Versicherungsverlauf des zuständigen Rententrägers nachgewiesen werden. Dort hat man in der Regel alle Zeiten zusammen aufgeführt."

    Wichtig ist außerdem, dass man sich sofort nach Aufnahme der freiberuflichen Tätigkeit für die Arbeitslosenversicherung entscheidet, betont Manfred Thode. Denn das Gesetz räumt dafür nur eine knappe Frist von vier Wochen ein.

    "Das sollte man immer sofort klären. Das heißt, wenn ich mich als Beispiel zum 1. Januar 2007 Selbstständig machen werde und erst am 1.3.2007 den Antrag auf freiwillige Weiterversicherung stelle, dann habe ich die Frist von vier Wochen versäumt und kann mich nicht mehr freiwillig versichern."

    Das neue Gesetz ist zwar in erster Linie für alle Existenzgründer gedacht, die sich aktuell selbstständig machen. Doch bis Ende 2006 gibt es noch eine Übergangsfrist, in der auch Freiberufler, die schon lange im Beruf stehen, noch in die freiwillige Arbeitslosenversicherung hineinrutschen können – vorausgesetzt, es gab irgendwann in der Vergangenheit schon einmal reguläre Beiträge an die Arbeitslosenversicherung. Manfred Thode:

    "Das kann auch ein Rechtsanwalt sein, das kann auch ein Arzt sein, das kann im Prinzip jeder sein, der in irgendeiner Form jetzt ne selbstständige Tätigkeit ausübt."

    Die freiwillige Versicherung käme also auch für Sue Pickett in Frage, die schon seit mehr als zehn Jahren als freiberufliche Übersetzerin arbeitet.

    "Hab ich eigentlich gar nicht drüber nachgedacht. Aber ich schätze, dass die Beiträge, die man zahlt, in keinem Verhältnis zu meinen Verdiensten stehen würden. Würd sich einfach nicht für mich rentieren."

    Es könnte sich vielleicht doch rentieren, widerspricht Manfred Thode von der Arbeitsagentur. Denn die Mitgliedschaft in der Arbeitslosenversicherung kostet für Freiberufler pro Monat nur den Pauschalbetrag von knapp 40 Euro, in Ostdeutschland sogar nur knapp 34 Euro. Im Falle der Arbeitslosigkeit gibt es dafür im Gegenzug ein Arbeitslosengeld, das vom Qualifikationsniveau des Antragstellers abhängt, es gibt zwischen 550 und 1400 Euro. Im Klartext: Freiberufler mit Hochschulabschluss bekommen mehr als ungelernte Selbstständige. Gezahlt wird das Arbeitslosengeld mindestens sechs und höchstens 12 Monate lang, bei über 55-jährigen bis zu 18 Monaten.

    Service

    Arbeitsagentur (dort Stichwortsuche nach "Freiwillige Arbeitslosenversicherung")
    Mediafon (ebenfalls nach "Freiwillige Arbeitslosenversicherung" suchen, oder auf Arbeitslosenversicherung für Selbstständige