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Frischzellenkur für ein Fernglas

Raumfahrt. - 2008 dürfte für die amerikanische Raumfahrtbehörde Nasa ein Jahr voller Abschiede werden wird. Zum letzten Mal soll die US-Raumfähre Atlantis ins All fliegen, zum letzten Mal soll ein Space Shuttle zu einem anderen Ziel starten als der Internationalen Raumstation, und zum letzten Mal soll das Weltraumteleskop Hubble repariert werden. Alle diese Abschiede fallen auf ein und dieselbe Mission: den Shuttle-Flug STS-125 im August. Auf der Tagung der American Astronomical Society im texanischen Austin hat die Nasa gestern diesen Einsatz vorgestellt.

Von Guido Meyer |
    "Wir werden in den Shuttle-Flugplan eine Hubble-Service-Mission einfügen, bevor die Raumfähren stillgelegt werden", so der Chef der US-Raumfahrtbehörde, Mike Griffin, vor etwas mehr als einem Jahr. Stehende Ovationen bei den Mitarbeitern im Goddard Space Flight Center in Maryland, von wo aus das Weltraumteleskop kontrolliert wird. Und als hätte Hubble - etwas mehr als fünfhundert Kilometer über den Köpfen seiner Erbauer - mitgehört, versagte kurz darauf seine Hauptkamera. Auch andere Bauteile müssen ausgetauscht werden. Und so werden im August letztmals sieben Astronauten an Bord einer amerikanischen Raumfähre zu dem fast 20 Jahre alten Fernrohr in der Umlaufbahn fliegen.
    Hubble werde nach der fünften und letzten Reparaturmission so leistungsfähig sein wie nie zuvor, freut sich Nasa-Astronaut John Grunsfeld auf seinen dritten Flug zum Weltraumteleskop. Während der elftägigen Mission der Raumfähre Atlantis - die zugleich ihre letzte sein wird - sollen vier Astronauten fünfmal für jeweils sechs Stunden in den offenen Weltraum aussteigen und so ziemlich die komplette Hubble-Hardware austauschen, innen wie außen, wie David Leckrone erläutert, Hubble-Projektwissenschaftler.

    " Die Kreisel zur Lagestabilisierung sind fast alle ausgefallen. Das Teleskop arbeitet derzeit mit nur einem einzigen dieser Gyroskope, bräuchte zur Orientierung im All aber eigentlich drei, für jede Achse eines. Wir werden nun sechs neue einsetzen. Außerdem werden wir sechs neue Batterien einbauen, die wir seit dem Start 1990 noch keinmal ausgetauscht haben. "

    Auch wissenschaftlich will die Nasa das Weltraumteleskop aufrüsten. So sollen die Astronauten die nunmehr dritte Generation einer Panoramakamera einbauen, die im optischen, ultravioletten und Infrarot-Bereich wird arbeiten können.

    " Diese Überblickskamera wird den gesamten Lebenszyklus von Galaxien abbilden können, von den ganz nahen Sternformationen bis so weit hinaus und in der Zeit zurück, wie es sich mit Hubble machen lassen wird. "

    Mit einem Spektrographen zur Untersuchung des kosmischen Ursprungs wollen die Atlantis-Astronauten Hubble außerdem aufrüsten. Er soll im Ultravioletten die Struktur des Universums nachweisen, seinen wabenförmigen Aufbau, in das der Kosmos wahrscheinlich durch Dunkle Materie gezwungen wird, wie die Astronomin Sandra Faber erläutert von der Universität von Kalifornien in Santa Cruz.

    " Dieses kosmische Gewebe besteht aus der Materie, die sich noch nicht zu Galaxien geformt hat. Bis heute haben sich erst aus etwa einem Drittel allen kosmischen Gases Galaxien gebildet. Die übrigen zwei Drittel sind irgendwo dort draußen. Wir würden gerne wissen, was sie dort machen und warum sich daraus keine Strukturen entwickeln. Indem wir so die Dichte des Sternenhimmels analysieren, können wir Aussagen machen über den Aufbau dieses kosmischen Gewebes und darüber, wie es sich im Laufe der Zeit verändert. "

    Mit dieser Frischzellenkur für das Fernglas in der Umlaufbahn wird seine Lebenszeit dann noch einmal um mindestens fünf Jahre verlängert, mit Glück sogar um das Doppelte. Doch schon im August sollen die Astronauten Vorbereitungen für das endgültige Aus für Hubble treffen, so David Leckrone.

    " Wir planen, gegen Ende von Hubbles drittem Lebensjahrzehnt, irgendwann nach 2020, eine Sonde zum Teleskop zu schicken, die es packen und zu einem kontrollierten Absturz über dem Wasser bringen wird. Dazu werden wir jetzt bereits eine Greif-Vorrichtung am hinteren Ende von Hubble anbringen, an die dieser Roboter dann docken kann. "

    Zum Trost für die Wissenschaftsgemeinde wird bis dahin Hubbles Nachfolger, das James-Webb-Weltraumteleskop, wahrscheinlich längst seinen Dienst im All aufgenommen haben.