Das von dem rührigen französischen Instrumentenbauer Adolphe Sax entwickelte konische Blechblasinstrument mit einfachem Rohrblatt fand zwar nach seiner Patentierung 1846 relativ schnell Eingang in die Militärkapellen der Zeit, jedoch kaum ein Komponist integrierte es - und wenn, dann nur gelegentlich - ins Sinfonieorchester. Nur in wenigen Opern- oder Orchesterpartituren wird es verlangt: so unter anderem. in einigen Werken von Meyerbeer, Massenet, Ambroise Thomas, Bizet, Debussy, Ravel, Strawinsky, Hindemith, Bartok, Berg oder Honegger. Im Jazz sieht die Sache ganz anders aus, den kann man sich im kleinen Ensemble oder der Big-Band ohne Saxophon kaum vorstellen, und die Namen großer Solisten wie Sidney Bechet, Charlie Parker, Stan Getz, Gerry Mulligan oder John Coltrane sind weit über die Fangemeinde hinaus bekannt. Klassische Werke für Saxophon und Klavier gibt es eine ganze Reihe, und auch Solokonzerte für Saxophon und Orchester hört man gelegentlich im Konzertsaal: relativ bekannt wurden da Werke von Jacques Ibert, Claude Debussy, Alexander Glasunow und Frank Martin. Das in Detmold ansässige Label "audite" bietet jetzt ab November eine CD an, die manche Begegnungen von Saxophon und Orchester im 20. Jahrhundert dokumentiert - und diese Begegnungen fanden vor allem in Frankreich statt.
Musikbeispiel: Henri Tomasi - 'Cadence’ aus: Concerto für Saxophon und Orchester
Das ist Dominique Tassot, der Solist unserer heutigen Sendung. Er ist 43 Jahre alt, studierte in Metz und am Pariser Conservatoire, gewann verschiedene Wettbewerbe, ist Mitglied eines Saxophon-Quartetts und war an mehreren Produktionen und Uraufführungen beteiligt. Heute unterrichtet er als Professor am Konservatorium der Ardennen-Stadt Charleville und ist als Solist und Kammermusiker tätig. Zusammen mit dem deutschen Hornisten und Dirigenten Manfred Neuman fasste er den Plan, unter dem Motto "French Saxophone" Solokonzerte des 20. Jahrhunderts für Saxophon und Orchester beispielhaft aufzunehmen. Heraus kam eine CD, die insgesamt 5 Konzerte bietet, von denen bis auf eins, die Rhapsodie von Debussy, alle erstmals auf Platte erscheinen. Dabei sind Debussys Werk und die "Légende" von André Caplet in diesem Jahr 100 Jahre alt, das "Concerto" von Henri Tomasi stammt von 1949, die von der Tonsprache "modernste" "Musique de Concert" von Marius Constant ist fast 50 Jahre alt, während das "jüngste" Stück die 1971 komponierte "Fantaisie-Caprice" des Belgiers Jean Absil ist. Mit vier Ersteinspielungen also bereits eine fürs Repertoire wichtige Aufnahme, ist die technische und musikalische Qualität der CD hervorzuheben. Dafür bürgt neben dem souveränen und in diesem Stil hocherfahrenen Solisten auch das Münchner Rundfunkorchester, das in der Hierarchie des Bayerischen Rundfunks zwar erst nach dem Rundfunksinfonieorchester kommt, dem es aber gelingt, sich in einer Vielzahl geschickt genutzter Repertoire-Nischen immer wieder mit makellosen Aufnahmen zu Wort zu melden.
Musikbeispiel: Marius Constant - ‘Intermezzo’ aus: "Musique de Concert" für Saxophon und Orchester
Soweit ein "Intermezzo" aus der "Musique de Concert" für Saxophon und zwölf Instrumente von Marius Constant. Von großer formaler Klarheit ist die Fantaisie-Caprice des Belgiers Jean Absil: In jungen Jahren ein glühender Verfechter von Polytonalität und Atonalität, klingt dieses Alterswerk wie eine Rückkehr in romantische Gefilde.
