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Frische Klassiker

Als die Hörspielabteilungen in Deutschland West wie Ost sich nach dem Zweiten Weltkrieg wieder zu etablieren begannen, gehörten die großen klassischen Dramen selbstverständlich zu den ersten Projekten. So stammen die meisten Hörspielfassungen dieser Stücke aus den Fünfziger Jahren.

Von Frank Olbert |
    In frischen Realisierungen will die Edition "Klassik: Jetzt!" Schülern von heute die großen Autoren von damals nahebringen. Zehn Dramen soll sie umfassen und dann im Ergon-Verlag auch auf CD erscheinen. Die ersten beiden Stücke hat Leonhard Koppelmann für den SWR und den MDR bereits produziert.
    Frank Olbert: Herr Koppelmann, was ist das Konzept dieser neuen Klassiker-Edition?
    Leonhard Koppelmann: Der Gedanke war zu sagen: wir machen keine filmische Adaption, versuchen nicht die klassischen Dramen in diese Richtung gefügig zu machen. Wir versuchen auch nicht die Sprache abzuschleifen oder in irgendeiner Weise heutig erscheinen zu lassen. Statt dessen wollen wir versuchen, mit dem gegebenen Material eine Art "Ur-Klang" herzustellen, etwas, das zwar auf die aktuelle Spieltechnik der Schauspieler rekurriert, das aber keine von außen gesetzte Veränderung mitbringt. Alles das, was das Theater zwangsläufig tun muss, lassen wir weg. Auf der Bühne muss man schon durch die Kulisse und die Kostüme eine Situierung herstellen. All das fällt im Hörspiel flach, weil es in einem ätherischen Raum stattfindet.
    Frank Olbert: Es ist dann die Stimme, die das Ganze tragen muss.
    Leonhard Koppelmann: Ja, und das ist dann auch eine Frage der Überprüfung. Ich merke jetzt ganz deutlich, dass es gerade in der jüngeren Generation viele Schauspieler gibt, die mit dieser klassischen Bühnensprache ganz große Schwieigkeiten haben, weil diese Art gebundener Sprache auf dem Theater heute wenig abgefragt wird. Andrerseits ist heute ein anderer und direkterer Zugang zu den Texten möglich, gerade wenn man sie rein akustisch umsetzt, als das in den Fünfziger und Sechziger Jahren gemacht wurde. Da herrschte ein mehr oder weniger starker Bühnenmanierismus vor und hinter dieser Klangwolke versteckt sich dann der Text.
    Frank Olbert: Was hat sich denn seitdem verändert?
    Leonhard Koppelmann: Seit den Sechziger Jahren hat sich das Hörspiel bei uns - anders als in Frankreich oder England - zu einer eher filmähnlichen Montagetechnik hin entwickelt und das hat natürlich auch den Sprechstil miteinbezogen.
    Die nächsten Termine der "Klassik: Jetzt!"-Edition: Das Stück "Der Hofmeister" von Jakob Michael Reinhold Lenz stellt MDR Figaro am Dienstag, den 27. Juni und Heinrich von Kleists "Der zerbrochene Krug" am Dienstag, den 4. Juli jeweils um 22 Uhr vor.