Friedrich Hartmann Graf - "Six Flute Quartets"
Herzlich willkommen zu einer, wie ich denke, ausgesprochen vielgestaltigen Sendung über Neuproduktionen mit sogenannter Alter Musik. Da gibt es ja auch immer wieder Entdeckungen zu machen. Nicht immer stößt man bei der Vielzahl von Ausgrabungen auf ein bisher unbekanntes und mithin verkanntes Genie. Aber die Gebrauchsmusik vergangener Zeiten gibt manchmal über diese Zeiten genauer Auskunft. Hört man sie, vermag man sich oft leichter einen Begriff davon zu machen, warum andere Musik ein Recht darauf hat, genial genannt zu werden. So ein Komponist des gehobenen Durchschnitts war der Flötist Friedrich Hartmann Graf, der von 1727 bis 1795 lebte. Bei Dabringhaus und Grimm ist eine CD mit sechs Flötenquartetten dieses durchaus erfolgreichen Tonsetzers und Virtuosen erschienen. Der Flötist Konrad Hünteler, der Geiger István Kertesz, der Bratschist Péter Ligeti und der Cellist Rezsö Pertorini haben die Werke eingespielt, die eigentlich in das Genre der Kammerkonzerte gehören. * Musikbeispiel: Friedrich Hartmann Graf - Allegro aus: Flötenquartett Nr. 2 B-dur Friedrich Hartmann Graf, das zweite der Flötenquartette. Sie hörten einen Teil des ersten Satz mit Konrad Hünteler und Kollegen. Und schon in diesen gut zwei Minuten merkt man, daß der Komponist sein Handwerk verstand, aber daß ihm doch allenthalben die Courage fehlte, mit Musik mehr erreichen zu wollen als gepflegte Unterhaltung. Das bleibt immer hübsch im überschaubaren Rahmen der Grundtonart. Entferntere Modulationen, weiterreichende thematische Gedanken hat dieser durchaus erfolgreiche Musiker offenbar gescheut wie der Teufel das Weihwasser. Die Quartette folgen dem Typus des Konzerts; das war praktisch, denn so konnte der Virtuose auftreten, ohne immer gleich auf ein ganzes Orchester angewiesen zu sein. Graf war offensichtlich überhaupt ein pragmatisch denkender Mensch. Zunächst diente er als Paukist beim Militär, wurde indes bei Gelegenheit blessiert, und verlegte sich von da an auf sein zweites Instrument, die Flöte. In Hamburg arbeitete er eng mit Telemann zusammen. Im übrigen ist er viel herumgekommen. Die Flötenquartette stammen wohl aus der Mitte der 1770er Jahre, und sie zeigen, daß der Komponist sehr wohl wußte, was à la mode war. Er war in keiner Weise sperrig, weder zu modern noch zu konservativ. Die Interpretation ist denn auch in hohem Maße verbindlich, und sie gibt den langsamen Sätzen den ganzen Chic der damals gebräuchlichen Empfindsamkeit. * Musikbeispiel: Friedrich Hartmann Graf - Adagio aus: Flötenquartett Nr. 2 B-dur Soweit die Musik des Friedrich Hartmann Graf, erschienen in Gestalt von Flötenquartetten bei Dabringhaus und Grimm.