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Frisch vom Markt: die Maischolle

Der Mai ist gekommen und in den Fischgeschäften werden frische Schollen angeboten. Schollen gehören zu den meistgegessenen Fischen aus der Nordsee. Im letzten Jahr lag der Fischverzehr der Deutschen bei rund 13 Kilogramm pro Kopf und Jahr. 11 Prozent des Fischs werden frisch angeboten. 25 Prozent als Tiefkühlware. 36 Prozent entfallen auf Fischkonserven.

von Annette Eversberg |
    Die Scholle, die auch Goldbutt genannt wird, gehört zu den sogenannten Plattfischen, die vor allem im Nordostatlantik, aber auch noch im westlichen Teil des Mittelmeeres zu Hause sind. Charakteristisch ist die graubraun bis grünbraune Farbe mit den roten Flecken. Die Larven der Scholle sehen zunächst aus, wie alle anderen Fische. Ein Auge auf der rechten, das andere auf der linken Seite. Dann machen sie eine Metamorphose durch und beide Augen rutschen auf die dunkle Oberseite: Bestens geeignet für ein Leben knapp über dem Meeresboden. In der Nordsee wachsen die Jungfische im Wattenmeer auf, erläutert Dr. Thomas Borchardt vom Landesamt für den Schleswig-Holsteinischen Nationalpark:

    Sie halten sich deswegen im Wattenmeer auf, weil das Wattenmeer nahrungsreich ist, und sie sich vor den größeren Fischen verstecken können. Die größeren Fische leben eben in tieferen Wässern und die Jungfische hier im Wattenmeer.

    Doch die Mengen sind geringer geworden. Rüdiger Kock von der Fischereigemeinschaft Tönning, die heute zum holländischen Heiploeg-Konzern gehört, nennt als einen wichtigen Grund das Expandieren der europäischen Plattfischflotte in der Nordsee. Fangquoten sind dagegen kein Allheilmittel:

    Die Quoten sind natürlich dazu da, um den Bestand nicht gänzlich in Grund und Boden zu fischen, aber Quoten sind natürlich immer auch ein Politikum, d.h. das, was Wissenschaftler und Fischer fordern, eben etwas den Bestand zu schonen, läßt sich politisch nicht immer durchsetzen, weil sich einerseits die Betriebe mit ihren Investitionen darauf eingerichtet haben, und dann natürlich das große Problem, wir haben nur eine Jahresquote. Und die Fischereipolitik kommt dahin, daß wir langfristig denken, um die Bestände langfristig aufzubauen und auch langfristig zu nutzen.

    Derzeit dürfen im europäischen Rahmen rund 5000 Tonnen Schollen gefangen werden. Das ist wenig, denn die Krisen in der Fleischwirtschaft haben die in den letzten zwei Jahren rückläufige Nachfrage nach Fisch, jetzt kräftig ansteigen lassen. So sehr, daß das Angebot kaum befriedigt werden kann. Für die Fischerei bedeutet dies, die Einnahmen steigen. Für ein Kilo Scholle bekommt der Fischer heute 4 bis 6 DM. Der Kunde muß zwischen 11 bis 14 Mark bezahlen. Die Frische ist garantiert. Innerhalb von 24 Stunden ist eine frische Scholle überall in Europa beim Kunden. Die Qualität hängt nicht nur von der Frische, sondern auch von der Größe ab. Rüdiger Kock:

    Die werden in verschiedenen Größenklassen sortiert. Ich meine, die besten Schollen sind die der Größenklasse 3 und 4, der Größe ab 27 bis 33 Zentimeter. Das ist auch die , die vermarktet wird.

    Deshalb lehnen die Fischer selber die Vorgabe der EU ab, daß schon 23 Zentimeter kleine Schollen gefangen werden dürfen. Das würde den Schoneffekt ad absurdum führen. Außerdem haben sie, so Thomas Borchardt, noch den Vorschlag gemacht, auch die Krabbenfischerei in der Nordsee kurzfristig einzuschränken, weil dabei immer wieder viele Jungfische ins Netz gehen.

    Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen, die zeigen, daß etwa 10 bis 30 Prozent der Jungschollen in den Netzen der Fischer als Beifang sterben. Für die gesamte Nordsee sind es etwa 12.000 Tonnen.

    Die Schollen gelten als Delikatesse, weil sie besonders zart und wie fast alle Fischarten, sehr gesund sind. Der Eiweißgehalt liegt bei 17 Prozent, der Fettgehalt dagegen unter einem Prozent. Der Schadstoffgehalt ist, wenn er überhaupt nachgewiesen werden kann, ganz gering, weil Schadstoffe bei Fischen im Fett und in den Organen gespeichert werden, die man nicht mit ißt. Und als Maischolle wird der Fisch in der Gastronomie gerne angeboten. Ein Standardrezept das fast jeder kennt: Eine Scholle ganz oder als Filets in Butter gebraten. Dazu ein paar frische Krabben. Doch was die Maischolle angeht: Da möchte Rüdiger Kock mit einer Legende aufräumen.

    Die Maischolle hat gerade abgelaicht. Wie das dann so ist, wenn die gerade schwanger ist, die ist dann nicht so vital, die müssen über Sommer fressen, und haben dann eine gute Qualität. Eine Scholle im Sommer und Frühherbst ist fester im Fleisch, als die, die man im April und Mai fischt.