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Friederike Mayröcker meets Gertrude Stein

Nach den Malern Max Ernst und Picasso und dem Komponisten Franz Schubert beschäftigt sich Friederike Mayröcker in ihrem neuen Hörspiel mit einer Autorenkollegin. Ihre jüngste Radioarbeit "Gertrude Stein hat die Luft gemalt" hat Klaus Schöning mit der Wiener Autorin als einziger Sprecherin umgesetzt.

Von Frank Olbert |
    Die Auftragskomposition zu dieser Produktion des Deutschlandfunk stammt von Mauricio Kagel und trägt den Titel "Fünf Vokalisen für einen Countertenor". Mit Klaus Schöning habe ich über Mayröckers neueste Radioarbeit gesprochen.

    Frank Olbert: Herr Schöning, die Zusammenarbeit zwischen Ihnen und Friederike Mayröcker hat ja jetzt schon fast Tradition. Wie kam es denn eigentlich dazu?

    Klaus Schöning: Ich bin Friederike Mayröcker und Ernst Jandl Ende der Sechziger Jahre begegnet und wir haben im "Studio Akustische Kunst" des WDR eine ganze Reihe von Hörspielen realisiert, zunächst mit den beiden, später auch mit Friederike Mayröcker allein. Im Laufe der Jahrzehnte gab es in regelmäßigen Abständen Zusammenarbeiten mit Friederike Mayröcker als Autorin und mir als Dramaturg. 1986 dann schickte sie ein Hörspiel mit dem Titel "Die Umarmung nach Picasso". Das war der Beginn einer Zusammenarbeit, die mich auch als Regisseur integrierte.

    Frank Olbert: Das neue Stück über Gertrude Stein reiht sich also ein in eine Folge von Hörspielen, die sich mit Künstlern beschäftigen.

    Klaus Schöning: Ja, danach kam ein Stück über Max Ernst, wenige Jahre danach "Schubertnotizen" und 2001 sendeten wir dann das auch von mir realisierte Stück "Das Couvert der Vögel", für das sie den Karl-Sczuka-Preis erhielt. Da gab es eine Besonderheit: Während ich die vorhergehenden Stücke mit Schauspielern besetzt hatte, ergab sich diesmal bei einem Vorgespräch in Wien ihr ganz zart vorgebrachter Vorschlag, selbst eine Rolle in dem Stück zu sprechen, nämlich die "Generalstimme". Als wir dann an diesen Text für den Deutschlandfunk gingen "Gertrude Stein hat die Luft gemalt", war ihr vormals scheuer Vorschlag, die Rolle selbst zu sprechen schon etwas präsenter. Es ist ein Text, der ausschließlich eine Stimme hat, in einer Ich-Form geschrieben ist, die sich permanent multiperspektivisch in anderen Figuren auflöst.

    Frank Olbert: Mauricio Kagel hat für das Hörspiel eine eigene Komposition geschrieben?

    Klaus Schöning: Ja, Friederike Mayröcker hatte die Idee, das an fünf bestimmten Stellen in diesem Text ein Countertenor zu hören ist und Mauricio Kagel komponierte und realisierte "Fünf Vokalisen für einen Countertenor" mit der wirklich wunderbaren Stimme von Kai Wessel. Kagel hat sich dabei auf die fünf Vokale konzentriert, daher der Titel.

    Das Stück ist so nicht zuletzt auch eine Begegnung zwischen zwei, aus verschiedenen Genres kommenden großen Künstlern, der Dichterin Friederike Mayröcker und dem Komponisten Mauricio Kagel.

    Die Ursendung von Friederike Mayröckers Hörspiel "Gertrude Stein hat die Luft gemalt" findet im Deutschlandfunk am Dienstag, den 17. Mai um 20.10 Uhr statt.