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Frisch vom Markt: Die Quitte eignet sich für Vielerlei

Früher standen Quittenbäume in jedem Bauerngarten. Das war die Zeit, als man noch nicht immer frisches Obst zur Verfügung hatte. Inzwischen sieht man die drei bis vier Meter hohen Bäume nicht mehr so oft. Im Frühjahr blühen sie wunderschön rot und im Herbst tragen sie verschwenderisch viele goldgelbe Früchte. Einfach abpflücken und essen, das wäre herrlich. Geht aber nicht. Denn Quitten sind knallhart. Man muss schon ein bisschen Zeit und Mühe aufwenden, um was Leckeres daraus zu machen. Aber es lohnt sich. Jetzt geht die Erntezeit gerade zu Ende und hier und da werden frische Quitten verkauft.

Von Susanne Kuhlmann |
    Früher standen Quittenbäume in jedem Bauerngarten. Das war die Zeit, als man noch nicht immer frisches Obst zur Verfügung hatte. Die drei bis vier Meter hohen Bäume blühen im Frühjahr wunderschön rot und tragen im Herbst verschwenderisch viele goldgelbe Früchte. Die kann man allerdings nicht einfach abpflücken und essen, denn Quitten sind knallhart. Man muss also ein bisschen Zeit und Mühe aufwenden, um was Leckeres daraus zu machen. Aber es lohnt sich. Jetzt geht die Erntezeit gerade zu Ende, und hier und da werden frische Quitten verkauft. Früchte zum Reinbeißen sind Quitten wahrlich nicht; eher herbe Köstlichkeiten, die ihr Aroma erst nach einigem Aufwand freigeben. Achtet man beim Einkauf auf die Form, kann man sich die Arbeit allerdings erleichtern.

    " Die Birnenquitten sind etwas weicher, haben weniger Steinzellen als die Apfelquitten. Das ist der große Unterschied zwischen den beiden. Die Birnenquitten sind meistens weicher, die Apfelquitten wesentlich härter noch."

    Hans-Josef Weber ist Obstbauberater beim Kompetenzzentrum Gartenbau im rheinland-pfälzischen Ahrweiler und hat dort einen Quittenbestand aufgebaut. Er sichtet und testet verschiedene Sorten und hofft, welche zu finden, die sich verkaufen lassen. In Deutschland wachsen auf Obstplantagen nämlich kaum Quittenbäume.

    " Es gibt hier im Rheinland Obstbauern, die haben Quitten in den Plantagen stehen. Die vermarkten die ab Hof. Ansonsten geht es nur über die Spezialläden. Hier in Deutschland sind im Moment die türkischen Obsthändler diejenigen, die am meisten Quitten verkaufen."

    Die Früchte sind zunächst von einem grünen Flaum überzogen. Allmählich kommt die goldgelbe Farbe durch, und das ist der richtige Erntezeitpunkt. Die Quitten sind dann reif, aber - wie gesagt - von Weichheit keine Spur.

    " Die sind sehr, sehr hart. Man kann da schon mit dem Hackbeil rangehen oder man muss sie weich kochen. Mit dem Messer braucht man eine riesige Kraftaufwendung. Dann sieht man die Frucht innen: gelb. Und wenn der Saft rauskommt wird der, je nach Sorte, nicht gelb, sondern rot."

    Weil Quittenbäume fast überall problemlos wachsen und reiche Ernte bringen, spielten sie schon in der Frühzeit der Menschheit eine wichtige Rolle. Dr. Gunter Hirschfelder, Volkskundler an der Universität Bonn:

    " Es gibt sogar Theorien darüber, dass der Apfel, der Adam und Eva letztlich ins Verderben gestürzt hat, in Wirklichkeit eine Quitte ist. Das ist aber ein Stück Spekulation. Wir können aber mit Sicherheit sagen, dass die Quitte sowohl im antiken Griechenland als auch im antiken Rom eine breite Verbreitung gefunden hat, dass die Quitte symbolisch aufgeladen war, dass die Quitte immer wieder als Liebesbeweis, als Liebessymbol in Verbindung gebracht worden ist, dass sich aber auch die griechische und die römische antike Medizin intensiv mit der Quitte auseinander gesetzt hat, was an den besonderen Bestandteilen der Quitte liegt."

    Die vielen Gerbstoffe und Fruchtsäuren der Quitte sollen zum Beispiel Magen- und Halskrankheiten lindern und auch gegen Nervosität und Schlaflosigkeit helfen. Unsere Vorfahren schätzten sie aber wohl auch aus einem anderen Grund.

    " Offensichtlich dient der Verzehr von Quitten dazu, den eigenen Atemgeruch zu verbessern, Mundgeruch zu beseitigen. Wir müssen im Auge behalten, die unglaubliche Problematik der faulen Zähne von der Antike bis ins 19. Jahrhundert hinein. Wir dürfen uns vorstellen, dass ein Großteil der Bevölkerung auch hier im mitteleuropäischen Raum bis ins 20. Jahrhundert hinein einen erheblichen Mundgeruch gehabt hat. Da liegt kaum etwas näher, als die weit verbreitete Quitte zu benutzen und zu Rate zu ziehen."

    In Kochbüchern aus dem 17. und 18. Jahrhundert hat Gunter Hirschfelder jede Menge Quittenrezepte gefunden; sogar welche für Auflauf, Würste und Speck aus Quitten. Heute entsaftet man sie meistens, sagt Hans-Josef Weber.

    " Aus dem Saft kann man wunderschönes Quittengelee machen. Man kann den Saft weiterverarbeiten zu Quittenbrot, Verbindungen mit Apfelsaft, mit Birnensaft, Mischungen daraus machen. Die schmecken wirklich gut. Dann ist das nicht so süß. Es gibt ein kräftigeres Aroma, was automatisch, wenn man ein Drittel Quittensaft zusetzt, wirklich nach Quitte duftet."

    Viel Vitamin C steckt in Quitten, auch Eisen und vor allem Pektin. Deswegen gelieren Quittenprodukte besonders leicht. Das gilt übrigens auch für Zierquitten, die im Garten wachsen. Die Früchte sind nur wesentlich kleiner als die vom Baum. Quitten schmecken übrigens auch als hochprozentige Variante, meint Hans-Josef Weber.

    " Mein Favorit ist der Quittenschnaps. Der ist auch sehr lecker und macht am wenigsten Arbeit, den zu vertilgen."