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Friedrich Merz
Nordrhein-Westfalens Brexit-Beauftragter

Etwa 1.500 britische Unternehmen sind in NRW ansässig. Nach dem Brexit sollen es noch mehr werden, so der Wunsch der Landesregierung. Helfen soll ihr bei dem Vorhaben Ex-CDU-Spitzenpolitiker Friedrich Merz - als ehrenamtlicher Berater. Die Düsseldorfer Opposition überzeugt sein Engagement aber nicht.

Von Moritz Küpper | 20.09.2018
    Friedrich Merz, Vorsitzender der Atlantik-Brücke und Aufsichtsratsvorsitzender des Köln/Bonner Flughafens, beim Neujahrsempfang der IHK Magdeburg
    Mit seiner Hilfe soll NRW vom Brexit profitieren: Friedrich Merz (imago / Christian Schroedter)
    Ein unscheinbares, weißes Büro- und Hotelgebäude in Arnsberg im Sauerland. Hier, inmitten seines einstigen Wahlkreises, hat Friedrich Merz nun sein Büro, von hier aus koordiniert er seine Tätigkeiten, beispielsweise als Aufsichtsratschef des deutschen Ablegers des Vermögensverwalters Blackrock sowie des KölnBonner Flughafens, als Vorsitzender der Atlantik-Brücke oder eben als Beauftragter für die Folgen des Brexits und die transatlantischen Beziehung der nordrhein-westfälischen Landesregierung, wie es ein wenig umständlich heißt. Doch, was bedeutet das eigentlich?
    "Ich denke zunächst einmal ist wichtig, zu verstehen, welche Rolle ich spiele und welche Rolle ich nicht spiele."
    Denn Merz, 62 Jahre alt, hellbraunes Jacket, blau-weiß gestreiftes Hemd, Krawatte, der jetzt in der siebten Etage eben jenes Bürogebäudes, sitzt, weckt – immer noch – die politische Phantasien. Von seinem Comeback träumt so mancher in der Union, er lockt aber auch den politischen Gegner aus der Reserve. Daher stellt er direkt klar:
    Nicht Teil der Landesregierung
    "Ich bin nicht Teil der Landesregierung. Sondern ich bin ein Außenstehender, Unabhängiger, ehrenamtlich-tätiger Berater der Landesregierung zu einem Thema, dass das Land Nordrhein-Westfalen möglicherweise überproportional betrifft und zwar im positiven Sinn. Die Frage lautet: Wie können wir von einem Austritt Großbritanniens aus der europäischen Union in Nordrhein-Westfalen profitieren."
    Es war im August 1946, als die britische Militärregierung in der bekannten 'Operation Marriage', das Bundesland NRW zusammenfügte und schuf. Heute kommen rund 1.500 der insgesamt 19.000 ausländischen Unternehmen, die in NRW ansässig sind, aus Großbritannien. Einen Anteil, den Merz, nun steigern möchte:
    "Am Ende des Tages möchte ich erreichen, dass in den Augen derer, die Großbritannien jetzt verlassen müssen, Nordrhein-Westfalen als ein attraktiver Standort angesehen wird."
    Momentan sieht es nach einem sogenannten harten Brexit, also einem ungeregelten Ausscheiden aus:
    "Wenn das so kommt, wird es sehr, sehr schwierig. Ich persönlich rechne nicht damit, dass es soweit kommt. Es wird eher dann das getan, was in Brüssel in solchen Situationen häufig getan wird: Man wird dann die Uhr anhalten."
    Aus Merz Sicht bedeutet das aber für die Unternehmen, dass sie im vierten Quartal dieses Jahres entscheiden müssen:
    "Diese Entscheidungen können darin bestehen zu sagen, wir müssen unseren Sitz aus dem Vereinigten Königreich auf das Festland, nach Europa, verlegen."
    "NRW zu einem Standort machen, wo man erfolgreich investieren kann"
    Für diesen Fall müsse NRW einen zentralen Ansprechpartner bereitstellen,...
    "…dass sie da sozusagen eine Art Business Angel an die Seite bekommt, der sie durch alle Untiefen von Genehmigungsverfahren, Behördengängen begleitet, so dass Nordrhein-Westfalen angesehen wird als ein Standort, wo man schnell und erfolgreich investieren kann."
    Neben dem Thema Brexit soll Merz, angesichts des sich verschärfenden weltwirtschaftlichen Handelklimas beispielsweise durch Zölle der US-Regierung auch seine transatlantischen Beziehungen einbringen – und hat einen klaren Ratschlag an die Politik:
    "Ich rate davon ab in der gegenwärtigen Situation nach Washington zu reisen, ich rate aber dringend dazu, einzelne Staaten in den USA zu identifizieren, die mit Nordrhein-Westfalen eine Kooperation eingehen können. Gemeinsame Themen identifizieren und zum Beispiel auch die Folgen der Globalisierung und die Folgen der Digitalisierung so miteinander diskutieren, dass daraus für beide ein gegenseitiger Nutzen wird."
    Für Laschet ein Gewinn - für die Opposition "hochnotpeinlich"
    Für NRW-Ministerpräsident Armin Laschet war und ist diese Personalie Merz ein Gewinn, schloss es doch beim als liberal-geltenden Laschet eine konservative Flanke. Sein Handeln ruft aber auch Kritik hervor: Jüngst hatten die Grünen in NRW mittels einer kleinen Anfrage wissen wollen, welche Erfolge Merz denn habe. Die Auflistung einiger Treffen und Gespräche nannte der Grünen-Abgeordnete Horst Becker "hochnotpeinlich". Entweder komme Merz seiner Aufgabe nicht nach oder der Posten sei komplett überflüssig, so die Grünen, die zudem angesichts Merz zahlreicher Aufsichtsratsmandate einen Interessenskonflikt sehen.
    "Um es ganz offen zu sagen: Ich bin nicht besonders glücklich darüber, dass das genau diesen Unterton an der einen oder anderen Stelle bekommen hat", weist Merz die Kritik zurück und stellt klar:
    "Dies ist weder eine parteipolitische Aufgabe noch ist es irgendeine Aufgabe, die mich zurück in die aktive Politik befördern soll, sondern dies ist ganz einfach nur aus meinem staatsbürgerlichen Grundverständnis heraus, die Antwort auf eine Bitte der Landesregierung, ob ich ihr helfen kann, diese beiden Themen, Brexit und transatlantische Beziehungen, zu bewältigen und ein bisschen zu verbessern."
    Für ihn, Merz, stehe ohnehin fest:
    "Ich bin Berater auf Zeit und das ehrenamtlich und das wird Ende nächsten Jahres auch abgeschlossen sein. Und ich hoffe, dann werden auch alle diejenigen, die das meinen jetzt kritisieren und parteipolitisch instrumentalisieren zu müssen, verstehen, das genau das nicht gewollt war."