Als der Krieg ausbrach, war sie elf Jahre alt. Mit 18 floh Lida Abdul nach Deutschland, beantragte Asyl und lebte in einem Asylantenheim. Dann ging sie nach Amerika, wo sie Kunst studierte und heute in Kanada lehrt.
2005 wurde sie - als erste Künstlerin ihres Landes überhaupt - zur Biennale von Venedig eingeladen, dem wichtigsten Kunstereignis der Welt.
"Für die Biennale von Venedig wollte ich etwas zum Thema Afghanistan machen, etwas, was die Situation in meiner Heimat schlagartig auf den Punkt bringt - aber nicht in Form von "News", von Fernsehnachrichten, gegenüber denen man im Westen längst abgestumpft ist. Ich wollte etwas, was die Situation poetisch erfasst.
Und die Symbole dafür findet man ja auf der Straße. Afghanistan ist mit Ruinen bedeckt, mit Gräbern und mit Militärschritt. Deshalb arbeite ich gern mit diesen drei Elementen."
Es sind die Readymades des Krieges, die die Bilderwelt von Lida Abdul wie aus einem durchscheinen lassen: ein zerbrochenes Flugzeugskelett auf einer Piste bei Kabul, ein zerborstener Palast aus Lehm und Marmor, ein Baum, an dem die Taliban ihre Opfer aufhingen. Aus diesen Bildern generiert sie ihre Filme, ihre Fotos und ihre Performances.
"Schon als Kind bin ich immer wieder zu den Riesenbuddhas von Bamyan gereist. Sie waren mein Lieblingskunstwerk, jedes Jahr brachten mich meine Eltern dahin.
Als die Buddhas zerstört waren, war das die größte Tragödie für uns Afghanen. Ich wollte unbedingt eine Arbeit darüber machen: "Awakening the Buddhas". Das Video handelt von Männern, die im Kreis sitzen und Steine aufeinander klopfen - diese Klopfgeräusche sind eine buddhistische Zeremonie. Und in diesem Fall sollten sie die Buddhas wieder aufwecken. Das ist meine Hommage an die Buddhas von Bamyan."
Eine Zeremonie, ein buddhistischer Ritus, um die Buddhas wieder zum Leben zu erwecken. Lida Abdul bringt die verschiedenen Traditionen ihres Landes - Islam und Buddhismus - in einem Ritual zusammen, das die verlorene Einheit wieder herstellen soll. Der archaische Ritus wird kurzgeschlossen mit einer radikal modernen Filmästhetik der Gegenwart, den Hightechbildern westlicher Kameras.
"Die Taliban haben viele Menschen an Bäumen aufgehängt. Diese Bäume sind gleichsam kontaminiert. Ich zeige in meinem Film, wie nach dem Fall der Taliban darüber diskutiert wird, was mit einem solchen Baum zu geschehen hat. Schließlich fällen die Menschen den Baum und graben seine Wurzeln aus. Dann tragen sie ihn auf ihren Schultern aus der Stadt heraus, fast wie bei einer Prozession oder einer Performance, und der Baum verschwindet irgendwo in den Bergen."
Afghanistan, meint Lida Abdul, sei ein verseuchtes Land - verseucht durch drei Jahrzehnte Krieg. Die Kunst, so hofft sie, könne die Vergangenheit dekontaminieren.
Eine Art Katharsis, eine Reinigung durch Bilder - jenseits der rasanten Fernsehnachrichten, die immer nur dieselbe Geschichte des Krieges erzählen.
Lida Abduls Kunst gibt Afghanistan etwas zurück, was es nie gehabt hat: die Zeit zu trauern und zu heilen. Sich das Trauma vor Augen zu führen. In ihrer Kunst kommt Afghanistan für einen Augenblick zur Ruhe.
"Afghanistan ist das Herz Asiens. Wir haben eine gemeinsame Grenze mit allen wichtigen Ländern der Region. Wer Afghanistan beherrscht, der hat die Rolle über ein ruhiges Zentralasien - zwischen dem Nahen Osten und Pakistan, zwischen Iran und China. Es ist ein sehr wichtiger politischer Raum. Das haben die USA unter Truman nicht verstanden. Erst jetzt lernt der Westen, wie wichtig der afghanische Raum ist."
