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Frühkindliche Bildung
Schwesig verspricht Qualitätsoffensive

Mehr Personal, mehr Kitaplätze, mehr Qualität: Diese gemeinsamen Ziel- und Entwicklungsperspektiven hat die Fachgruppe "Frühkindliche Bildung" heute in ihrem in Berlin vorgestellten Zwischenbericht festgelegt. Doch was erst einmal positiv für die frühkindliche Bildung klingt, ruft auch Kritiker auf den Plan.

Von Dieter Nürnberger | 15.11.2016
    Kinder sitzen im Klassenzimmer
    Der sogenannte Fachkraft-Kind-Schlüssel soll künftig in Kitas verbessert werden. (dpa/ picture alliance/ Bernd Wüstneck)
    Als sich Bund und Länder vor zwei Jahren auf die Gründung der Arbeitsgruppe "Frühe Bildung" verständigten, war durchaus auch Skepsis angesagt - schon wieder ein neues Gremium, schon wieder eine neue Arbeitsgruppe. Heute wurde in Berlin der Zwischenbericht der Expertenrunde vorgestellt, und die Akteure aus Bund und Ländern zeigten sich mehr als zufrieden. Denn erstmalig werden gemeinsame Ziel- und Entwicklungsperspektiven zur Qualität in dieser frühen Lernphase aufgezeigt. Ebenso die Kosten, die für den Bund aus diesem Maßnahmenpaket entstehen könnten.
    Das Ziel heißt Qualitätsoffensive in der Kinderbetreuung - und für Manuela Schwesig (SPD), Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geht es um beides, um Quantität und Qualität:
    "Es geht hier zum einem um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Aber auch um frühkindliche Bildung: Denn hier entwickelt sich Motorik, Sprache und auch Sozialverhalten. Deshalb ist es auch wichtig, dass wir gute Kitas im Land haben."
    Steigende Nachfrage nach Kita-Plätzen
    Seit Jahren steigt die Nachfrage nach einem quantitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung. Das hängt mit der wieder steigenden Geburtenrate ebenso zusammen, wie mit der Zuwanderung. Zudem gilt bekanntlich seit 2013 der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr. Flossen im Jahr 2000 noch knapp elf Milliarden Euro in die Kindertagesbetreuung, waren es 2013 mit rund 24 Milliarden mehr als doppelt so viel.
    Den größten Anteil daran müssen Länder und Kommunen bewältigen, doch parallel steigen auch die Ausgaben des Bundes. Ministerin Schwesig stellte heute weitere Mittel in Aussicht. Neben bereits zugesagten 1,7 Milliarden Euro bis 2020 soll in den nächsten zehn Jahren jeweils 1 Milliarde zusätzlich investiert werden:
    "Bei den zehn Milliarden Euro sollte der Bund zunächst das Ziel haben, davon fünf Milliarden zu übernehmen. Stufenweise - das kann man nicht in einem Jahr zur Verfügung stellen. Ich möchte somit eine Milliarde für die Haushaltsberatungen 2018 anmelden - für weitere Qualitätsverbesserungen. Für Maßnahmen, die wir schon 2017 beginnen."
    Vor dem Hintergrund der Schuldenbremse würden derzeit viele Länder und Kommunen bei den Ausgaben für Kitas schon jetzt an ihre Belastungsgrenzen stoßen, sagt Günter Baaske, Minister für Bildung, Jugend und Sport in Brandenburg. Die finanziellen Versprechungen des Bundes hört er gern - denn noch seien die Voraussetzungen in den Bundesländern zu unterschiedlich:
    "Die einen haben ein quantitatives Problem, die anderen ein qualitatives Problem: Den einen fehlen die Räume, den nächsten fehlen die Erzieher, oft fehlt auch das Geld für Räume und Erzieher.
    Die Situation in den Ländern ist sehr unterschiedlich. Und wir haben lange darüber nachgedacht, wie kann denn der Bund an dieser Stelle unterstützen."
    Fachkraft-Kind-Schlüssel verbessern
    Inhaltlich geht es vor allem um eine bessere Betreuung, was mit zusätzlichen Personalkosten verbunden ist. Bund und Länder wollen beispielsweise den sogenannten Fachkraft-Kind-Schlüssel verbessern. Derzeit kommen 4,3 Kinder unter drei Jahren auf einen Betreuenden, ein bundesweiter Durchschnittswert, künftig sollen es nur noch 3 Kinder sein. Deutlich schlechter sieht die Quote bei Kindern ab dem dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt aus. Ein Erziehender muss sich hier derzeit um knapp zehn Kinder kümmern.
    Der heute vorgestellte Zwischenbericht sorgt auch für Kritik. Das Deutsche Kinderhilfswerk sieht in den kommenden Jahren zusätzliche Investitionssummen von fünf Milliarden Euro als nötig an. Manuela Schwesig widersprach nicht - verwies aber auf Haushaltsbarrieren. Die heute vorgestellten Maßnahmen seien aber eine deutliche Verbesserung.