Burgwinkel: Es sind und werden nicht alle Leistungs-, Hochleistungs- oder Profisportler. Es gibt vor allem diejenigen, die als Sportmultiplikatoren im weitesten Sinn arbeiten. Vor zehn Jahren hat Professor Walter Tokarski das bislang einzige Institut für Freizeitwissenschaften an der Sporthochschule in Köln gegründet. Ihn begrüße ich ganz herzlich am Telefon, guten Tag, Herr Tokarski.
Tokarski: Guten Tag, Frau Burgwinkel.
Burgwinkel: Herr Tokarski, Freizeit ist einer von fünf Schwerpunkten des Studiums an der Sporthochschule. Was steckt denn da inhaltlich drin?
Tokarski: Ja, wir sind zwar an der deutschen Sporthochschule in Köln, aber wir beschäftigen uns mit Freizeit im weitesten Sinne. Und wenn Sie sich die Freizeitszene ansehen, dann fällt sofort auf, dass das natürlich der Tourismus ist, die Kultur ist, dass das die Unterhaltung ist, dass das auch die ehrenamtliche Arbeit ist und natürlich der Sport. Und Sport und Bewegung, glaube ich, das kann man sagen, ist der größte Bereich in der Freizeit der Menschen heute.
Burgwinkel: Hat das auch was damit zu tun, dass z.B. Fitness-Center total angesagt sind und alle möglichen Leute da hinrennen müssen?
Tokarski: Das hat sehr viel damit zu tun. Fitness oder - ich will es mal ausweiten - der gesamte Gesundheits- oder, wie wir heute sagen, Wellnessbereich, der steckt dahinter. Dieser Bereich boomt ja in den letzten Jahren sehr stark und hier sind natürlich Konzepte und professionelle Berufe gefordert. Die bilden wir hier bei uns aus.
Burgwinkel: Konzepte sagten Sie - müssen das denn auch Konzepte sein für Trainer oder für Manager solcher Zentren?
Tokarski: Ja. Heute kommen Sie, glaube ich, nicht mehr nur als Trainer oder nur als Manager in einem solchen Fitness-Zentrum unter, Sie brauchen hier sehr viele Qualifikationen. Neben Menschenführung, einem Kostenbewusstsein, der Frage, wie man die Angebote vermarktet - damit hätten wir die Manager angesprochen -, müssen Sie natürlich genau wissen, was hinter Fitnesssport steckt, wo die Gefahren und Risiken liegen, wo die gesundheitlichen Wirkungen liegen und Sie müssen mit Menschen arbeiten können. Also auch pädagogisches Geschick ist gefordert.
Burgwinkel: Das heißt, dieser Studienzweig, dieser Schwerpunkt muss interdisziplinär angelegt sein.
Tokarski: Ja, er ist interdisziplinär angelegt. Wir haben ein interdisziplinäres Team, das in der Lehre tätig ist. Das geht entsprechend dieser Qualifikationen, die wir eben angesprochen haben, vom Diplomsportlehrer, von der Diplomsportlehrerin über Diplomvolkswirte, Betriebswirte, über Soziologen bis hin zu Psychologen.
Burgwinkel: Sie sprachen vorhin das Ehrenamt an. Da denkt man an, sagen wir, Fußballtrainer in kleineren Orten, die sich bemühen müssen, die Kinder, die Jugendlichen zu motivieren.
Tokarski: Ja, da sprechen sie eine ganz wichtige Seite an, obwohl uns das heute in einer Gesellschaft, wo Sport und Bewegung in der Freizeit bei den Menschen sehr willkommen sind, obwohl uns das heute natürlich leichter fällt als vielleicht früher. Die gänzlich Ungeübten, die bisher keinen Sport getrieben haben, ob sie jung sind oder alt, die gibt es ja fast gar nicht mehr. Jeder glaube ich hat schon einmal geschnuppert an bestimmten Sportangeboten, hat bestimmte Sportarten ausgeübt oder erinnert sich vielleicht auch noch, wenn das auch in der Retrospektive manchmal sehr kritisch gesehen wird, an den Schulsport. Heute fällt es leichter. Wir sprechen in dem Zusammenhang auch nicht mehr von Motivation, sondern eher von Animation, obwohl ich diesen Begriff im universitären Umfeld gar nicht so gerne mag.
