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Frühe Umweltsünder

Umwelt. - Vor 5000 Jahren wurde es trockener in Afrika, auch im feuchten Herzen des Kontinents, doch erst vor rund 3000 Jahren veränderte sich der Regenwald abrupt. Eine neue Studie legt nahe, dass die Menschen bei dieser Verwandlung eine Rolle gespielt haben: Das Abholzen des Regenwalds wäre damit kein Phänomen der Neuzeit. Vielmehr rodeten afrikanische Ackerbauern bereits vor 3000 Jahren große Flächen des tropischen Regenwalds.

Von Dagmar Röhrlich |
    Die Umweltveränderungen waren schnell und einschneidend: In Zentralafrika zog sich vor rund 3000 Jahren der Regenwald massiv zurück, und statt dessen breiteten sich Savannen aus. Bislang schien dafür allein der Klimawandel verantwortlich zu sein, durch den Afrika damals trockener wurde. Aber nun ergibt sich ein differenzierteres Bild, erklärt Germain Bayon vom Ifremer in Brest:

    "Wir haben Bohrkerne aus dem Kongo-Delta untersucht. Uns hat die geochemische Zusammensetzung der Tonminerale interessiert, denn diese Minerale sind durch chemische Verwitterung an Land entstanden. Sie wurden mit dem Fluss ins Meer gespült, wo sie sich im Mündungsbereich ablagerten. Die chemische Zusammensetzung dieser Tone verrät deshalb, wie sich an Land die Verwitterung verändert hat, und zwar über die vergangenen Jahrmillionen."

    Die an den Tonen gewonnenen Informationen zur Verwitterung korrelierten die Forscher mit Analysen zu Veränderungen der Niederschläge und Temperaturen, die andere Gruppen für das Kongobecken durchgeführt hatten:

    "Wir konnten nachweisen, dass im Zeitraum zwischen 40.000 und 3000 Jahren vor heute die Intensität der chemischen Verwitterung sehr gut mit dem Signal der Niederschläge übereinstimmt: Je mehr es regnete, desto schneller liefen die chemischen Verwitterungsprozesse. Wurde es trockener, ging die Verwitterung zurück. Vor 3000 Jahren veränderte sich dieser Zusammenhang: Beide Signale sind plötzlich vollkommen voneinander entkoppelt. Das Klima in Zentralafrika wurde trockener, aber gleichzeitig stieg die Verwitterung der Gesteine und Minerale an Land rasant an. Hinter dieser Entkopplung stecken nicht nur natürliche Zusammenhänge. Es muss etwas anderes eine Rolle spielen."

    Und dieses "Andere", dahinter vermuten Germain Bayon und sein Team - den Menschen. Hatten vorher Jäger und Sammler in dem Gebiet gelebt, belegen archäologische Funde aus der Region, dass vor 3000 Jahren bantusprechende Bevölkerungsgruppen nach Zentralafrika eingewandert sind:

    "Linguistische Studien haben gezeigt, dass diese Menschen aus einer kleinen Region zwischen Nigeria und Kamerun stammten. Sie waren Bauern und brachten die Landwirtschaft in den Regenwald."

    Die Menschen rodeten den Urwald, um Ackerflächen zu gewinnen und Brennmaterial für die Eisenverarbeitung, die sie betrieben. Die Flächen, die sie entwaldeten, waren so ausgedehnt, dass sie in großem Maßstab die Verwitterung antrieben, sonst wäre das Signal nicht in den Deltasedimenten abzulesen. Die veränderten Landnutzung überkompensierte den klimatischen Effekt. Aber auch der wirkte: Ein klares Indiz dafür ist, dass die Bauern den Anbau von Perlhirse einführten. Perlhirse braucht jedoch ausgeprägte Trockenzeiten, in einer tropisch-feuchten Region gedeiht sie nicht. Bayon:

    "Das alles zeigt, dass der Klimawandel bei den Wanderungen der Bauern und der Einführung der Landwirtschaft in Zentralafrika eine große Rolle gespielt hat. Wenn wir dann in den Sedimenten die klare Entkopplung zwischen der Klimaentwicklung und der Verwitterung erkennen, sehen wir damit wirklich die Veränderungen, die der Mensch angestoßen hat."

    Die Menschen griffen damals also tief in das Ökosystem des Regenwalds ein: Je intensiver sie das Land nutzten, desto stärker wurde die Verwitterung, und auch die Erosion stieg an. Diese Faktoren werden - zusammen mit dem Klimawandel - zum Rückgang des Regenwalds geführt haben. Trotz seiner bescheidenen Werkzeuge übte der Mensch schon früh einen starken Einfluss auf die Natur aus.