Menschenrechte
Friedensnobelpreis für iranische Frauenrechtlerin Narges Mohammadi

Immer wieder ist Narges Mohammadi im Iran inhaftiert worden. Auch zur Zeit sitzt sie im Gefängnis, ihre Kinder hat sie seit acht Jahren nicht gesehen. Nun erhält die Frauenrechtlerin den Friedensnobelpreis. Eine furchtlose Stimme, die sich nicht wegsperren lässt, so Bundesaußenministerin Baerbock.

08.11.2023
    Narges Mohammadi schaut in die Kamera
    Narges Mohammadi (AFP / Narges Mohammadi Foundation)
    Das norwegische Nobelkomitee in Oslo erklärte, mit dem Friedensnobelpreis für Narges Mohammadi werde ihr Kampf gegen die Unterdrückung der Frauen im Iran sowie ihr Einsatz für die Menschenrechte und die Freiheit für alle gewürdigt. Ihr mutiger Kampf sei mit hohen persönlichen Kosten verbunden, so Berit Reiss-Andersen, die Leiterin des Nobelkomitees: "Insgesamt hat das Regime sie 13 Mal verhaftet und fünf Mal zu insgesamt 31 Jahren Gefängnis sowie 154 Peitschenhieben verurteilt."
    Narges Mohammadi, Jahrgang 1972, ist eine der bekanntesten Menschenrechtsaktivistinnen im Iran und stellvertretende Leiterin des iranischen Menschenrechtszentrums. Aktuell verbüßt sie eine langjährige Haftstrafe im Evin-Gefängnis in Teheran; der 51-Jährigen wird die Verbreitung staatsfeindlicher Propaganda vorgeworfen.
    In einer nach der Bekanntgabe des Nobelkomittees veröffentlichten Reaktion Mohammadis heißt es: "Sicherlich wird mich der Friedensnobelpreis noch belastbarer, entschlossener, hoffnungsvoller und enthusiastischer machen."

    "Frauen, Leben, Freiheit"

    Die Auszeichnung erfolgt ein Jahr nach dem Beginn der von Frauen angeführten Proteste gegen das Regime im Iran - die Mohammadi nur aus dem Gefängnis verfolgen konnte. Sie waren damals ausgelöst worden durch den Tod einer jungen Kurdin, die von der "Moralpolizei" in Gewahrsam genommen worden war, weil sie ihr Kopftuch nicht korrekt getragen hatte. Unter dem Motto "Frauen, Leben, Freiheit" gingen Hunderttausende auf die Straße. Die Demonstrationen wurden niedergeschlagen. Mohammadi engagierte sich auch aus dem Gefängnis heraus für die Protestbewegung. Zudem machte sie - selbst dort in Haft - auf die Misshandlung von Frauen im Evin-Gefängnis aufmerksam.
    "Der Wandel im Iran ist unumkehrbar", sagte Mohammadi im September in einem schriftlich aus der Haft geführten Interview der Nachrichtenagentur AFP. Nach 44 Jahren der Unterdrückung, Diskriminierung und anhaltender Repression gegen Frauen hätten die Proteste den Prozess zu Demokratie, Frieden und Gleichheit im Iran beschleunigt. Kritik übte Mohammadi am Verhalten westlicher Länder, das sie als Beschwichtigungspolitik verurteilte.
    Ihre Kinder hat Narges Mohammadi wegen ihrer Haft seit acht Jahren nicht mehr sehen können. Sie leben mit ihrem Mann inzwischen im Exil in Paris. Ihre Familie teilte in einer Reaktion auf die Verleihung des Friedensnobelpreises mit: "Für uns, die wir wissen, dass der Preis ihr helfen wird, ihre Ziele zu erreichen, ist dieser Tag ein gesegneter Tag."

    Bundesregierung gratuliert

    International wurde die Auszeichnung begrüßt. Bundeskanzler Scholz gratulierte: "Mein Respekt gilt der diesjährigen Friedensnobelpreisträgerin - für ihren Mut und ihren Kampf für die Rechte der iranischen Frauen." Bundesaußenministerin Baerbock erklärte, Mohammadis furchtlose Stimme lasse sich nicht wegsperren. Liz Throssell, die Sprecherin des UNO-Büros für Menschenrechte sagte: "Die Frauen im Iran sind eine Inspirationsquelle für die ganze Welt." Das iranische Außenministerium kritisierte dagegen die Zuerkennung des Preises als voreingenommen und politisch motiviert.
    Der Friedensnobelpreis ist mit umgerechnet rund 950.000 Euro dotiert. Im vergangenen Jahr wurden der belarussische Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljazki, die russische Organisation Memorial und das Center for Civil Liberties aus der Ukraine ausgezeichnet.
    Diese Nachricht wurde am 06.10.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.