Burgwinkel: Da denkt man doch eher an den Urlaub und an die Damen und Herren, die sich da vergnügen.
Tokarski: Richtig, da denkt man an die Animateure, die am Strand die Touristen animieren sollen, sich zur Musik zu bewegen. Dennoch, das Animationskonzept bietet noch etwas mehr: Es dient nicht nur der persönlichen Motivation, sondern hierzu gehören noch andere Elemente, etwa die Gestaltung der Umwelt, die dann selbst auf die Personen animierend wirken soll. Also das ist schon etwas umfassender zu verstehen. Von daher sind die Grundzüge der Animation auch bei uns Lehrinhalte, wenn auch bei uns keine Animateure ausgebildet werden.
Burgwinkel: Kein Diplomanimateur... Die Kinder und die Jugendlichen kann man vielleicht dazu kriegen, zum Beispiel Skateboard zu fahren, 'Fun-Sportarten' zu betreiben. Aber das macht man mal ein halbes Jahr, und dann ist wieder was anderes angesagt. Wie können Sie darauf reagieren?
Tokarski: In der Tat sind die modernen Bewegungsarten kurzlebiger Art. Dennoch finden Sie auch bei Kindern und Jugendlichen eine Mischung aus diesen kurzlebigen Sportarten und den so genannten traditionellen Sportarten wie etwa Laufen, Leichtathletik, Fußball, auch wie Turnen, Gymnastik im weitesten Sinne, Schwimmen... Wenn Sie sich die Ranglisten anschauen in Deutschland, welche Sportarten am beliebtesten sind, dann sind es eigentlich doch die klassischen. Also von daher denke ich, ist die gesamte Sportszene und auch das, was bei den Menschen tatsächlich umgesetzt wird im Sport doch ein bisschen vielfältiger und auch stabiler, als man glaubt. Die neuen Sportarten spielen an sich zwar eine große Rolle, aber nicht auf Dauer. Und auf Dauer setzen sich die klassischen Sportarten dann doch durch. Wenn Sie dann in den Erwachsenenbereich gehen, sehen Sie das wieder.
Burgwinkel: Ja, das bildet auch praktisch die Basis. Wenn ich nicht vernünftig laufen kann oder keine Kondition habe, dann entfallen auch diese ganzen 'Fun-Sport'-Geschichten. Jetzt haben wir eine Sache gar nicht angesprochen, tun wir vielleicht noch zum Schluss. Ganz kurz: die Sportagenturen, also Vermittlung vom Leistungssportlern. Wird das bei Ihnen im Fachbereich mitangesprochen?
Tokarski: Ja. Sie sprechen jetzt die gesamte Ausbildungsseite der deutschen Sporthochschule Köln an. Bei uns machen sich ungefähr 20 Prozent der Absolventen und Absolventinnen selbständig und ein Großteil davon gründen Agenturen zur Vermittlung von Sportlern, Leistungssportlern, Leistungssportlerinnen oder Mannschaften. Das ist ein hoher Prozentsatz. Vor ungefähr sechs, sieben Jahren spielte dieses Sich-Selbständig-Machen gar keine große Rolle. Das ist der Trend der Zeit. das wird bei uns in der Ausbildung auch den Studierenden beigebracht: sie lernen, wie man Marketing macht, wie man organisiert, wie man Großevents durchführt, wie man kalkuliert, wie man eine Firma gründet. Das gehört mit in diesen ganzen Ausbildungszweig.