Musikbeispiel: Jean Absil - aus: "Fantaisie-Caprice" für Saxophon und Orchester
Im ebenso umfangreichen wie lesenswerten Booklet-Text zur CD schildert Autor Michael Struck-Schloen anschaulich die Entstehungsgeschichte der beiden ältesten der hier eingespielten Konzerte. Er schreibt: " Einen ... kuriosen, gleichwohl folgenreichen Fall von Geburtshilfe leistete ... die Französin Elise Boyer, die 1887 den Bostoner Arzt Richard Hall ehelichte und später – als "Therapie" gegen ihre progressive Gehörlosigkeit – das Saxophon erlernte. Weil Literatur für das Instrument verschwindend gering war, ging Elise Boyer-Hall die vornehmsten französischen und belgischen Komponisten um neue Werke an. Nur Wenige (darunter Gabriel Fauré und Ernest Chausson) konnten den Lockungen des üppigen Auftragshonorars widerstehen, und so gingen bei der Dame in Boston schließlich Partituren von Claude Debussy, André Caplet, Florent Schmitt und Vincent d’Indy ein, die heute zum "klassischen" Stamm des Saxophon-Repertoires zählen."
Da es sich bei Madame Boyer nicht um einen Profi, sondern um eine engagierte Amateur-Spielerin handelte, stellt das Stück von Caplet den Solopart nicht in den Vordergrund, sondern bettet das Saxophon sozusagen ein in die Gruppe der Holzbläser im Orchester, die hier aus Oboe, Klarinette und Fagott besteht. Trotz des vielsagenden Titels "Légende" hat Caplet keine Programm-Musik komponiert, sondern wollte damit wohl eher den insgesamt romantischen Ton dieses 1905 von Elise Boyer-Hall in Boston uraufgeführten Stückes charakterisieren.
Musikbeispiel: André Caplet - aus: "Légende" für Saxophon und Orchester
Für Claude Debussy war die Auftragsarbeit für Elise Boyer-Hall wohl eher eine etwas lästige Pflicht, die sich auch länger hinzog. Etwas herablassend berichtet er 1903 einem Freund: "Das Saxophon ist ein Rohrblatt-Tier, mit dessen Gewohnheiten ich wenig vertraut bin. Liebt es die romantische Süße der Klarinetten oder die etwas grobschlächtige Ironie des Sarrusofons? Am Ende habe ich es melancholische Weisen murmeln lassen, zum Wirbel einer Militärtrommel."
Als Titel zog Debussy "Arabische", "Maurische" oder "Orientalische" Rhapsodie in Betracht, um es schließlich beim neutraleren Begriff "Rhapsodie" zu belassen.
Musikbeispiel: Claude Debussy - aus: "Rapsodie" für Saxophon und Orchester
Die Neue Platte – heute mit französischer Saxophon-Musik des 20. Jahrhunderts, gespielt von Dominique Tassot und dem Münchner Rundfunkorchester unter der Leitung von Manfred Neuman.
Titel: "French Saxophone - 20th Century Music for Saxophone & Orchestra"
Solist: Dominique Tassot, Saxophon
Orchester: Münchner Rundfunkorchester
Leitung: Manfred Neumann
Label: audite
Labelcode: LC 04480
Bestellnr.: 97.500
Musikbeispiel: Henri Tomasi - 'Cadence’ aus: Concerto für Saxophon und Orchester
Das ist Dominique Tassot, der Solist unserer heutigen Sendung. Er ist 43 Jahre alt, studierte in Metz und am Pariser Conservatoire, gewann verschiedene Wettbewerbe, ist Mitglied eines Saxophon-Quartetts und war an mehreren Produktionen und Uraufführungen beteiligt. Heute unterrichtet er als Professor am Konservatorium der Ardennen-Stadt Charleville und ist als Solist und Kammermusiker tätig. Zusammen mit dem deutschen Hornisten und Dirigenten Manfred Neuman fasste er den Plan, unter dem Motto "French Saxophone" Solokonzerte des 20. Jahrhunderts für Saxophon und Orchester beispielhaft aufzunehmen. Heraus kam eine CD, die insgesamt 5 Konzerte bietet, von denen bis auf eins, die Rhapsodie von Debussy, alle erstmals auf Platte erscheinen. Dabei sind Debussys Werk und die "Légende" von André Caplet in diesem Jahr 100 Jahre alt, das "Concerto" von Henri Tomasi stammt von 1949, die von der Tonsprache "modernste" "Musique de Concert" von Marius Constant ist fast 50 Jahre alt, während das "jüngste" Stück die 1971 komponierte "Fantaisie-Caprice" des Belgiers Jean Absil ist. Mit vier Ersteinspielungen also bereits eine fürs Repertoire wichtige Aufnahme, ist die technische und musikalische Qualität der CD hervorzuheben. Dafür bürgt neben dem souveränen und in diesem Stil hocherfahrenen Solisten auch das Münchner Rundfunkorchester, das in der Hierarchie des Bayerischen Rundfunks zwar erst nach dem Rundfunksinfonieorchester kommt, dem es aber gelingt, sich in einer Vielzahl geschickt genutzter Repertoire-Nischen immer wieder mit makellosen Aufnahmen zu Wort zu melden.