2005 wurde sie - als erste Künstlerin ihres Landes überhaupt - zur Biennale von Venedig eingeladen, dem wichtigsten Kunstereignis der Welt.
"Für die Biennale von Venedig wollte ich etwas zum Thema Afghanistan machen, etwas, was die Situation in meiner Heimat schlagartig auf den Punkt bringt - aber nicht in Form von "News", von Fernsehnachrichten, gegenüber denen man im Westen längst abgestumpft ist. Ich wollte etwas, was die Situation poetisch erfasst.
Und die Symbole dafür findet man ja auf der Straße. Afghanistan ist mit Ruinen bedeckt, mit Gräbern und mit Militärschritt. Deshalb arbeite ich gern mit diesen drei Elementen."
Es sind die Readymades des Krieges, die die Bilderwelt von Lida Abdul wie aus einem durchscheinen lassen: ein zerbrochenes Flugzeugskelett auf einer Piste bei Kabul, ein zerborstener Palast aus Lehm und Marmor, ein Baum, an dem die Taliban ihre Opfer aufhingen. Aus diesen Bildern generiert sie ihre Filme, ihre Fotos und ihre Performances.
"Schon als Kind bin ich immer wieder zu den Riesenbuddhas von Bamyan gereist. Sie waren mein Lieblingskunstwerk, jedes Jahr brachten mich meine Eltern dahin.
Als die Buddhas zerstört waren, war das die größte Tragödie für uns Afghanen. Ich wollte unbedingt eine Arbeit darüber machen: "Awakening the Buddhas". Das Video handelt von Männern, die im Kreis sitzen und Steine aufeinander klopfen - diese Klopfgeräusche sind eine buddhistische Zeremonie. Und in diesem Fall sollten sie die Buddhas wieder aufwecken. Das ist meine Hommage an die Buddhas von Bamyan."
Eine Zeremonie, ein buddhistischer Ritus, um die Buddhas wieder zum Leben zu erwecken. Lida Abdul bringt die verschiedenen Traditionen ihres Landes - Islam und Buddhismus - in einem Ritual zusammen, das die verlorene Einheit wieder herstellen soll. Der archaische Ritus wird kurzgeschlossen mit einer radikal modernen Filmästhetik der Gegenwart, den Hightechbildern westlicher Kameras.
"Die Taliban haben viele Menschen an Bäumen aufgehängt. Diese Bäume sind gleichsam kontaminiert. Ich zeige in meinem Film, wie nach dem Fall der Taliban darüber diskutiert wird, was mit einem solchen Baum zu geschehen hat. Schließlich fällen die Menschen den Baum und graben seine Wurzeln aus. Dann tragen sie ihn auf ihren Schultern aus der Stadt heraus, fast wie bei einer Prozession oder einer Performance, und der Baum verschwindet irgendwo in den Bergen."
Afghanistan, meint Lida Abdul, sei ein verseuchtes Land - verseucht durch drei Jahrzehnte Krieg. Die Kunst, so hofft sie, könne die Vergangenheit dekontaminieren.
Eine Art Katharsis, eine Reinigung durch Bilder - jenseits der rasanten Fernsehnachrichten, die immer nur dieselbe Geschichte des Krieges erzählen.
Lida Abduls Kunst gibt Afghanistan etwas zurück, was es nie gehabt hat: die Zeit zu trauern und zu heilen. Sich das Trauma vor Augen zu führen. In ihrer Kunst kommt Afghanistan für einen Augenblick zur Ruhe.
"Afghanistan ist das Herz Asiens. Wir haben eine gemeinsame Grenze mit allen wichtigen Ländern der Region. Wer Afghanistan beherrscht, der hat die Rolle über ein ruhiges Zentralasien - zwischen dem Nahen Osten und Pakistan, zwischen Iran und China. Es ist ein sehr wichtiger politischer Raum. Das haben die USA unter Truman nicht verstanden. Erst jetzt lernt der Westen, wie wichtig der afghanische Raum ist."