Burgwinkel: Und gehört auch irgendwo mit zur Freizeit. Herzlichen Dank. Das war Professor Walter Tokarski über Freizeit als Sportwissenschaftsschwerpunkt.
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Deutsche Sporthochschule Köln
Tokarski: Guten Tag, Frau Burgwinkel.
Burgwinkel: Herr Tokarski, Freizeit ist einer von fünf Schwerpunkten des Studiums an der Sporthochschule. Was steckt denn da inhaltlich drin?
Tokarski: Ja, wir sind zwar an der deutschen Sporthochschule in Köln, aber wir beschäftigen uns mit Freizeit im weitesten Sinne. Und wenn Sie sich die Freizeitszene ansehen, dann fällt sofort auf, dass das natürlich der Tourismus ist, die Kultur ist, dass das die Unterhaltung ist, dass das auch die ehrenamtliche Arbeit ist und natürlich der Sport. Und Sport und Bewegung, glaube ich, das kann man sagen, ist der größte Bereich in der Freizeit der Menschen heute.
Burgwinkel: Hat das auch was damit zu tun, dass z.B. Fitness-Center total angesagt sind und alle möglichen Leute da hinrennen müssen?
Tokarski: Das hat sehr viel damit zu tun. Fitness oder - ich will es mal ausweiten - der gesamte Gesundheits- oder, wie wir heute sagen, Wellnessbereich, der steckt dahinter. Dieser Bereich boomt ja in den letzten Jahren sehr stark und hier sind natürlich Konzepte und professionelle Berufe gefordert. Die bilden wir hier bei uns aus.
Burgwinkel: Konzepte sagten Sie - müssen das denn auch Konzepte sein für Trainer oder für Manager solcher Zentren?
Tokarski: Ja. Heute kommen Sie, glaube ich, nicht mehr nur als Trainer oder nur als Manager in einem solchen Fitness-Zentrum unter, Sie brauchen hier sehr viele Qualifikationen. Neben Menschenführung, einem Kostenbewusstsein, der Frage, wie man die Angebote vermarktet - damit hätten wir die Manager angesprochen -, müssen Sie natürlich genau wissen, was hinter Fitnesssport steckt, wo die Gefahren und Risiken liegen, wo die gesundheitlichen Wirkungen liegen und Sie müssen mit Menschen arbeiten können. Also auch pädagogisches Geschick ist gefordert.
Burgwinkel: Das heißt, dieser Studienzweig, dieser Schwerpunkt muss interdisziplinär angelegt sein.
Tokarski: Ja, er ist interdisziplinär angelegt. Wir haben ein interdisziplinäres Team, das in der Lehre tätig ist. Das geht entsprechend dieser Qualifikationen, die wir eben angesprochen haben, vom Diplomsportlehrer, von der Diplomsportlehrerin über Diplomvolkswirte, Betriebswirte, über Soziologen bis hin zu Psychologen.
Burgwinkel: Sie sprachen vorhin das Ehrenamt an. Da denkt man an, sagen wir, Fußballtrainer in kleineren Orten, die sich bemühen müssen, die Kinder, die Jugendlichen zu motivieren.
Tokarski: Ja, da sprechen sie eine ganz wichtige Seite an, obwohl uns das heute in einer Gesellschaft, wo Sport und Bewegung in der Freizeit bei den Menschen sehr willkommen sind, obwohl uns das heute natürlich leichter fällt als vielleicht früher. Die gänzlich Ungeübten, die bisher keinen Sport getrieben haben, ob sie jung sind oder alt, die gibt es ja fast gar nicht mehr. Jeder glaube ich hat schon einmal geschnuppert an bestimmten Sportangeboten, hat bestimmte Sportarten ausgeübt oder erinnert sich vielleicht auch noch, wenn das auch in der Retrospektive manchmal sehr kritisch gesehen wird, an den Schulsport. Heute fällt es leichter. Wir sprechen in dem Zusammenhang auch nicht mehr von Motivation, sondern eher von Animation, obwohl ich diesen Begriff im universitären Umfeld gar nicht so gerne mag.