Musikbeispiel: Marius Constant - ‘Intermezzo’ aus: "Musique de Concert" für Saxophon und Orchester
Soweit ein "Intermezzo" aus der "Musique de Concert" für Saxophon und zwölf Instrumente von Marius Constant. Von großer formaler Klarheit ist die Fantaisie-Caprice des Belgiers Jean Absil: In jungen Jahren ein glühender Verfechter von Polytonalität und Atonalität, klingt dieses Alterswerk wie eine Rückkehr in romantische Gefilde.
Musikbeispiel: Jean Absil - aus: "Fantaisie-Caprice" für Saxophon und Orchester
Im ebenso umfangreichen wie lesenswerten Booklet-Text zur CD schildert Autor Michael Struck-Schloen anschaulich die Entstehungsgeschichte der beiden ältesten der hier eingespielten Konzerte. Er schreibt: " Einen ... kuriosen, gleichwohl folgenreichen Fall von Geburtshilfe leistete ... die Französin Elise Boyer, die 1887 den Bostoner Arzt Richard Hall ehelichte und später – als "Therapie" gegen ihre progressive Gehörlosigkeit – das Saxophon erlernte. Weil Literatur für das Instrument verschwindend gering war, ging Elise Boyer-Hall die vornehmsten französischen und belgischen Komponisten um neue Werke an. Nur Wenige (darunter Gabriel Fauré und Ernest Chausson) konnten den Lockungen des üppigen Auftragshonorars widerstehen, und so gingen bei der Dame in Boston schließlich Partituren von Claude Debussy, André Caplet, Florent Schmitt und Vincent d’Indy ein, die heute zum "klassischen" Stamm des Saxophon-Repertoires zählen."
Da es sich bei Madame Boyer nicht um einen Profi, sondern um eine engagierte Amateur-Spielerin handelte, stellt das Stück von Caplet den Solopart nicht in den Vordergrund, sondern bettet das Saxophon sozusagen ein in die Gruppe der Holzbläser im Orchester, die hier aus Oboe, Klarinette und Fagott besteht. Trotz des vielsagenden Titels "Légende" hat Caplet keine Programm-Musik komponiert, sondern wollte damit wohl eher den insgesamt romantischen Ton dieses 1905 von Elise Boyer-Hall in Boston uraufgeführten Stückes charakterisieren.
Musikbeispiel: André Caplet - aus: "Légende" für Saxophon und Orchester
Für Claude Debussy war die Auftragsarbeit für Elise Boyer-Hall wohl eher eine etwas lästige Pflicht, die sich auch länger hinzog. Etwas herablassend berichtet er 1903 einem Freund: "Das Saxophon ist ein Rohrblatt-Tier, mit dessen Gewohnheiten ich wenig vertraut bin. Liebt es die romantische Süße der Klarinetten oder die etwas grobschlächtige Ironie des Sarrusofons? Am Ende habe ich es melancholische Weisen murmeln lassen, zum Wirbel einer Militärtrommel."
Als Titel zog Debussy "Arabische", "Maurische" oder "Orientalische" Rhapsodie in Betracht, um es schließlich beim neutraleren Begriff "Rhapsodie" zu belassen.
Musikbeispiel: Claude Debussy - aus: "Rapsodie" für Saxophon und Orchester
Die Neue Platte – heute mit französischer Saxophon-Musik des 20. Jahrhunderts, gespielt von Dominique Tassot und dem Münchner Rundfunkorchester unter der Leitung von Manfred Neuman.
Titel: "French Saxophone - 20th Century Music for Saxophone & Orchestra"
Solist: Dominique Tassot, Saxophon
Orchester: Münchner Rundfunkorchester
Leitung: Manfred Neumann
Label: audite
Labelcode: LC 04480
Bestellnr.: 97.500