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Frisch vom Markt: Pilze

Für irgendetwas muss der verregnete Sommer ja gut sein. Pilzsammler werden voraussichtlich in diesem Jahr voll auf ihre Kosten kommen, denn Maronenröhrling, Ziegenlippen und Parasol lieben das feucht-warme Wetter. Doch eins sollten Laien im Wald stets berücksichtigen: Finger weg von unbekannten Pilzen, sonst kann es schnell zu Magenverstimmungen kommen. Wer ganz sicher gehen will, überlässt das Sammeln also lieber den Profis - und kauft sie ganz gemütlich.

Von Anke Petermann |
    Austernsseitlinge und braune Champignons habe ich gerade eingepackt. - Und 100 g von dem Shiitake. Champignons esse ich sehr gern und Pfifferlinge .

    Ob Champignons und asiatische Spezialitäten aus der Zucht oder je nach Saison Pfifferlinge, Steinpilze und Riesenboviste aus dem Wald, das alles bekommt man an dem kleinen Stand von Brundhilde Noll. Die Chefin des gleichnamigen Zucht- und Handelsbetriebs vermarktet die Ware im hessischen Weinbach und auf Märkten rund um Limburg an der Lahn. "Pilzsaison ist bei uns eigentlich immer", sagt sie mit Blick auf die Pilze, die sie je nach Lichtbedarf im Gewächshaus oder im dunkeln ehemaligen Schweinestall heran zieht. Mit Wildpilzen der Saison handelt sie. Seit Sommeranfang schon gibt es Pfifferlinge, die sie in Litauen oder Polen einkauft – samt Zertifikat, dass die Strahlenbelastung weit unter den Grenzwerten liegt.

    Man hat an den Sammelstellen dort, wo die Pilze in die großen Kühl-LKW verpackt werden, um zu uns nach Deutschland gebracht zu werden, einen Sachverständigen von Fresenius, der Gutachten macht. So kann der Kunde sicher sein: es ist nicht nur ein Körbchen im 24 t-LKW, sondern da wird wirklich genau geprüft, und jedes Körbchen kriegt einen Prüfstempel und kommt so zu uns her.

    ... und zwar im verplombten LKW, betont Brunhild Noll, die auch geprüfte Sachverständige ist. Wildpilze reichern radioaktive Substanzen an, seit der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl nehmen staatliche Lebensmittelkontrolleure deshalb Stichproben. Alexander Schmitt, Leiter des Instituts für Lebensmittelchemie in Speyer, nennt die Daten für Rheinland-Pfalz:

    Im Jahr 2003 waren das 21 Proben Wildpilze. Wir haben dabei keine Grenzwertüberschreitung festgestellt. Der höchste Wert, der gefunden wurde, war ein Caesium-137-Gehalt von 391 Becquerel pro Kilo, das waren Pfifferlinge aus Litauen. In Deutschland liegt der Grenzwert bei 600 Becquerel pro Kilo.

    In Deutschland, wo Umweltschäden und kommerzielle Sammeltrupps den Pfifferlingsbestand arg dezimiert haben, gibt es inzwischen Sammelbeschränkungen. Doch auf den Wochenmärkten trifft man erstaunlich häufig auf Schilder mit der Aufschrift "Deutsche Pfifferlinge"

    So viele, wie da ausgeschildert sind, kann’s nicht aus dem Wald geben, also sollte man bei dem Händler schon nachfragen, kann man das beweisen, haben Sie eine Rechnung oder ein Zertifikat ...

    meint die Pilz-Sachverständige aus dem Hessischen und rät: Auch bei teuren Steinpilzen lieber mal nach der Herkunft fragen und aufpassen, dass sie wurmfrei sind. Insgesamt sind Pilze fettarm, dafür vitamin- und kaliumreich. Weil sie zudem viel Eiweiß enthalten, verderben sie allerdings schnell. Frische Pilze riechen nicht, sie duften, erklärt Brunhilde Noll:

    Sie können ruhig ein bisschen antrocknen, sie können ruhig reifen, das heißt, dass die Huthaut vom Stiel abreißt. Der Reifeprozess wird bei uns nicht mehr unterbrochen, sie werden nicht mehr bestrahlt, damit sie sich länger halten. So einen reifen Pilz kann man nehmen, wenn man weiß, was man daraus macht, also eine richtige kräftige Soße, die schmeckt dann auch kräftig...

    ... und so ein Pilzgericht kann auch bedenkenlos wieder aufgewärmt werden, wenn es nicht zu lange ungekühlt gestanden hat. Brunhilde Noll hat viele Stammkunden, und die legen Wert darauf, den Eigengeschmack von Pilzen nicht in allzu viel raffinierter Soße untergehen zu lassen:

    Ich brate sie in Butter mit Pfeffer, Salz und Zwiebelchen.

    Brunhilde Noll bietet an ihrem Stand gebratene Pilze mit Zaziki an und bemüht sich in ihren Kochkursen vor allem, die Hobbyköche vom Omelett-Einerlei wegzubringen.

    Da darf jeder seine Fantasie spielen lassen. Wir machen bei unseren Kochkursen sogar Champignons mit Schokoladenüberzug – und die schmecken.