Burgwinkel: Da denkt man doch eher an den Urlaub und an die Damen und Herren, die sich da vergnügen.
Tokarski: Richtig, da denkt man an die Animateure, die am Strand die Touristen animieren sollen, sich zur Musik zu bewegen. Dennoch, das Animationskonzept bietet noch etwas mehr: Es dient nicht nur der persönlichen Motivation, sondern hierzu gehören noch andere Elemente, etwa die Gestaltung der Umwelt, die dann selbst auf die Personen animierend wirken soll. Also das ist schon etwas umfassender zu verstehen. Von daher sind die Grundzüge der Animation auch bei uns Lehrinhalte, wenn auch bei uns keine Animateure ausgebildet werden.
Burgwinkel: Kein Diplomanimateur... Die Kinder und die Jugendlichen kann man vielleicht dazu kriegen, zum Beispiel Skateboard zu fahren, 'Fun-Sportarten' zu betreiben. Aber das macht man mal ein halbes Jahr, und dann ist wieder was anderes angesagt. Wie können Sie darauf reagieren?
Tokarski: In der Tat sind die modernen Bewegungsarten kurzlebiger Art. Dennoch finden Sie auch bei Kindern und Jugendlichen eine Mischung aus diesen kurzlebigen Sportarten und den so genannten traditionellen Sportarten wie etwa Laufen, Leichtathletik, Fußball, auch wie Turnen, Gymnastik im weitesten Sinne, Schwimmen... Wenn Sie sich die Ranglisten anschauen in Deutschland, welche Sportarten am beliebtesten sind, dann sind es eigentlich doch die klassischen. Also von daher denke ich, ist die gesamte Sportszene und auch das, was bei den Menschen tatsächlich umgesetzt wird im Sport doch ein bisschen vielfältiger und auch stabiler, als man glaubt. Die neuen Sportarten spielen an sich zwar eine große Rolle, aber nicht auf Dauer. Und auf Dauer setzen sich die klassischen Sportarten dann doch durch. Wenn Sie dann in den Erwachsenenbereich gehen, sehen Sie das wieder.
Burgwinkel: Ja, das bildet auch praktisch die Basis. Wenn ich nicht vernünftig laufen kann oder keine Kondition habe, dann entfallen auch diese ganzen 'Fun-Sport'-Geschichten. Jetzt haben wir eine Sache gar nicht angesprochen, tun wir vielleicht noch zum Schluss. Ganz kurz: die Sportagenturen, also Vermittlung vom Leistungssportlern. Wird das bei Ihnen im Fachbereich mitangesprochen?
Tokarski: Ja. Sie sprechen jetzt die gesamte Ausbildungsseite der deutschen Sporthochschule Köln an. Bei uns machen sich ungefähr 20 Prozent der Absolventen und Absolventinnen selbständig und ein Großteil davon gründen Agenturen zur Vermittlung von Sportlern, Leistungssportlern, Leistungssportlerinnen oder Mannschaften. Das ist ein hoher Prozentsatz. Vor ungefähr sechs, sieben Jahren spielte dieses Sich-Selbständig-Machen gar keine große Rolle. Das ist der Trend der Zeit. das wird bei uns in der Ausbildung auch den Studierenden beigebracht: sie lernen, wie man Marketing macht, wie man organisiert, wie man Großevents durchführt, wie man kalkuliert, wie man eine Firma gründet. Das gehört mit in diesen ganzen Ausbildungszweig.
Burgwinkel: Und gehört auch irgendwo mit zur Freizeit. Herzlichen Dank. Das war Professor Walter Tokarski über Freizeit als Sportwissenschaftsschwerpunkt.
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Deutsche Sporthochschule Köln