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Früh übt sich

Mit dem Projekt "Prime-Gymnasien" will die Universität Halle-Wittenberg seit zwei Jahren die Zusammenarbeit zwischen Gymnasien und der Hochschule intensivieren. Nachdem zunächst nur Schulen aus Sachsen-Anhalt im Boot waren, steht jetzt der erste Kooperationsvertrag mit einem Gymnasium aus dem hessischen Rotenburg an.

Von Thomas Matsche | 18.06.2010
    "Sehr verehrte Lehrkräfte, liebe Schüler aus Rotenburg. Ich freue mich, dass Sie nach Halle gekommen sind."

    Staatsmännisch klingt Wulf Diepenbrock, Rektor der Uni Halle, als er die Jugendlichen aus dem hessischen Rotenburg im neuen Audimax empfängt. Man spürt die Bedeutung des Projekts für den Rektor. Seit April gehört die Gesamtschule zu den 15 Prime-Gymnasien der Hallenser Uni und ist die erste aus den alten Bundesländern. Prime-Gymnasien kommen in den Genuss, von der Uni besonders betreut zu werden. Die Kooperation beinhaltet, dass Wissenschaftler der Uni in der Schule Vorträge halten oder Schülerkurse leiten. Die Universität wiederum kann in der Schule intensiv für ein Studium in Halle werben. Rektor Wulf Diepenbrock benennt drei weitere, wichtige Ziele der Zusammenarbeit.

    "Einmal die Schülerschaft bekannt machen mit universitären Arbeitsweisen. Zweitens hochbegabte Schüler und Schülerinnen bereits in der Schulphase an die Universität zu binden und der dritte Punkt ist: wir haben hier ein Lehramtsstudium im Angebot, was sehr praxisnah ist und um die Praxis zu stärken, wollen wir unsere Lehramtsstudierende in die Prime-Gymnasien vermitteln damit sie gleich von Beginn an Praxis erfahren in den Gymnasien."

    Für viele Schüler ist es der erste Besuch im Osten. Keiner von ihnen kennt Halle. Und leider gebe es auch unter den Schülern immer noch Vorurteile, meint die 18-jährige Sina Lena Sandrock:

    "Also es kamen schon die einen oder anderen Sprüche so ungefähr: eine Fahrt in den Osten, aber ich denk doch mal, dass sich hier auch sehr viel verändert hat. Und gerade was die Lehrer uns auch erzählt haben, dass in die Universitäten vor allem auch viel Geld gesteckt wurde und dass von daher alles sehr neu hier ist, war ich auf jeden Fall sehr gespannt."

    Sina Lena Sandrock will vielleicht Sport oder Medizin studieren. In einem Jahr muss sie sich entscheiden.

    Deshalb eilt sie nach dem Mensaessen mit zwanzig weiteren Schülern in die Medizinische Fakultät. Dort warten drei Studierende und zwei Simulationspuppen auf die Schüler. Eine der Simulationspuppen liegt in einem Krankenbett und ist an Schläuche angeschlossen. An ihr üben die Studierenden für den Ernstfall. Und das sollen die Schüler jetzt auch. Woran ist Patient "Gummipuppe" erkrankt? Der Medizinstudierende Nico Schurig erklärt den Fall.

    "Das ist Herr Meyer. Herr Meyer ist ein 29-jähriger Patient, der gerade mit dem RTW bei euch in die Notaufnahme gebracht wird und ihr bekommt den Patienten mit Atemnot übergeben."

    Die Schüler legen sich die Stethoskope um und beugen sich über die keuchende Gummipuppe.

    "Hallo Herr Meyer? Wie geht's Ihnen?"

    Herrn Meyer geht es schlecht. Zwischenzeitlich verliert er sogar das Bewusstsein doch die Schüler schaffen es ihn wiederzubeleben. Und sie bekommen heraus, dass die Puppe einen asthmatischen Anfall hatte. Die Medizinstudierenden sind begeistert von den Schülern und den Schülern hat's gefallen.

    Auch Sina Lena Sandrock, die kräftig den Brustkorb bearbeitet hat. Der Besuch bei den Medizinern hat sie beeindruckt und ein Studium in Halle das könnte sich Sina Lena Sandrock inzwischen auch vorstellen. Wenn auch mit kleinen Abstrichen.

    "Was ich hier an der Uni ein bisschen doof finde, dass die Fakultäten alle so weit auseinanderliegen und es im Grunde keine Campus-Uni ist. Das würde mir vielleicht jetzt noch besser gefallen aber ich denke wenn man sich dazu einen Vergleich anschauen würde dann würde ich es doch gar nicht mehr so schlimm finden. Also bis jetzt habe ich auf jeden Fall einen positiven Eindruck."