Immer mal wieder fegt ein frischer Wind durch das Standardrepertoire des Konzertsaals, durch die Sinfonien von Haydn, Beethoven, Schumann oder Brahms. Da präsentiert ein Dirigent seine ganz persönliche Sicht der Dinge, ein anderer experimentiert mit Besetzungsgröße, Orchesteraufstellung, Tempo und Klangfarbe. Zum regelrechten Sturm entwickelte sich das, als die authentischen Aufführungspraktiker wie Harnoncourt, Gardiner oder Norrington Buxtehude und Bach verließen, um sich, bewaffnet mit ihren historischen Instrumenten, spätere Jahrzehnte der Musikgeschichte zu erkämpfen.
Das war auch ein Angriff auf Routine und Betriebsblindheit und führte dazu, dass ganze Repertoire-Bereiche von Bach über Haydn bis Mozart den Originalklang-Revoluzzern fast kampflos überlassen wurden. In jüngerer Zeit kommt die frische Brise von klein besetzten schlagkräftigen Gruppen wie der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, dem Kammerorchester Basel oder z.B. dem in New York ansässigen Orpheus Chamber Orchestra. Schon länger bläst der Wind auch aus Örebro, einer mittleren Stadt ca. 160 km westlich von Stockholm, denn in Örebro ist das Schwedische Kammerorchester zuhause, und das hat inzwischen den überwiegenden Teil der Orchesterwerke Beethovens und auch schon Schumann eingespielt. Das erstaunliche dabei: die aus Norden kommende Strömung bringt keine Kühle, sondern lässt Klassik und Romantik glühen wie selten sonst.
" Musikbeispiel: Ludwig van Beethoven - "Tarpeja", Introduktion zum 2. Akt "
Orchestermusik von Beethoven. Wenn Sie sie nicht erkannt haben, macht das nichts, denn es ist die völlig unbekannte Musik zu Christoph Kuffners Tragödie "Tarpeja", die 1813 im Wiener Burgtheater uraufgeführt und hier vermutlich erstmals auf CD eingespielt wurde. Den 4. Satz der 8. Sinfonie dagegen werden Sie bestimmt gleich wieder erkennen, und das, obwohl das Schwedische Kammerorchester und sein Dirigent Thomas Dausgaard den bei notierter Musik möglichen Interpretationsspielraum weidlich ausnutzen. Im Gegensatz zur 3. oder 5. Sinfonie gilt Beethovens Achte eher als leichtfüßig und heiter. Hier bei Dausgaard und seinen Musikern erfährt sie eine zunächst ungewohnte Dramatisierung. Man hat sich für zügige Tempi entschieden, für tänzerischen Schwung, setzt kraftvoll die für Beethoven typischen Akzente, nutzt das ganze dynamische Spektrum mit allen möglichen Kontrastwirkungen, kostet Dissonanzen geradezu genussvoll aus, und durch das präzise Zusammenspiel der hochkonzentrierten Truppe entsteht eine spannende, vorwärts drängende Interpretation wie aus einem Guss. Das ist umso erstaunlicher, wenn man weiß, dass diese Interpretation wohl in Teamarbeit entstanden ist. Denn nach allem, was man aus Schweden hört, versteht Dausgaard sich bei seiner Arbeit mit dem klein besetzten Schwedischen Kammerorchester als Teil eines im Entstehen, Wachsen und Entwickeln befindlichen Projekts, bei dem ihm der ständige Dialog und der rege Ideenaustausch mit den Musikern besonders wichtig sind. Das sei doch eine deutlich andere Arbeitsweise als jene, die er daneben beim großen, traditionsreichen Dänischen Nationalen Rundfunk-Sinfonieorchester erlebe, das er nun auch schon seit bald 15 Jahren regelmäßig dirigiert und dessen Chefdirigent er inzwischen ist.
