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Früherer Kohleausstieg
Wirtschaftsverbände warnen vor Milliardenbelastungen

Während die Beratungen der Kohlekommission in die entscheidende Phase gehen, warnen Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft vor drohenden Milliardenbelastungen. Ein schneller Kohleausstieg bis 2030 könne erhebliche zusätzliche Kosten verursachen. Dafür verlangen sie einen Ausgleich.

Von Theo Geers |
    Weißer Dampf steigt aus den Kühltürmen des Braunkohlekraftwerk der Vattenfall GmbH in Boxberg (Sachsen) auf, aufgenommen am 14.03.2016. Foto: Arno Burgi
    Ein schneller Ausstieg aus der Kohlenstromproduktion würde für die Wirtschaft teuer. (dpa / Arno Burgi)
    Ohne Geld kein Konsens - Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat die Drohung aus der deutschen Wirtschaft vor einem Veto gegen den Kohleausstieg verstanden. Und er verspricht: Die Unternehmen, vor allem die energieintensiven Großverbraucher wie etwa Aluminium- und Kupferhütten und andere Grundstoffindustrien, können auch nach 2020 mit verbilligten Strompreisen rechnen.
    "Für mich ist selbstverständlich klar - und da stehe ich selbstverständlich an der Seite von BDI, BD, DIHK und ZdH - dass wir diese Strompreiskompensation fortführen müssen. Auch wenn es darum geht, nach 2020 Verlässlichkeit und Berechenbarkeit zu gewährleisten."
    Wirtschaft fordert Entlastungen bei Netzentgelten
    Konkret geht es um Ausgleichszahlungen für CO2-Zertifikate. Hier flossen zuletzt 300 Millionen Euro im Jahr. Da der Preis für die Zertifikate jedoch gestiegen ist, sind Mehrkosten, damit steigende Strompreise und somit auch höhere Kompensationszahlungen absehbar. Besänftigen kann Altmaier die Wirtschaft damit aber noch nicht, sie fordert mehr. Die Unternehmen fürchten durch den Kohleausstieg Mehrkosten, die sich für die Jahre bis 2030 - je nach Szenario - auf einen Betrag zwischen 14 Milliarden und 54 Milliarden summieren könnten. Und deshalb soll es zusätzlich auch bei den Netzentgelten eine Entlastung von mindestens zwei Milliarden Euro geben - dies pro Jahr und aufzubringen aus dem Bundeshaushalt. Ohne diesen Ausgleich, so schreiben die Spitzenverbände der Wirtschaft in einer Erklärung, gebe es keine Zustimmung zum Kohleausstieg, für den derzeit die Kohlekommission nach einem Ausstiegspfad und einem Enddatum sucht.
    Längere Zeiträume für den Kohleausstieg
    Ferner verlangt die Industrie, Kohlekraftwerke immer erst dann abzuschalten, wenn die Voraussetzung für wettbewerbsfähige Strompreise, eine sichere Versorgung und einen erfolgreichen Strukturwandel in den Kohlerevieren gegeben sind. Diese Kriterien sollen zu klar definierten Zeitpunkten - 2023, 2026 und Anfang der 2030er Jahre - überprüft werden. Auch da zeigt der Wirtschaftsminister ein offenes Ohr. Obwohl Altmaier versprochen hat, sich in die Beratungen der derzeit tagenden Kohlekommission ausdrücklich nicht einzumischen, nennt er Eckdaten.
    "Deshalb reden wir beim Kohleausstieg über längere Zeiträume. Wir reden nicht über 2025 oder 2030. Wir werden in 2030 immer noch - wir sollten auf die Kohlekommission warten und was sie uns vorschlägt - immer noch die Hälfte der heutigen Kapazitäten am Netz haben."
    Neuer Flüssiggasterminal
    Nach einem beschleunigten Kohleausstieg, so wie ihn Klimaforscher bis 2030 fordern, klingt das nicht. Voll auf Seiten der Wirtschaft steht Altmaier auch bei der Gaspipeline Nordstream II. Hier versuchen die USA seit Monaten mit allen Mitteln, den Bau doch noch zu stoppen.
    "Das ist etwas, was ich sehr gelassen sehe, und da sind wir nicht leicht zu beeindrucken und gar nicht einzuschüchtern", verkündet Altmaier. Deutschland sei ein Rechtsstaat, und deshalb gehe es auch um die Frage, ob man auf Deutschland als Investitionsstandort vertrauen könne. Um die Amerikaner zu besänftigen, werde in Deutschland aber auch ein Flüssigasterminal gebaut. Im Februar werde es eine Investorenkonferenz geben. Dort sollen amerikanische Gasexporteure ihre Karten auf den Tisch legen, und das gilt ausdrücklich auch für ihre Preisvorstellungen beim Flüssiggas.