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Frischer Wind beim Traditionsverein?

50 Jahre in der Bundesliga und das ohne Abstieg: Der Hamburger SV ist der Bundesliga-Dinosaurier, aktuell aber eher "graue Maus". Neben der sportlichen Misere hat der Verein auch mit strukturellen und finanziellen Problemen zu kämpfen. Jetzt will eine Reformbewegung Änderungen durchsetzen.

Von Matthias Friebe |
    Den Verein völlig neu aufstellen, das ist das Ziel von "HSVPlus" um den ehemaligen Aufsichtsratschef Ernst-Otto Rieckhoff. Der Hamburger SV ist zwar seit 50 Jahren ununterbrochen in der Bundesliga dabei, doch einiges läuft anders an der Elbe als bei vielen anderen Bundesliga-Vereinen. Während viele Clubs ihre Lizenzspielerabteilung aus dem Gesamtverein ausgegliedert haben, bleibt in Hamburg noch alles im Verein. Damit muss Schluss sein fordern die Reformer. Auf ihrem Maßnahmenkatalog steht zudem eine Verschlankung des Aufsichtsrats. Zu tief sitzt bei vielen noch der Ärger über die sogenannte Maulwurfaffäre. Immer wieder waren Vereinsinterna an die Öffentlichkeit gelangt und hatten das Klima zusätzlich verschärft. Zu den Forderungen von "HSVPlus" zählt auch die Integration von strategischen Partnern, sprich: Öffnung für Investoren von außen. Das soll durch die Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung geschehen. Ein solcher Investor wäre in Hamburg vorhanden, ist aber im Verein nicht unumstritten. Klaus-Michael Kühne, der mit seinem Logistik-Unternehmen Milliarden verdient hat und zu den reichsten Deutschen zählt. Nicht nur einmal hat er dem HSV unter die Arme gegriffen. Dem "NDR-Sportclub" sagte er:

    "Ich will dem Verein helfen, ich will ihn fördern, ich will ihn unterstützen. Ich will natürlich, dass er gut wird. Ich sage auch meine Meinung. Aber, wenn ich meine Meinung sage, nehme ich ja keinen Einfluss, gut, vielleicht indirekt."

    Vor genau diesem Einfluss haben sie Angst beim Hamburger SV. Im Sommer 2012 hat er mit einem Millionen-Kredit die Rückkehr von Rafael van der Vaart an die Elbe ermöglicht. Etliche kritische Interviews der jüngeren Vergangenheit, bestärken die Befürchtung, Kühne wolle nicht nur mit seinem Geld helfen, sondern auch Einfluss nehmen. HSV-Aufsichtsratschef Manfred Ertel:

    "Wenn ich mir anhöre, was er in den letzten Tagen oder Wochen formuliert und gefordert hat, dann kann ich die Formulierung, dass er keinen Einfluss nehmen und keine Forderungen stellen, nicht ernst nehmen. Er hat diese Forderungen ja gestellt. Trainer weg, Sportchef weg, Vorstand weg, Aufsichtsrat weg, Struktur ändern"

    In den Augen der Reformer von "HSVPlus" sind solche tiefgreifenden Veränderungen notwendig, um den HSV für Investoren von außen interessant zu machen und mit Hilfe neuer, schlankerer Strukturen so den Weg zurück zu einem Spitzenverein gehen zu können. Die jetzige Spitze des HSV trägt die Pläne der Reformer nicht mit. Für den Vorstands-Vorsitzenden Carl-Edgar Jarchow und Sportchef Oliver Kreuzer würde man aber andere Posten finden, wenn auch nicht so einflussreich wie bisher, meint deshalb Kühne. Aufsichtsrats-Chef Ertel entgegnet knapp:

    "Wir sind der HSV, der Hamburger Sport-Verein und nicht der KSV, der Kühne Sport-Verein."

    Dieses Unbehagen gegenüber einem vom Geldgeber und Mäzen abhängigen Verein teilen viele Fans und auch der Kritisierte selbst, hat das verstanden. Er gibt zu, sich in der letzten Zeit zu massiv geäußert zu haben und hält stattdessen lieber weiter an seinem eigentlichen Credo fest:

    "Ich bin noch nicht einmal Vereinsmitglied. Ich bin Fan und Sympathisant, leidenschaftlicher Sympathisant. Aber ich möchte mich nicht einmischen. Das wird immer geschlussfolgert. Das ist aber die falsche Folgerung."

    Investor Klaus-Michael Kühne setzt auf die Reformen und auf die Reform-Bewegung "HSVPlus". Eines stellt er aber klar, sein weiteres Engagement beim HSV ist geknüpft an grundlegende Reformen. Passiert nichts,

    "dann würde ich mich zurückziehen. Dann wird der HSV graue Maus bleiben, möglicherweise nach 50 Jahren absteigen. Das wäre alles fürchterlich, aber die Mehrheit entscheidet."