" Musikbeispiel: Ludwig van Beethoven - 4. Satz aus: Sinfonie Nr. 8 "
Nicht nur der Achten von Beethoven, sondern auch der 4. Sinfonie von Schumann bekommt dieser fast sportliche Interpretationsansatz ausgesprochen gut. Ähnlich wie andere moderne Kammerorchester in Bremen, Köln oder Basel profitiert offensichtlich auch das Schwedische Kammerorchester von den Erkenntnissen und Erfahrungen der historischen Aufführungspraxis. Auf modernen Instrumenten und in kleiner Besetzung gelingt ihm eine ausgesprochen durchsichtige, überaus klar konturierte Darstellung dieser hochromantischen Musik, fernab von weihevollem Zeremoniell. Hinzu kommt, dass Dausgaard wie auch die meisten "historisch" orientierten Musiker die Erstfassung dieser Sinfonie von 1841 gewählt hat. Hier ist das Tempo von vorn herein schon etwas schneller und die Instrumentation durchsichtiger als bei der 10 Jahre später gedruckten und an vielen Stellen überarbeiteten Fassung. Zusammen mit dem auch hier zu spürenden Elan des Orchesters führt das zu einer der kürzesten Fassungen dieser Sinfonie, die wir in unserem Archiv haben. Und so wird eine Besonderheit dieser Sinfonie noch einmal gut spürbar: Schumann unternahm nämlich hier das Experiment, die traditionell aus mehreren in sich abgeschlossenen Sätzen bestehende sinfonische Form aufzulösen zu Gunsten eines einzigen durchgehenden Stückes. Dabei lassen sich die klassischen 4 Sinfonie-Teile auch hier durchaus noch verfolgen: rascher Sonatenhauptsatz mit langsamer Einleitung als Beginn und Finale, der zweite Satz insgesamt langsam, hier als Romanze angelegt, an dritter Stelle ein lebhaftes, fünfteiliges Scherzo. Doch die Formerwartungen werden nicht immer erfüllt, oft drängt es einfach weiter, Reprisen fallen weg, Schlusswendungen und Tonartbestätigungen unterbleiben, Wiederholungen werden nur angedeutet oder sind in Wirklichkeit bereits Übergänge zum nächsten Abschnitt. Damit das Werk bei all dieser Offenheit nicht zerfällt, hat Schumann ein ausgeklügeltes Beziehungssystem melodisch-thematischer Art quer durch das ganze Werk gelegt: was auf den ersten Blick vielleicht nur wie romantisches Schwelgen in einer Vielzahl von Einfällen und unterschiedlichen Gedanken erscheinen mag, stellt sich bei genauerem Hinhören und beim Studium der Partitur als ein Netz von Themenverwandtschaften heraus, wo eine ständige Weiterentwicklung stattfindet, wo aus zunächst nur beiläufig Geäußertem nach und nach ein Hauptgedanke wird.
" Musikbeispiel: Robert Schumann - letzter Satz aus: Sinfonie Nr. 4 "
Die Neue Platte - heute mit dem Schwedischen Kammerorchester unter der Leitung von Thomas Dausgaard. Von diesem Orchester erschien jetzt beim Label Simax die 8. Sinfonie Beethovens und beim schwedischen Label BIS Records die Sinfonien 2 und 4 von Robert Schumann. Zuletzt erklang der letzte Satz aus Schumanns vierter Sinfonie. 3
CD 1:
Titel: Beethoven
Orchester: Swedish Chamber Orchestra
Leitung: Thomas Dausgaard
Label: Simax
Labelcode: LC 05789
Bestellnr.: PSC 1282
CD 2:
Titel: Schumann - Sinfonien Nr. 2 & 4
Orchester: Swedish Chamber Orchestra
Leitung: Thomas Dausgaard
Label: BIS
Labelcode: LC 03240
Bestellnr.: BIS-SACD-1519
Das war auch ein Angriff auf Routine und Betriebsblindheit und führte dazu, dass ganze Repertoire-Bereiche von Bach über Haydn bis Mozart den Originalklang-Revoluzzern fast kampflos überlassen wurden. In jüngerer Zeit kommt die frische Brise von klein besetzten schlagkräftigen Gruppen wie der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, dem Kammerorchester Basel oder z.B. dem in New York ansässigen Orpheus Chamber Orchestra. Schon länger bläst der Wind auch aus Örebro, einer mittleren Stadt ca. 160 km westlich von Stockholm, denn in Örebro ist das Schwedische Kammerorchester zuhause, und das hat inzwischen den überwiegenden Teil der Orchesterwerke Beethovens und auch schon Schumann eingespielt. Das erstaunliche dabei: die aus Norden kommende Strömung bringt keine Kühle, sondern lässt Klassik und Romantik glühen wie selten sonst.
" Musikbeispiel: Ludwig van Beethoven - "Tarpeja", Introduktion zum 2. Akt "
Orchestermusik von Beethoven. Wenn Sie sie nicht erkannt haben, macht das nichts, denn es ist die völlig unbekannte Musik zu Christoph Kuffners Tragödie "Tarpeja", die 1813 im Wiener Burgtheater uraufgeführt und hier vermutlich erstmals auf CD eingespielt wurde. Den 4. Satz der 8. Sinfonie dagegen werden Sie bestimmt gleich wieder erkennen, und das, obwohl das Schwedische Kammerorchester und sein Dirigent Thomas Dausgaard den bei notierter Musik möglichen Interpretationsspielraum weidlich ausnutzen. Im Gegensatz zur 3. oder 5. Sinfonie gilt Beethovens Achte eher als leichtfüßig und heiter. Hier bei Dausgaard und seinen Musikern erfährt sie eine zunächst ungewohnte Dramatisierung. Man hat sich für zügige Tempi entschieden, für tänzerischen Schwung, setzt kraftvoll die für Beethoven typischen Akzente, nutzt das ganze dynamische Spektrum mit allen möglichen Kontrastwirkungen, kostet Dissonanzen geradezu genussvoll aus, und durch das präzise Zusammenspiel der hochkonzentrierten Truppe entsteht eine spannende, vorwärts drängende Interpretation wie aus einem Guss. Das ist umso erstaunlicher, wenn man weiß, dass diese Interpretation wohl in Teamarbeit entstanden ist. Denn nach allem, was man aus Schweden hört, versteht Dausgaard sich bei seiner Arbeit mit dem klein besetzten Schwedischen Kammerorchester als Teil eines im Entstehen, Wachsen und Entwickeln befindlichen Projekts, bei dem ihm der ständige Dialog und der rege Ideenaustausch mit den Musikern besonders wichtig sind. Das sei doch eine deutlich andere Arbeitsweise als jene, die er daneben beim großen, traditionsreichen Dänischen Nationalen Rundfunk-Sinfonieorchester erlebe, das er nun auch schon seit bald 15 Jahren regelmäßig dirigiert und dessen Chefdirigent er inzwischen ist.
