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Fremdwährungen: Der Zinssatz ist nicht alles

Der Euro steckt in der Krise, aber es gibt ja noch andere Währungen: Dollar aus den USA, Australien oder Kanada, Schweizer Franken und Norwegische Kronen zum Beispiel. Was gilt es zu beachten, wenn man sein Geld in einer anderen Währung anlegen will?

Von Dieter Nürnberger | 18.07.2011
    Die Zinsen im Euroraum sind derzeit niedrig, deshalb blicken viele Anleger auf andere Länder oder Wirtschaftsräume. So können beispielsweise Anleihen in Fremdwährungen Chancen bieten – zum einen durch mehr Zinsen, zum anderen aber auch durch mögliche Währungsgewinne, die die Rendite noch anwachsen lassen könnten. In den vergangenen Monaten jedenfalls waren Fremdwährungsanlagen gut nachgefragt. Rolf Piepenburg ist bei der Commerzbank zuständig für Währungsfragen, er sagt, dass derzeit der Boom mit Fremdwährungen zumindest schon wieder etwas rückläufig sei.

    "Wir sind hier wieder auf 'neutral'. Weil die allgemeine Lage an den Kapitalmärkten doch etwas unsicherer ist. Man sieht aber schon, dass in ausgesuchten Fremdwährungen, die wir im vergangenen Jahr auch empfohlen hatten, beispielsweise beim australischen Dollar, eine ganz ordentliche Nachfrage war."

    Der Markt für Anlageprodukte in Fremdwährungen ist durchaus vielschichtig. Ein Klassiker ist beispielsweise ein Fremdwährungskonto, doch dürfte dies eher für Unternehmen interessant sein. Die meisten Privatanleger werden wohl über Anleihen in Fremdwährung nachdenken. Ulrich Stephan, Global Chief Investment Officer bei der Deutschen Bank.

    "Wir haben hier Länder, die deutlich von der Krise profitieren, weil sie als Hort der Sicherheit angesehen werden. Dies sind erstaunlicherweise die USA, es ist aber auch Norwegen oder die Schweiz. Wir haben Länder, die eine deutlich höhere Rendite aufweisen, dann aber auch mit entsprechenden Risiken verbunden sind: Beispielsweise Brasilien, wo die Inflation relativ hoch ist. Und es gibt natürlich Länder, bei denen man von einer Stärkung der Währung partizipieren kann – Stichwort China."

    Anleger sollten somit nicht nur die Zinsen, die anderswo geboten werden im Blick haben, sondern auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen vergleichen. Dass hohe Zinsen verlockend sein können, weiß auch Karin Baur, Anlageexpertin bei der Stiftung Warentest. Der angebotene Zins bei Fremdwährungsanleihen sei allerdings nicht die entscheidende Größe

    "Darauf sollte man gar nicht so großen Wert legen. Weil die Währung recht schnell alles wieder vernichten kann, was an guten Zinsen gezahlt wurde. Die Währung kann sich also auch in die falsche Richtung entwickeln. Der Anleger sollte sich also nicht zu sehr von den Zinsen blenden lassen, sondern besser überlegen, welcher Währung wird ein weiterer Anstieg gegenüber dem Euro zugetraut."

    Einen generell richtigen Zeitpunkt für einen Einstieg in Fremdwährungsanlagen gebe es nicht, denn entscheidend sei die Entwicklung der konkreten Währung, in die investiert werde. Karin Baur.

    "Gegenüber Schweizer Franken hat der Euro ja schon heftig verloren. Oder umgekehrt: Der Schweizer Franken ist schon sehr stark angestiegen. Es ist ja immer das Problem: Auch wenn der Aktienmarkt stark zulegt, fragt man sich immer, soll ich jetzt noch einsteigen? Wenn er weiter steigt, wäre es gut gewesen. Wenn er wieder fällt, dann war es der falsche Zeitpunkt. Währungen können schon mal eine ganze Zeit lang steigen oder fallen, aber es kann sich auch wieder umdrehen."

    Die Stiftung Warentest und auch viele Banken empfehlen bei Fremdwährungsanlagen eher kurze bis mittelfristige Anlagezeiträume. Zwei oder drei Jahre maximal lauten die Empfehlungen.

    Derzeit denken viele Anleger über die chinesische Währung und ein dortiges Investment nach. Rolf Piepenburg von der Commerzbank.

    "In diesem Bereich haben Sie derzeit zwar recht spärliche Zinsen, doch hier ist die Anlageidee recht klar: Es geht um eine Aufwertung dieser Währung. Dies resultiert daraus, dass die chinesischen Handelsbilanzüberschüsse sehr hoch sind, der Yuan somit recht niedrig bewertet ist – dass er sich also einer fundamental angemessenen Bewertung mit der Zeit annähern wird."

    Doch eine Garantie gibt es für die prognostizierte Entwicklung der chinesischen Währung auch nicht. Die Stiftung Warentest sieht somit Chancen und Risiken bei Fremdwährungsanlagen. Karin Baur.

    "Es gibt hauptsächlich das Währungsrisiko. Es ist aber auch so, dass sich bei länger laufenden Anleihen die Zinsen ändern können. Somit kann sich auch der Kurs der Anleihe verändern. Wenn also vor allem im anderen Währungsraum die Zinsen weiter ansteigen, dann würde eine solche Anleihe einen Kursverlust machen. Das ist ja bei Bundesanleihen auch so."

    Die Stiftung Warentest empfiehlt deshalb Anlegern nicht mehr als zehn bis 15 Prozent des Depotvermögens in Fremdwährungen anzulegen.