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Freund und Helfer

In den letzten Jahren ist Deutschland mit zweistelligen Zuwachsraten nach den USA das zweitwichtigste Gastland für internationale Studierende geworden. Doch die Studiensituation wird von vielen ausländischen Studierenden als nicht all zu rosig eingeschätzt. An der Uni Jena will man das ändern: So genannte Student- und Sci-Coaches kümmern sich persönlich um ausländische Studierende.

Von Michel Mark |
    " Ich muss ehrlich sagen, zur Zeit habe ich keine anderen Freunde. Die meisten meiner Freunde sind aus dem Ausland, aus Japan, Korea und besonders aus meiner Heimat China. Wir haben Angst mit Deutschen zu sprechen, weil wir immer denken wir sprechen nicht deutlich deutsch. Das ist eine Schwierigkeit. Eine andere Schwierigkeit ist im Unterricht. Alles geht ein bisschen schnell und in den meisten Fällen können wir bei Diskussionen nicht mithalten."

    Erzählt Shanglei Jia aus China, der an der Uni Jena Psychologie studiert. Gerade sitzt er neben seinem Dozenten Jürgen Kaufmann, der sich seit einem Semester ganz persönlich um ihn kümmert.

    " Und Herr Kaufmann hat mir dabei sehr viel geholfen. Er hat mir geholfen wie man das Referat besser organisiert und plant und wie man das Studium besser planen kann."

    Jürgen Kaufmann ist für Shanglei Jia da, wenn der einmal nicht mehr weiter weiß im Uni-Dickicht. Er gibt ihm Rat und Unterstützung, denn der Dozent ist Shangei Jias Sci-Coach, ein Wissenschafts-Coach der am Modellprojekt OPSIS der Uni Jena teilnimmt.

    " Man trifft sich zuerst mal mit dem Studenten in einer Einzelsitzung und versucht festzustellen, wo es Schwierigkeiten gibt, wo aber auch Stärken sind, und versucht dann eben ganz individuell einen Plan für das jeweilige Semester zu erarbeiten. Ich denke, dass viele ausländische Studierende, je nach dem woher sie kommen, hier ein bisschen überfordert sind sich an der deutschen Massenuniversität zurecht zu finden, so dass sie da zum Teil verloren gehen. Und dass es dann schon eine gute Sache ist, wenn es da jemanden gibt der sie da an die Hand nimmt, sich mit ihnen zusammen setzt und mit ihnen den Studienplan liest, ihnen ein paar Tipps gibt welche Kurse sie wann und wie belegen."

    Das Akademische Auslandsamt startete das Projekt im August letzten Jahres, erzählt Britta Salheiser vom Akademischen Auslandsamt der Uni Jena. Die Mittel für das Modellprojekt kommen vom Deutschen Akademischen Austauschdienst.

    " Wir haben uns beworben und haben das Projekt bekommen und uns überlegt was wir machen können, haben dann eine große Umfrage gemacht unter allen ausländischen Studenten. Und in drei Pilotfachbereichen haben wir ganz speziell Fragen an die Lehrenden in den Fachbereichen gestellt was sie verbessern könnten und was wir tun können, um die Studiensituation zu verbessern."

    Denn die Abbrecherquoten unter ausländischen Studierenden sind hoch an hiesigen Universitäten. Nur drei von zehn Studierenden machen hier am Ende auch ihren Abschluss.
    Die Hauptgründe dafür sind schnell aufgezählt, sagt Britta Salheiser. Viele haben finanzielle Probleme oder Sprachschwierigkeiten, aber vor allem fühlen sie sich schlecht integriert. Doch manchmal steckt der Teufel im Detail. Es sind oft ganz kleine Dinge über die ausländische Studierende stolpern.
    " Ein paar Sachen haben uns vielleicht erstaunt. Zum Beispiel in der Wirtschaftswissenschaft. Da haben sehr viele gesagt wir können viel besser rechnen als die Deutschen, und auch viel schneller. Wir haben das zuhause viel besser gelernt. Nur was für uns die große Hürde ist, das ist die Art der Fragestellung. Also wie Prüfungsaufgaben hier gestellt sind, das ist ganz speziell ein Problem, das hatten wir so hier nicht erwartet. Oder in der Psychologie, dass eben erwartet wird, dass man auch noch Englisch kann. Und wenn schon jemand diese Hürde des Deutsches genommen hat, also schon eine schwierige Fremdsprache gelernt hat, soll er jetzt auch noch Englisch sehr fließend können. Das ist natürlich sehr schwierig und das haben wir so nicht gleich am Anfang gesehen."

    Neben den Wissenschafts-Coaches, die sich neben ihrer Dozententätigkeit mehrmals im Semester individuell um ausländische Studierende kümmern, werden ab Herbst auch studentische Betreuer ihre Arbeit aufnehmen, so genannte Student-Coaches, sagt Britta Salheiser.

    " Und dann haben wir gedacht, es wäre gut auch noch einen Studenten zu haben der dem ausländischen Studenten ein Freund ist, der ihm das Leben in Jena zeigt "

    Ziel des Projektes ist es, für jeden ausländischen Studierenden der Unterstützung wünscht, jeweils einen Student- und einen Sci-Coach zu haben. Über mangelnde Beteiligung von Seiten der Dozenten und der deutschen Studierenden kann man in Jena nicht klagen. Der Zulauf auf eine ehrenamtliche Tätigkeit als Student- oder Sci-Coach ist rege.

    In die Zukunft gedacht, meint Britta Salheiser, könne ihr Auslandsamt so ein Programm jedoch nicht ohne ausreichende Mittel koordinieren.

    " Stichwort: Nachhaltigkeit. Ganz wichtig! Der DAAD, unser Geldgeber, hat das Projekt auf zwei Jahre begrenzt, das heißt es geht noch bis Herbst nächsten Jahres. Bis dahin wollen wir das Projekt so konsolidieren, dass wir das Projekt für alle Studenten an der Uni anbieten können.
    Es wird dann wahrscheinlich auch kostenpflichtig werden. Und wir denken auch, das wäre ein Angebot für alle Studienanfänger, weil viele Studienanfänger, die deutsch sind, ja auch Probleme am Anfang des Studiums haben. Und ich denke, wenn Studiengebühren kommen, werden sie auch erwarten, dass man sich mehr um sie kümmert."