" Musikbeispiel: Ludwig van Beethoven - 4. Satz aus: Sinfonie Nr. 8 "
Nicht nur der Achten von Beethoven, sondern auch der 4. Sinfonie von Schumann bekommt dieser fast sportliche Interpretationsansatz ausgesprochen gut. Ähnlich wie andere moderne Kammerorchester in Bremen, Köln oder Basel profitiert offensichtlich auch das Schwedische Kammerorchester von den Erkenntnissen und Erfahrungen der historischen Aufführungspraxis. Auf modernen Instrumenten und in kleiner Besetzung gelingt ihm eine ausgesprochen durchsichtige, überaus klar konturierte Darstellung dieser hochromantischen Musik, fernab von weihevollem Zeremoniell. Hinzu kommt, dass Dausgaard wie auch die meisten "historisch" orientierten Musiker die Erstfassung dieser Sinfonie von 1841 gewählt hat. Hier ist das Tempo von vorn herein schon etwas schneller und die Instrumentation durchsichtiger als bei der 10 Jahre später gedruckten und an vielen Stellen überarbeiteten Fassung. Zusammen mit dem auch hier zu spürenden Elan des Orchesters führt das zu einer der kürzesten Fassungen dieser Sinfonie, die wir in unserem Archiv haben. Und so wird eine Besonderheit dieser Sinfonie noch einmal gut spürbar: Schumann unternahm nämlich hier das Experiment, die traditionell aus mehreren in sich abgeschlossenen Sätzen bestehende sinfonische Form aufzulösen zu Gunsten eines einzigen durchgehenden Stückes. Dabei lassen sich die klassischen 4 Sinfonie-Teile auch hier durchaus noch verfolgen: rascher Sonatenhauptsatz mit langsamer Einleitung als Beginn und Finale, der zweite Satz insgesamt langsam, hier als Romanze angelegt, an dritter Stelle ein lebhaftes, fünfteiliges Scherzo. Doch die Formerwartungen werden nicht immer erfüllt, oft drängt es einfach weiter, Reprisen fallen weg, Schlusswendungen und Tonartbestätigungen unterbleiben, Wiederholungen werden nur angedeutet oder sind in Wirklichkeit bereits Übergänge zum nächsten Abschnitt. Damit das Werk bei all dieser Offenheit nicht zerfällt, hat Schumann ein ausgeklügeltes Beziehungssystem melodisch-thematischer Art quer durch das ganze Werk gelegt: was auf den ersten Blick vielleicht nur wie romantisches Schwelgen in einer Vielzahl von Einfällen und unterschiedlichen Gedanken erscheinen mag, stellt sich bei genauerem Hinhören und beim Studium der Partitur als ein Netz von Themenverwandtschaften heraus, wo eine ständige Weiterentwicklung stattfindet, wo aus zunächst nur beiläufig Geäußertem nach und nach ein Hauptgedanke wird.
" Musikbeispiel: Robert Schumann - letzter Satz aus: Sinfonie Nr. 4 "
Die Neue Platte - heute mit dem Schwedischen Kammerorchester unter der Leitung von Thomas Dausgaard. Von diesem Orchester erschien jetzt beim Label Simax die 8. Sinfonie Beethovens und beim schwedischen Label BIS Records die Sinfonien 2 und 4 von Robert Schumann. Zuletzt erklang der letzte Satz aus Schumanns vierter Sinfonie. 3
CD 1:
Titel: Beethoven
Orchester: Swedish Chamber Orchestra
Leitung: Thomas Dausgaard
Label: Simax
Labelcode: LC 05789
Bestellnr.: PSC 1282
CD 2:
Titel: Schumann - Sinfonien Nr. 2 & 4
Orchester: Swedish Chamber Orchestra
Leitung: Thomas Dausgaard
Label: BIS
Labelcode: LC 03240
Bestellnr.: BIS-SACD-1519