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Freund der Künstler und Künste

Kurt Wolff war der wohl bedeutendste deutsche Verleger des frühen 20. Jahrhunderts. Er hatte nicht nur Gespür für Literatur, veröffentlichte Heinrich Mann, Gottfried Benn, Georg Trakl und die Autoren des literarischen Expressionismus, sondern war auch Verleger außergewöhnlicher Kunstbücher und Mappenwerke. Im Bonner August Macke-Haus ist jetzt eine Ausstellung über Kurt Wolff zu sehen.

Von Michael Köhler | 14.05.2007
    Er war ein Büchermensch von Anfang an und ein guter Cellist. Denn er stammt aus einer Bonner Musikerfamilie. Sein Vater Leonhard Wolff war Musikprofessor in Bonn und mit Johannes Brahms befreundet. Sohn Kurt, der 1887 geboren wurde, begeisterte sich schon als Kind für Bücher und sammelte sie. Diese Passion hielt eine Leben lang. Während seines Studiums in Marburg, Bonn, München und Leipzig begann er als Herausgeber und Verleger.

    "Auf jeden Fall war Kurt Wolff eine der wichtigsten Verlegerpersönlichkeiten, ein für die Kulturgeschichte absolut bedeutender Mann. Das ist auch das, was ich mit der Ausstellung möchte, ein Stück Kulturgeschichte der ersten Hälfte des 20.Jh. darstellen. "
    Die Kunsthistorikerin Barbara Weidle hat die Ausstellung über Kurt Wolff als "Literaten und Gentleman" im Bonner August Macke Haus zusammengestellt.

    Seit der letzten größeren Ausstellung 1987 im Marbacher Literaturarchiv kann man nun den großen Verleger kennen lernen und insbesondere sein Engagement im Bereich der Bildenden Kunst würdigen. Denn das ist das Besondere der gelungenen Kabinett - Ausstellung. Wir kennen Kurt Wolff als begnadeten Verleger, der zuerst Franz Kafkas "Verwandlung" verlegte, Heinrich Manns "Untertan", den jungen Gottfried Benn, Georg Trakl und die Autoren des literarischen Expressionismus. Aber er ist eben auch der Verleger außergewöhnlicher Kunstbücher und Mappenwerke.

    "1924 erschien im Kurt Wolff Verlag Ernst Ludwig Kirchners Illustrationen zu Georg Heyms Gedichtband "Umbra Vitae". Dieser Gedichtband ist 1912 bereits im Ernst Rowohlt Verlag erschienen, in dem Kurt Wolff ja damals schon mitgearbeitet hat. Und dieses Buch gilt als eines der bedeutendsten illustrierten Bücher der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts."

    Das ist der große Wert der intimen, schönen Ausstellung im engen mehrgeschossigen Wohnhaus des Künstlers August Macke. Man sieht 60 der insgesamt 86 originalen Erstausgaben der 1913 begonnenen Bücherei "Der Jüngste Tag", ein Meilenstein der deutschen Literaturgeschichte.

    Und erstmals in diesem Umfang auch Lichtdrucke von Ludwig Meidner aus der Mappe "Straßen und Cafes" von 1913 mit Stadtlandschaften aus Dresden und Berlin, Potsdamer Platz, sowie Holzschnitte von Karl Schmidt- Rottluff. Keine Geringeren als Franz Werfel und Max Brod, und Kurt Pinthus waren seine Lektoren. Mit Gustav Meyrinks "Golem" und Boris Pasternaks "Doktor Schiwago" gelangen ihm Welterfolge. 1941 emigrierte Kurt Wolff mit seiner zweiten Frau Helen nach Amerika. Dort war er als Vermittler deutscher und europäischer Autoren tätig.

    In Bonn war auch sein 73-jähriger Sohn Christian zur Eröffnung anwesend. Der moderne Komponist und John-Cage-Schüler konzertierte im Kammermusiksaal des Beethovenhauses. Verleger indes wie sein Vater wollte er nicht werden. Obwohl er in Amerika Professor für Altphilologie wurde, und damit dem Wort und der Sprache auf besondere Weise verpflichtet war, schlägt sein Herz für moderne Komposition.

    "Die Eltern hatten, besonders mein Vater, hatte gute Freunde unter Musikern, also Adolf Busch, Adolf Serkin und die Musiker in diesem Kreis. So wurde ich ganz früh in Konzerte mitgebracht, so war ich dabei in ganz frühem Alter."

    In Amerika haben die Wolffs 1942 den Pantheon Books Verlag gegründet und beispielsweise Grimms Märchen erstmals in Amerika verlegt. Auch Günter Grass Buch "Die Blechtrommel" entdeckte Wolff für den amerikanischen Markt. So wundert es nicht, dass bei Wolffs Tod 1963 Günter Grass auch sprach.

    Die Wagenbach Quarthefte von heute sind nach dem Muster der Wolff Ausgaben von damals gemacht. Und in der Kurt Wolff - Stiftung etwa ist der frühere Verleger und Kulturstaatsminister Michael Naumann im Kuratorium. Auf einfachem schwarzen Karton mit bunten Titelschildern wurde Literatur- und Kulturgeschichte gedruckt.

    Der expressionistische Maler Ernst Ludwig Kirchner war Kurt Wolff zu schwierig nicht als Künstler, sondern als Mensch. Kurt Wolff selber war indes ein feingliedriger Mensch.

    Barbara Weidle: "Er muss sehr viel Charme gehabt haben, was man auf dem Bild sieht. Er war sicher auch ein bisschen schnöselig als junger Mann. Man kann sich schon vorstellen, Tweed-Anzug, Fliege, Seitenscheitel, etwas geleckt vielleicht auch, sehr dünnhäutig, George-Jünger Artig. Das war Kurt Wolff auch, er war ein Ästhet, er war ein feiner, vornehmer Herr mit sehr viel Charme."